In München wird seit Jahren gebaut, was die Grundstücke hergeben. Private und öffentliche Grün- und Freiflächen, Bäume und Büsche verschwinden zunehmend auch in den Gartenstädten, die einst sehr bewusst um verdichtete Städte herum in niedriger und weiträumiger Bauweise geschaffen wurden für gesunde Wohnungen und zur Frischluftversorgung der verdichteten Innenstädte. In einer Anfrage an OB Reiter wollte die Grünen-Stadtratsfraktion Anfang März 2017 wissen, wie es um die Grünflächenversorgung Münchens bestellt ist. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hat dieser Tage darauf geantwortet.
So wollten die „Grünen“ beispielsweise wissen, welche Stadtbezirke Münchens beim derzeit vorgeschriebenen Standard von 37 qm Grünfläche pro Wohneinheit (öffentliches und privates Grün) unterversorgt mit Grünflächen sind.
Zum Wert 37 qm gab Merk zunächst folgenden Hinweis: „Die seit Mitte der 1990er Jahre der Stadtplanung zugrunde liegenden Orientierungswerte zur Sicherung der Grün- und Freiflächenversorgung bei Entwicklung neuer Baugebiete beziehen sich jeweils auf die Anzahl der erwarteten Einwohnerinnen bzw. Einwohner (EW) in den Neubaugebieten und nicht auf Wohneinheiten. Der angegebene Wert von 37 qm setzt sich aus einem Anteil von 17 qm für öffentliche Grün- und Freiflächen und einem Anteil von (brutto) 20 qm für private Grün- und Freiflächen zusammen. Hierzu ist anzumerken, dass seit jeher auch in begründeten Einzelfällen von diesen explizit so benannten „Orientierungs“werten abgewichen wurde. Die Bezeichnung „derzeit vorgeschriebener Standard“ ist insofern zu relativieren.
Die Orientierungswerte wurden aus dem Gutachten „Erholungsrelevante Freiflächenversorgung für das Stadtgebiet“ von Dr. Werner Nohl et al. aus dem Jahr 1992 abgeleitet.
Die Veröffentlichung der Studie in der „Perspektive München – Schriftenreihe zur Stadtentwicklung“ von 1995 zeigt anhand von Kartendarstellungen nahezu im gesamten Stadtgebiet partiell mehr oder weniger große Defizite auf, jedoch ausschließlich auf die Versorgung mit öffentlichen Grünflächen bezogen. Eine Betrachtung bezogen auf einzelne Stadtbezirke liegt nicht vor, ist aber auch nicht sinnvoll, da hier vielmehr die Versorgung der Wohngebiete ausschlaggebend ist. Diesbezüglich kann konstatiert werden, dass auf Grund der Entstehungszeit und der Wohnbevölkerungsdichten insbesondere die Innenstadt und die Innenstadtrandgebiete Defizite an gut erreichbaren öffentlichen Grünflächen aufweisen.
Die Grünen wollten ferner wissen, wie häufig von diesem Standard jährlich in den letzten fünf Jahren abgewichen wurde.
Dazu Merk: „Eine Unterschreitung der genannten Orientierungswerte kam immer dann in Betracht, wenn besondere städtebauliche und grünplanerische Gründe vorlagen. Dies sind insbesondere die Wahrung der städtebaulichen Homogenität, die Ausnutzung der Lagegunst durch Nutzung des Einzugsbereichs leistungsfähiger Infrastrukturen, ungünstiger Flächenzuschnitt, notwendiger Immissionsschutz sowie Denkmalschutzbelange.
In diesen Fällen wurden die Orientierungswerte für Grün- und Freiflächen auf insgesamt 20 qm öffentliches und privates Grün pro Einwohner abgesenkt. In Verbindung mit diesen abgesenkten Orientierungswerten wurde regelmäßig geprüft, mit welchen Maßnahmen eine Aufwertung vorhandener Grün- und Freiflächen im Umfeld als qualitative Kompensation erreicht werden konnte.
Bezogen auf die Anwendung der modifizierten Orientierungswerte im Zeitraum der letzten fünf Jahre kam es vor allem in bereits hoch verdichteten Bereichen des Stadtgebiets begründet durch die besonderen städtebaulichen und freiraumbezogenen Voraussetzungen in ca. der Hälfte der Bebauungspläne mit Baurechtsschaffung für Wohnen zu einer Modifizierung beziehungsweise Absenkung der Orientierungswerte.
Aufgrund der zunehmenden Komplexität bei der Entwicklung der im Stadtgebiet verbleibenden potentiellen Bauflächen in oftmals schwierigen städtebaulichen Lagen zeigt sich, dass die oben genannten Voraussetzungen zur Anwendung der modifizierten Orientierungswerte inzwischen den Regelfall darstellen. Bei den sehr großen Baugebieten (z. B. Prinz-Eugen-Park) mit mehr als 15 ha Größe und sehr hoher Zahl an Wohneinheiten konnten die Orientierungswerte für öffentliche Grünflächen von 17 qm je Einwohner in der Regel erreicht werden.“
Die Grünen wollten ferner wissen, wie man zukünftig die notwendige Grünflächenversorgung in München erhalten/sicherstellen will. Dazu Merk: „Aufgrund des hohen Entwicklungsdrucks im Stadtgebiet und zur Ermöglichung von Nachverdichtung in schwierigen städtischen Lagen wurde die weitere Modifizierung der beschriebenen Orientierungswerte als notwendig erachtet. Ein ausreichendes Mindestmaß an Freiflächenversorgung im jeweiligen Entwicklungsgebiet ist hierbei nach wie vor das Ziel. Daneben wird ein besonderes Augenmerk auf eine qualitätsvolle Gestaltung daraus resultierender öffentlicher Grün- und Freiflächen gelegt werden müssen.
Im Rahmen der Konkretisierung des Konzeptgutachtens „Freiraum M2030“ sollen dem Stadtrat voraussichtlich noch in diesem Jahr weitere Vorschläge unterbreitet werden, wie die Landeshauptstadt München mit eigenen Maßnahmen insbesondere zur Stärkung der übergeordneten und vernetzenden grünen Infrastruktur (Grünzüge bzw. Parkmeilen, Grünbeziehungen bzw. Freiraumachsen) beitragen kann.“
Fragen zu den Grünzügen
Auf die Grünen-Frage, wie sich die Sicherung von Grünzügen gestalte und welcher Prozentsatz der ausgewiesenen Münchner Grünzüge als Grünzüge gesichert seien, antwortete Merk wie folgt: „Die Grünzüge sind insgesamt im Flächennutzungsplan mit integrierter Landschaftsplanung weitgehend als Grün- und Freiflächen, meist überlagert mit einer übergeordneten Grünbeziehung, dargestellt.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat die Grünzüge planerisch in die Konzeption „Freiraum M 2030“ eingebunden. In der dazu gehörigen Freiraumkulisse finden sich diese unter der Bezeichnung „Parkmeilen“, zum Teil aber auch integriert in andere Strukturen wie z. B. die „Grüngürtel-Landschaften“, „Flusslandschaften“ oder „Freiraumachsen“ wieder. Diese zu stärken und weiter zu entwickeln ist von besonderer Bedeutung. In diesem Kontext wird ein entsprechendes Schlüsselprojekt zur weiteren Entwicklung ausgewählter Parkmeilen vorbereitet.
Da eine Konkretisierung (Ausbau, Sicherung etc.) bzw. Herausstellung dieses übergeordneten Freiraumgerüsts zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorliegt, wird zur hilfsweisen Beantwortung der nachfolgenden Fragen nach Flächenauswertungen auf den älteren Umgriff zurückgegriffen, der sich aus früheren Kartendarstellungen bzw. Beschlüssen zu den innerstädtischen Grünzügen ableitet und eine Bezugsfläche von ca. 2.200 ha umfasst. Hierdurch soll ein ungefähres Bild der Situation gezeichnet werden.
Nach Auswertung vorliegender Geodaten unterliegen ca. 38 ha der Flächen in den Grünzügen dem Status des Geschützten Landschaftsbestandteils nach dem Naturschutzrecht; das entspricht etwa 1,5 %. Mit den als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Flächen überschneiden sich hier ca. 537 ha; das sind knapp 25 %.
Die Flächen der Grünzüge decken sich etwa zur Hälfte mit dem Umgriff rechtskräftiger oder in Aufstellung befindlicher Bebauungspläne mit Grünordnung. Bei Bebauungsplangebieten, die an Grünzüge angrenzen, wurde oftmals erreicht, Teile von Grünzügen mit einzubeziehen und als öffentliche Grünflächen oder als andere Typen von Grün- und Freiflächen zu sichern.
Im Umgriff der Grünzüge befinden sich ca. 1.075 ha im Eigentum der Landeshauptstadt München; das entspricht knapp 50 % der Grünzugsflächen.“
Auf die Frage der Grünen, für welche dieser Flächen konkrete Bebauungsabsichten bestehen, konnte Merk nur ausweichend antworten, da eine hierfür notwendige, raumbezogene Auswertung entsprechender unterschiedlicher Verwaltungsvorgänge (Bauvoranfragen, Bauanträge etc.) derzeit nicht automatisiert erfolgen könne und aufgrund der extrem zerstückelten Flächenkulisse und der breit gestreuten Sachbearbeitung einen erheblichen Aufwand darstelle. Dies könne kurz- und mittelfristig aufgrund der hierfür nicht vorgesehenen bzw. verfügbaren Arbeitskapazitäten nicht geleistet werden.
Merk weiter: „Gerade die zur städtebaulichen Neuordnung zu erstellenden Bebauungspläne mit Grünordnung sind ein hilfreiches Instrument zur Sicherung und zur Entwicklung von Grünzügen. Planerisch definierte Absichten zur Entwicklung von Grünflächen oder Grünzügen, wie sie insbesondere über Darstellungen im Flächennutzungsplan oder auch separate Stadtratsbeschlüsse vorliegen, gehen grundsätzlich in die Verfahren mit ein. Diese Ziele haben auch bei der Entwicklung von städtebaulichen Konzeptentwürfen oder bei den begleitenden städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerben einen hohen Stellenwert und werden insbesondere seitens der Grünplanung im Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf allen Planungsebenen fachlich integriert. Beispiele hierfür sind die Bebauungspläne mit Grünordnung „Prinz-Eugen-Kaserne“, „Parkstadt Schwabing“, „Leopoldstraße/Schwabinger Tor“, „Münchner Tor“ und andere.“
Ein „schönes“ Beispiel an Nachverdichtung …
… entsteht gerade an der Knospenstr. 40, einem Grundstück, auf dem bislang ein größeres Einfamilienhaus stand und das Platz für viele Bäume und Sträucher bot. Nun entsteht darauf eine „8-Parteien-Villa“ namens „Palais Puccini“. (Was der italienische Opernkomponist damit zu tun hat, der sich seinerzeit in Torre del Lago eine wunderbar idyllisch in einem großen Garten gelegene Villa erbauen ließ – die diesen Namen wirklich verdient! –, mag sich dem Betrachter nicht erschließen.) Im Exposé der Eigentumswohnungen ist zu lesen: „Es handelt sich um eine sehr ruhige, zentrumsnahe Wohngegend mit sehr ansprechender Umgebung, in der auch die Natur nicht zu kurz kommt.“ Bei der „Natur“ sind offensichtlich die Nachbargärten gemeint, denn auf dem Grundstück, das augenscheinlich bis auf den rechtlich zulässigen letzten Zentimeter ausgeschöpft wird, hat „Natur“ nicht mehr allzu viel Platz.