Eine sehr, sehr schöne Ausstellung hat am Freitag, den 22. September im 3. Stock des Kulturzentrums 2411 ab 19 Uhr Vernissage. Gezeigt werden 30 Fotografien von Dorrit Wess und Sven Eichhorn. Die beiden Fotografen haben mit ihrer Canon-Kamera über ein Jahr die Gegend im Münchner Norden, von der Ruderregatta bis zum Lerchenauer See, vom Schwarzhölzl bis zur Nordhaide, durchstreift, auf der Suche nach ungewöhnlichen Perspektiven und dem besonderen Licht. Aus einer wahren Flut von fast 2.000 Bildern werden bis zum 2. November die besten 30 gezeigt. Weitere 120 können via Bildershow am Display bestaunt werden.
Der Münchner Norden gilt gemeinhin als unansehnlich und hässlich, als soziales Hinterzimmer Münchens. Während der Süd-Münchner in seiner Nobelvilla stets das Bergpanorama vor der Fensterflucht hat, bleibt den Nordlichtern nur der Blick auf den Müllberg. Dass dies alles Vorurteile sind und der Münchner Norden, wie andere Orte auch, neben Schattenseiten viel mehr helle Aspekte hat, das belegen die Fotos dieser Ausstellung. Zugleich sind sie fast schon historische Dokumente zu nennen: Der freie Blick über das Areal der künftigen Bergwachtsiedlung, die Weite entlang der Pappelallee, das von Gärtnern und Bauern bewirtschaftete fruchtbare Obermoos – wie lange wird es das noch geben!? Das vom Efeu überwachsene, irgendwie aus der Zeit gefallene Zehentbauer-Haus ist ja bereits seit Anfang diesen Jahres dem Erdboden gleichgemacht.
Bilder voller Spannungen und Gegensätze
Dorrit Wess und Sven Eichhorn haben den Münchner Norden in seiner architektonischen Vielfalt, in seinem Wechsel von hoch aufragenden und kleinen Häuschen, umgeben von viel Grün und (noch) landwirtschaftlich bestellten Feldern festgehalten. Wenngleich mit einer digitalen Vollformatkamera eingefangen, ist keines der Bilder am PC nachbearbeitet – auch nicht der Regenbogen über dem Hasenbergl Süd. Aufgenommen wurden sie samt und sonders mit einer Canon 5D Mark II, nur ein paar Winterbilder an der verschneiten Nordhaide sind mit einer Nikon-Kamera eingefangen worden, da dessen Bilder, wie die beiden Fotografen finden, ins kühlere Blau gehen, während Canon eher den weichen rotorangenen Ton favorisiert.
Die Bilder, aufgenommen per Stativ und mit langer Belichtungszeit, leben von dem besonderen Licht – dem feinen Frühjahrs-Sonnenschein oder den warmen Herbsttönen, dem Streiflicht beziehungsweise dem besonderen Licht in der „Blauen Stunde“ – sowie von der Schärfentiefe von hinten nach vorne. Sie faszinieren durch Spannung: hier die drangvolle Enge der großen Häuseragglomerate, dort die freie Natur; hier die wie gestaffelt wirkenden Zeilenhäusern (horizontale Linie) & dort das machtvoll aufragende Hochhaus (vertikale Linie). Und dann wieder sind landwirtschaftliche Einsprengsel in Form eines Maisfelds oder eines Blumenackers zu entdecken. Straßenschneisen lenken den Blick des Betrachters. Aber auch der Rangierbahnhof mit seinen schier unendlichen Bahngleisen oder der schnöde Feldmochinger Bahnhof wirkt durch das Auge des Künstlers schön, geheimnisvoll. Nur ab und an, wie eingesprenkelt, sind auf den ausgestellten Fotos ein paar Menschen zu sehen. Und Feldmochings ehemaliges Gemeindehaus ohne ein einziges vorbeibrausendes Auto zu fotografieren – das erfordert wahre Geduld.
Der Betrachter wiederum, vor allem wenn er das Stadtviertel wie seine Westentasche kennt, wird sich immer wieder selbst dabei ertappen, wie er das Bild zum einen zu verorten versucht und wie er im nächsten Moment rätselt, von wo aus dieses Foto aufgenommen wurde. Dorrit Wess kann da nur schmunzeln, denn die beiden Fotografen kennen inzwischen sämtliche Hausmeister der Hochhäuser. Das fast malerisch wirkende Aufmacherfoto mit Feldmoching im Hintergrund etwa wurde von einem der Punkthäuser am Lerchenauer See aus eingefangen. Hausmeister Krause sei ihnen sehr gerne behilflich gewesen, berichtet Wess.
Eine gelungene Auftragsarbeit für den Verein Stadtteilkultur
Die beiden Fotografen aus Milbertshofen haben bereits 2015 mit „Munich unique“ eine interessante Foto-Ausstellung im Kulturzentrum 2411 gezeigt. „Eine fotografische Betrachtung vom Schwarzhölzl bis zur Lerchenau“ ist eine Auftragsarbeit für den Verein Stadtteilkultur 2411. Und was macht der mit den Bildern? Geschäftsführerin Kathrin Göttlich möchte sie gerne auch anderen Kulturzentren als Ausstellung anbieten und denkt ansonsten bereits in die Zukunft – vielleicht lassen sich zum 10-jährigen Jubiläum des Kulturzentrums 2411 die bis dahin gesammelten Bilder für eine besondere Aktion einsetzen!?
Die Ausstellung geht bis zum 2. November und ist montags und dienstags von 10 bis 15 Uhr sowie donnerstags von 15 bis 19 Uhr und während des Veranstaltungsbetriebs im 3. Stock zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.