Punktlandung! 1.150 Besucher waren es bei der fünften „Last-Minit“-Ausbildungsmesse vor einem Jahr – und genau so viele kamen auch zur sechsten Ausbildungsmesse am Samstag, den 9. September ins Kulturzentrum 2411. Vertreten waren rund 40 Aussteller aus München und Umgebung, kleinere und größere Betriebe sowie Unternehmen, die noch offene Stellen zu besetzen haben beziehungsweise für 2018 schon Praktikums- und Ausbildungsstellen beziehungsweise ein Duales Studium anbieten. Auf der anderen Seite standen zahlreiche junge Leute, manchmal mit Mama oder Papa, öfters auch mit einer betreuenden Person. Manchmal herausgeputzt und durchgestylt, ausgerüstet mit bereits fertigen Bewerbungsmappen. Auf beiden Seiten war die Zufriedenheit nach der vierstündigen Messe groß.
„Wenn die drei am Montag um 6 Uhr erscheinen zum Probearbeiten und mittags noch da sind, dann haben sie um halb zwei Uhr ihren Vertrag und ich fahr mit ihnen zur Berufsschule, um sie dort anzumelden.“ Andreas Gaßner, Obermeister der Metzger-Innung München, an diesem Samstag aber vor allem für seinen eigenen Betrieb unterwegs, ist rundum zufrieden. Er hatte sich kurzfristig für die Messeteilnahme entschieden – wegen schlechten Wetters war der Betriebsausflug ausgefallen. Drei Jahren in Folge hat er schon keinen Azubi mehr bekommen, nun hat er nicht nur drei heiße Kandidaten, sondern noch ein paar Interessenten in der Hinterhand. Sie kommen aus Somalia, dem Senegal, aus Vietnam und sonst woher. Andreas Gaßner spricht mit ihnen gepflegt bayrisch, fühlt ihnen auf den Zahn, ob für sie Schweinefleisch ein Problem ist (nur ein Afghane, dem die Abschiebung droht, wenn er nicht bald einen Ausbildungsplatz vorweisen kann, lehnte daraufhin dankend ab und ging), prüft, wie es um die Motivation für den zukünftigen Beruf steht und ob die Bewerber auch die richtigen Vorstellungen vom Metzgerberuf haben. Da die Bewerber durch die Bank „20 plus“ sind und oft schon Familie zu ernähren haben (oder zumindest zu unterstützen), stecke „ein ganz anderes Interesse dahinter“, hat er festgestellt.
In den Bäckereien geht ohne Menschen aus dem Ausland nichts
Ohne Fachkräfte aus dem Ausland, insbesondere aus Afghanistan, Mali und Somalia, ginge bei der Bäckerei Ludwig Riedmair längst nichts mehr. „Deutsche? Vergessen Sie’s. Wir sind auf diese Leute angewiesen. Wir nutzen die Zuwanderung“, heißt es am Stand von Riedmair pragmatisch. Zehn Bewerber für eine Bäckerlehre haben sich an diesem Samstag gemeldet, sechs Lehrstellen fürs Bäcker- beziehungsweise Konditorhandwerk will das Unternehmen vergeben („wir nehmen so viele, wie wir bekommen können“). Fünf Lehrstellen sind zudem noch im Verkauf vakant. Die neuen Lehrlinge werden in den Backstuben dann auf Landsleute treffen, so dass die Eingewöhnung ins deutsche Arbeitsleben besser vonstatten gehen sollte, weil der Dolmetscher gleich vor Ort ist. Die meisten Neuen hätten in etwa B1-Sprachniveau. Erfahrungsgemäß hält ungefähr die Hälfte der Lehrlinge durch, es gab aber in der Vergangenheit auch schon den Fall, dass gerade die erfolgreichen Azubis oder ausgelernten Bäcker abgeschoben werden sollten. „Dann sitzt der Chef wieder im Gerichtssaal und muss um seine Leute kämpfen“, erfahren wir.
40 Firmen, von klein bis groß, versuchten, Lehrstellen zu besetzen
Vertreten waren an diesem Samstag aber nicht nur Handwerksbetriebe wie Bäckereien, Frisöre, Spengler und Karosseriebauer, sondern auch Industriebetriebe, eine Rechtsanwaltskanzlei, die Deutsche Vermögensberatung, das Café Luitpold, Feinkost Käfer, Alois Dallmayr, der Augenoptiker Fielmann, Daul Umzüge, Edeka/Tengelmann, XXX Lutz, Pizza Hut, Norma … Sogar Großkonzerne wie Deutsche Bahn und Deutsche Post informierten über ihr Ausbildungsspektrum. Die Post hat gleich 18 Bewerber zum Probearbeiten in der nächsten Woche eingeladen.
Schlange standen die jungen Leute bei der Firma Tanex Network, die nicht nur Ausbildungsplätze in Sachen Bürokauffrau anbietet, sondern vor allem auch im IT-Bereich, was offensichtlich insbesondere junge Männer magisch anzog. Deshalb war auch der Stand von Linksystem München gut besucht – die Firma bietet Ausbildungsplätze zum Fachinformatiker für Systemintegration an.
Und wer noch wenig Peilung oder, ganz im Gegenteil, noch spezielle Fragen zu einer Ausbildung und deren Voraussetzungen hatte, der konnte sich bei den verschiedenen Innungen, der Handwerkskammer und der IHK sowie am Stand der Agentur für Arbeit beraten lassen.
Im letzten Jahr schüchterner Bewerber, heute stolzer Azubi
Das beste Aushängeschild fürs eigene Unternehmen und die angebotene Ausbildung brachte übrigens das Hotel Rilano mit. Ausbildungsbeauftragte Helga Lerm kam nämlich mit Andrew Haupt, der im vergangenen Jahr noch auf der anderen Seite des Tisches stand und nun als Hotelfachmann im 1. Lehrjahr den Interessierten aus ersten Hand Rede und Antwort stehen konnte. Der junge Mann, der vor einem Jahr eher zufällig auf die Ausbildungsmesse gestoßen wurde und eigentlich einen anderen Berufsvorstellung hatte, bereut seine Ausbildungswahl nicht. Ihm gefallen Hotel, Arbeit und Ausbildung – wobei man Andrew eine gewisse erbliche Vorbelastung nicht absprechen kann: Der Papa betreibt ein Irish Pub und schon Klein Andrew hat da ganz stolz mitgeholfen. An die 100 Bewerbungsmappen sammelte das Rilano in den vier Stunden ein, rund 20 werden zum Vorstellungsgespräch und für ein Praktikum eingeladen. Das Hotel an der Domagkstr. sucht Hotelfachleute wie zwei neue Koch-Azubis. Und Infos zum Dualen Studium für 2018 gab Lerm gleichfalls gerne.