Am Wetter konnte es nicht liegen, dass dieses Jahr vergleichsweise wenige Menschen den Weg zum „Messias“ fanden. Den ganzen Tag über war es schön, aber nicht zu heiß gewesen. Und rechtzeitig mit Beginn der Aufführung verschwanden auch die etwas bedrohlich wirkenden grauen Wolken und ein laues Sommerlüftchen sorgte für angenehmes Klima.
Auch an den Musikern unter Leitung von Professor Thomas Gropper kann es nicht gelegen haben, dass vergleichsweise wenige Besucher kamen. Die Arcis-Vocalisten sangen mit ausgezeichneter Artikulation und deutlicher Aussprache. Das Werk wurde im englischen Original aufgeführt, war aber im Programmheft parallel dazu auf Deutsch abgedruckt. Der Chor schmetterte das berühmte „Halleluja“ auch nicht wie manch anderer in drastischer Lautstärke, sondern begann elegant fein nuanciert und doch zugleich dramatisch. Passend dazu das Seraphin-Ensemble, das schlank und schnörkellos, aber mit viel Sinn für Nuancen und Feinheiten musizierte. Und die vier Solisten, der Countertenor Andreas Pehl, der Bariton Franz Xaver Schlecht, der Tenor Robert Sellier und die Sopranistin Jana Baumeister, in deren hellen Gesang bisweilen ein kleiner Vogel mit seinem Gezwitschere einstimmte, waren gleichfalls ein Ohrenschmaus.
So tauschten manche Besucher, ob der rund um stimmigen Open-Air-Aufführung – das Dominikuszentrum ist gerade für ein geistliches Werk wie Händels Messias ein würdiger Rahmen oder auf neudeutsch: eine passende Location – in der Pause ihre Erlebnisse mit anderen Open-Air-Events aus. Das schöne an der Händel-Aufführung im Münchner Norden allerdings war der sehr nahe, der direkte Kontakt zu den Künstlern. Am Odeonsplatz oder in der Arena von Verona ist man als Zuschauer doch schon deutlich weiter entfernt vom Ort des Geschehens und die Musik verhallt dort weit stärker im Nachthimmel.
Nein, an all diesen Faktoren kann es nicht gelegen haben. Auch gab es an diesem Abend keine große „Gegenveranstaltung“ in einem anderen Stadtbezirk. Oder lag es daran, dass hier kein riesiger Chor von über 1.000 Sängern Händels Halleluja schmetterte, wie im Januar diesen Jahres in der Berliner Philharmonie geschehen? Gropper wies zu Recht darauf hin, dass das Chorwerk, das Händel nach einer großen gesundheitlichen Krise in nur 24 Tagen schrieb, ursprünglich wohl nur mit rund 50 Musikern aufgeführt wurde.
War das Werk also zu anspruchsvoll für den Münchner Norden, wie mancher vermutete? Aber bei über 70.000 Einwohnern im 24. Und 11. Stadtbezirk, so möchte man meinen, müssten sich doch ein paar mehr musikinteressierte Menschen finden, die die Geduld und das Verständnis aufbringen, einem barocken Werk an die zwei Stunden zu lauschen. Professor Gropper hat das nicht ganz dreistündige Original, wie es häufige Gepflogenheit heutzutage ist, eh etwas eingekürzt.
Oder war einfach etwas zu wenig Werbung gemacht worden für die Veranstaltung? Der Open-Air-Charakter im Vorfeld zu wenig herausgestrichen worden?
Schade war’s auf jeden Fall, die Musiker hätten mehr Besucher verdient gehabt. Sie nahmen den Jubel der Anwesenden gerne entgegen und revanchierten sich mit einer Wiederholung des „Halleluja“ als Zugabe, ehe sie ihre Zuschauer in die milde Sommernacht entließen.
P.S.: Die Musik genossen unter anderen die beiden Bezirksausschussvorsitzenden 11 und 24, Antonie Thomsen und Markus Auerbach, der Vorsitzende des Unterausschusses Kultur & Budget, Klaus Mai, Bezirksrat Rainer Großmann sowie die BA-24-Mitglieder Christine Lissner und Richard Fritsch, der auch der Vorsitzende des Vereins Stadtteilkultur 2411 ist.