Diese Messergebnisse sind nicht überraschend, aber durchaus erschreckend: Selbst am Stadtrand von München ist die Luft alles andere als gut. Die Ludwig-Bölkow-Stiftung hat mit Green City im Herbst 2016 an 50 verschiedenen Messpunkten rund zwei Monate lang mit sogenannten Passivsammlern die Durchschnittskonzentration von Stickstoffdioxid in der Stadt München gemessen. Vorrangiges Ziel war es, eine bessere Übersicht der realen Belastung innerhalb der gesamten Stadt zu ermitteln.
Dass die Belastung mit Stickoxiden an den fünf offiziellen Messstationen (Landshuter Allee, Stachus, Lothstr., Allach und Johanneskirchen) seit Jahren zu hoch ist, ist bekannt. Doch wie sieht es abseits dieser Stellen im Stadtgebiet aus? Dieser Frage ist die Umweltorganisation Green City gemeinsam mit der Ludwig-Bölkow-Stiftung nachgegangen und hat an 50 Stellen im Münchner Stadtgebiet NOx-Messungen durchgeführt. Jetzt liegen die Ergebnisse vor: Die Qualität der Münchner Luft ist auch abseits den bekannten Messstationen bedenklich schlecht. Ein Ort mit der höchsten Überschreitung ist beispielsweise die Ecke Cornelius-/Blumenstr.
Der in Deutschland gültige Grenzwert für den Jahresmittelwert von Stickstoffdioxid liegt bei 40 μg/m3. Die Weltgesundheitsbehörde empfiehlt ebenso wie das Umweltbundesamt, einen Jahresmittelwert von 20 μg/m3 nicht zu überschreiten, da ab diesem Wert gesundheitliche Auswirkungen erwartet werden müssen. Die Messergebnisse dieser Untersuchung legen die Vermutung nahe, so Dr. rer. nat. Werner Zittel von der Ludwig-Bölkow-Stiftung, dass:
• In der gesamten Innenstadt innerhalb des Mittleren Rings bis auf wenige Ausnahmen eine Durchschnittskonzentration von um oder über 30 μg/m3 herrscht
• An viel befahrenen Straßen die Konzentration teilweise deutlich über 40 μg/m3 liegt (z. B. Landshuter Allee, Leonrodstr., Emil-Riedel-/Öttingen-Str., Altstadtring/Blumenstr., Altstadtring/Maximilianstr., Schleißheimerstr.)
• Die Konzentration mit der Höhe nur langsam abnimmt (z. B. an der Schleißheimerstr. ist sie in 10 m Höhe nur etwa 5 % geringer als in 3,5 m Höhe; in der Preysingstr. ca. 100 m östlich der Inneren Wienerstr. in 10 m Höhe bei circa 35 μg/m3)
• Auch im Außenbereich der Stadt an viel befahrenen Straßen die Konzentration teilweise über 40μg/m3 liegt (z. B. Obermenzing/Verdistr., Feldmoching/Dülferstr., Moosach/Dachauerstr.).
Ein Vergleich mit aus dem Verkehrsaufkommen gerechneten NO2-Belastungen zeigt auch:
In vielen Fällen insbesondere innerhalb des Mittleren Rings bestätigen die gemessenen Werte die in der Simulationsrechnung ermittelte Konzentration,
An einigen Messpunkten, vor allem an viel befahrenen Straßen außerhalb des Mittleren Rings, wurden jedoch teilweise deutlich höhere NO2-Konzentrationen gemessen als gemäß der Simulation zu erwarten wäre (z. B. Dachauerstr. in Moosach).
Die Messmethode ist mit einer erweiterten Messungenauigkeit von 19 % gemäß 39. BImSchV (Bundesimmissionsschutzverordnung) als sogenannte orientierende Messung anerkannt. Die Messröhrchen wurden nach etwa einem Monat ausgetauscht und getrennt zur Auswertung in ein nach ISO akkreditiertes Analyselabor verbracht, um für jeden Messpunkt zwei unabhängige Messergebnisse zu erhalten. Die Messröhrchen selbst waren vorwiegend am Straßenrand, Gartenzaun, Baum, Innenhof oder Balkon privater Grundstücke angebracht, so dass einige Messpunkte nicht unmittelbar am Straßenrand lagen. Die meisten Messpunkte lagen in 1,5 bis 4 m Höhe, einige der Messpunkte waren an der Gebäudefront (am Außenrand von Balkonen oder unterhalb von Fensteröffnungen) in bis zu 15 m Höhe angebracht.
Der Vergleich mit über den jeweiligen Vergleichszeitraum stundengenau ermittelten Werten an den fünf offiziellen Messstationen zeigt, dass bei Stationen an viel befahrenen Straßen der Zwei- Monats-Wert leicht unter dem Jahresmittelwert und im Randbereich (Allach, Johanneskirchen) leicht über dem Jahresmittelwert lag. Aufgrund dieser Unsicherheit wurde eine Hochrechnung der erhobenen Zwei-Monats-Messwerte auf Jahresmittelwerte mit einem Unsicherheitsbereich behaftet.
Die Messergebnisse sind belastbar genug, um Verdachtsmomente für zu hohe Konzentrationen aufzuzeigen. Sie sind daher geeignet, Messpunkte zu identifizieren, die in einer genaueren Analyse detaillierter untersucht werden sollten, so die Analyse von Wissenschaftler Werner Zittel von der Ludwig-Bölkow-Stiftung.
Die Abbildung zeigt die über zwei Monate gemittelten Messergebnisse in farblicher Zuordnung der NO2-Konzentration.