Der Verein mit dem etwas sperrigen Kürzel A. c. B. – Aktionskreis contra Bahnlärm – existiert zwar erst seit dem 2. Februar 2016 und wurde ein paar Wochen später, genauer gesagt am 16. März 2016, ins Vereinsregister eingetragen. Dennoch hat er inzwischen fast 150 Mitglieder und zu seiner ersten Jahreshauptversammlung am Mittwoch, den 8. März im Pfarrsaal von St. Agnes kamen trotz Nockherberg-Derblecken und Champions League an die 50 Mitglieder. Vereinsvorsitzende Stefanie Bartle konnte auf ein sehr arbeitsreiches erstes Vereinsjahr mit hoher „Schlagzahl“ zurückblicken. Künftig erwartet sich der Vorstand allerdings mehr Unterstützung durch die anderen Vereinsmitglieder.
Der gemeinnützige Verein wurde gegründet, um gegen die Feldmochinger Kurve und den Ausbau des Industriegleises von Feldmoching nach Milbertshofen entlang der Berberitzenstr. zu kämpfen. Der Vorstand hat dazu in den letzten zwölf Monaten zig Pressemitteilungen geschrieben, Flyer zur Mitgliederwerbung verteilt, den Internetauftritt aufgebaut, einen offenen Brief an 17 Politiker verschickt (zehn antworteten, die Bundestagsabgeordneten Doris Wagner (Grüne) und Florian Post (SPD) beispielsweise nicht), die Demonstration „Leise Gleise“ mit rund 300 Teilnehmern organisiert und im November sich durch die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren für die Elektronischen Stellwerke in Milbertshofen und Freimann gekämpft, um Muster für Einwendungen zu erstellen. So kamen 60 Einwendungen dagegen zustande. Diese Stellwerke sind Voraussetzung, um später die Feldmochinger Kurve in Betrieb nehmen zu können. Der Vereinsvorstand hat Rechtsbeistand gesucht bei dem renommierten Fachanwalt Möller-Meinecke aus Frankfurt, der Truderinger Bürger im Kampf um den DB Nordring vertritt und in erster Instanz gegen die Bahn gewonnen hat. (Es gibt nämlich gar keine Genehmigungspläne für diese Trasse!) Sie haben ferner die Gegend um die Berberitzenstr. und das Industriegleis kartiert, weil es hier keinen Bebauungsplan gibt, was aber die rechtliche Situation der Anwohner stärken täte.
Ehe Stefanie Bartle von der aktuellen Situation und dem weiteren Vorgehen berichtete, legte Kassier Monika Barzen ihren Rechenschaftsbericht ab und nachdem der Kassenprüfer alles für korrekt erklärt hatte, wurden Vorstand und Kassier einstimmig entlastet – bei Enthaltung des Vorstands.
Kommt das Planfeststellungsverfahren nun? Oder kommt es nicht?!
Derzeit hängt der Verein etwas in den Seilen, ob nun das Planfeststellungsverfahren (PFV) für die Feldmochinger Kurve kommt oder nicht. Die rechtliche Situation ist offensichtlich schwierig, Juristen sich selbst nicht einig. So muss abgewartet werden, was die rechtliche Prüfung der Stadt ergibt. Die Bahn stellt sich bekanntlich seit Ende Dezember, entgegen früherer Zusagen an die Stadt, auf den Standpunkt, dass ein PFV nicht mehr nötig ist, da dieses bereits in früheren Jahrzehnten durchgeführt wurde (damals allerdings bei deutlich geringerer Wohnbebauung). Ist dieses nicht noch einmal durchzuführen, werden auch Themen wie Lärmentwicklung & Erschütterungen entlang des Gleises sowie Wertverlust der Grundstücke nicht mehr untersucht und Betroffene können keine Einwände gegen den Bau der Feldmochinger Kurve erheben. Und wer keine Einwände erheben kann, kann später auch nicht klagen.
In den Seilen hängt der Verein auch, weil ein Urteil der zweiten Instanz zum DB Nordring im Truderinger Bereich erst im Laufe dieses Jahres fallen dürfte. Bekommen die Bürger in Trudering ein zweites Mal recht, sieht die Lage auch im Norden gut aus, so Bartle. Dann müsste die Trasse wie ein neues Gleis behandelt werden. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer hat sich auch in einem Schreiben an die Bahn dafür eingesetzt, dass jene die Berberitzenstr. in ihr freiwilliges Lärmsanierungsprogramm aufnehmen möge (allerdings sind hier die Grenzwerte höher als bei Neubaustrecken).
Der Druck muss weiter aufgebaut werden
Natürlich gibt es auch in der „Zwangspause“ genug zu tun. So könnte man beispielsweise einmal die tatsächliche Anzahl der Züge ermitteln, die über das Industriegleis fahren. Dabei könnte auch gleich die Zuggeschwindigkeit gemessen werden. Wenn hier jemand PC-Kenntnisse besäße, um etwa die per Gerät aufgezeichneten Datensätze schneller auslesen zu können … Auch die Länge der jeweiligen Züge ist von Interesse. Zu erforschen wäre in Archiven die damalige Genehmigungssituation, ob beispielsweise seinerzeit eine Privat- oder eine Staatsbahn genehmigt wurde – hier wäre jemand mit Sütterlin-Kenntnissen gut. Interessant wäre auch zu ermitteln, welches Gefahrengut in den Kesselwägen so knapp an der Wohnbebauung vorbei transportiert wird. Monika Barzen hat inzwischen eine lange Liste, welche Gefahrenstoffe sich hinter welchen unschuldigen Zahlenwerten verbergen. Wenn man wisse, was transportiert werde, könnte man eine bessere Abgrenzung des Wohngebiets vom Gleis fordern, so ihre Idee. Hilfe wäre auch erwünscht für das Verteilen von Flyern, fürs Plakatieren, für Unterschriftensammlungen, weitere Mitgliederwerbung, für die Teilnahme an öffentlichen Sitzungen … Daher der dringende Appell des vierköpfigen Vorstands: „Wir brauchen Ihre Hilfe, ansonsten geht die Schlagkraft des A. c. B. runter“. Denn eigentlich muss bei Politikern, Verwaltung und vor allem Bahn Druck aufgebaut werden, um etwas zu erreichen. Nach diesem eindringlichen Appell trugen sich immerhin einige Anwesende in die „Helferlisten“ ein.
Eine Rechtschutzversicherung für den Fall der Klage
Auch wenn derzeit keine konkreten Maßnahmen anstehen, ließ sich der Vorstand vorsorglich von den Mitgliedern die Genehmigung erteilen, bis 3.000 Euro eine rechtliche Beratung in Anspruch oder einen Gutachter beauftragen zu dürfen. Bei höheren Summen ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen. Vereinsmitglied Mike Glöckler von der Firma Business Consulting berät zudem Mitglieder, die beispielsweise schon eine Rechtschutzversicherung haben, ob deren Tarif auch die Klage auf Lärmschutz und gegen ein Planfeststellungsverfahren beinhaltet – was die meisten nicht tun – beziehungsweise welche Rechtschutzversicherung sie im Hinblick auf eine eventuelle spätere Klage abschließen sollten. Denn klagen kann der Verein A. c. B. selbst nicht.