Wenn BMW eine neue Lackiererei eröffnet oder gar den Grundstein für ein großes neues Werk legt, dann lässt sich selbst Bayerns Politprominenz aus der ersten Reihe nicht zweimal bitten, als Festredner vors Mikrofon zu treten. So geschehen am Freitag, den 6. Oktober zur Grundsteinlegung fürs FIZ Future, BMWs neuer Ideenschmiede der Zukunft, die bis 2050 „on top“ 15.000 neuen BMW-Mitarbeitern Platz für eine „neue Art zu denken und zu arbeiten“ bieten soll. Ein gut gelaunter Ministerpräsident Horst Seehofer versenkte an diesem Tag zusammen mit Münchens OB Dieter Reiter und BMW-Vorstandsvorsitzendem Harald Krüger drei Zeitkapseln in den Grundstein für Bauabschnitt I.
400 Mio. Euro soll dieses erste neue Gebäude im Norden des heutigen FIZ kosten und Raum für bis zu 5.000 Mitarbeitern bieten. Die entstehende Arbeitsfläche soll so groß sein wie 22 Fußballfelder, es könnte also locker die gesamte Bundesliga auf dem Gelände trainieren – und hätte noch vier Reservefelder, wie Vorstandsvorsitzender Krüger als Fußballbegeisterter errechnet hat. Sein Fazit: „Wir bauen Zukunft“. Denn BMW will und muss sich zu einem „visionären Hightech-Unternehmen“ in Sachen zukünftiger Mobilität weiterentwickeln, bei der IT und künstliche Intelligenz verschmelzen und mit der eine neue Generation von Ingenieuren Einzug halten wird. Überhaupt war an diesem Vormittag viel von neuem, verzahntem Denken die Rede, um die Geschwindigkeit, die Agilität zu erhöhen. Die Automobilindustrie müsse sich in den nächsten fünf Jahren wandeln oder sie wird gewandelt, wie „Hausherr“ Klaus Fröhlich verkündete, Mitglied des Vorstands und für den Bereich Entwicklung zuständig. Das FIZ Future werde neue Arbeitsweisen erlauben und es ermöglichen, viel schneller zu sein. IT-Projekte müssten künftig in Sprints von vier bis sechs Wochen vorangebracht werden, denn die Ingenieure aus aller Welt, die bei BMW arbeiten, wollten schnelle Rückmeldungen. Überhaupt würden Entwickler künftig mal an diesem, mal an jenem Projekt arbeiten. Autonomes Fahren sei schließlich eine Marsmission.
Münchens Hausaufgabe: Vernünftige Verkehrsanbindungen
Bayerns Ministerpräsident Seehofer lobte in seiner Rede die BMW Group, die mit ihren Autos das Lebensgefühl der Menschen des 21. Jahrhunderts treffe. Bayern sei und bleibe ein Autostandort und Seehofer bekräftigte erneut, dass es mit ihm weder ein festes Datum für das Aus des Verbrennungsmotors geben werde noch ein allgemeines Fahrverbot für Dieselautos. Der Ministerpräsident, der verspätet eintraf, weil er auf seinem Weg zur Schleißheimer Str. die Verkehrsverhältnisse im Münchner Norden kennenlernen „durfte“, versprach aber auch, dass alle sich mit der Verkehrssituation beschäftigen müssten. Der Nahverkehr müsse ausgebaut werden und für die pendelnden BMW-Mitarbeiter müsse man „zumutbare Bedingungen“ schaffen.
OB Reiter bedankte sich zig mal bei BMW für das deutliche Bekenntnis zum Standort München (und für die „nennenswerte Gewerbesteuer“), lobte, dass BMW nicht nur Zukunftsmotor, sondern auch Jobmotor für München sei, kam aber deutlich darauf zu sprechen, dass es mit dem Wachstum der Stadt schnell vorbei sein könnte, wenn man die Mobilitätsfrage nicht in den Griff bekomme. Er sah es durchaus als seine Hausaufgabe an, für „vernünftige Verkehrsanbindungen“ zu sorgen, für die Untertunnelung der Schleißheimer Str. (Beifall aus dem Publikum) und für eine Trambahntangente. „Wir sind hoffentlich so schnell mit unseren Hausaufgaben wie Sie.“
Nach den Reden versenkten Seehofer, Reiter und Krüger drei Zeitkapseln – gefüllt mit Münchner Tageszeitungen vom 6. Oktober, aktuellen Euro-Münzen, einem E-Auto-Modell und einem Autodesign der Zukunft … – in den vorbereiteten Löchern des 800 kg schweren Grundsteins, der dann zu den Klängen von Richard Strauß’ „Also sprach Zarathustra“ mit Kran-Kraft an seinen endgültigen Platz „geflogen“ wurde.