Dr. Manfred Moosauer ist gewiss dem ein oder anderen noch bekannt als engagierter Hausarzt und Internist am Frühlingsanger im Hasenbergl (32 Jahre lang!). Seitdem er sich zur Ruhe gesetzt hat, beschäftigt sich der umtriebige Pensionär mit seinem zweiten Steckenpferd: der Archäologie. Ein Gebiet, auf dem er schon wichtige Funde feiern konnte. Am Montag, den 20. November hielt er in der Stadtbibliothek im Kulturzentrum 2411 einen Vortrag mit dem Titel „Bernstorf – „Das Bayerische Troja“, ein Kultplatz, Wirtschafts- und Handelszentrum der europäischen Bronzezeit in Bayern vor 3500 Jahren“.
Zu diesem Vortragsabend konnte Moosauer unter anderem den Historiker und Ex-Stadtrat Reinhard Bauer, Wolf-Arnim Frhr. v. Reitzenstein, einen Altphilologen und Experten, der sich wie Bauer um die Orts- und Flurnamenforschung verdient gemacht hat, sowie Vertreter des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching begrüßen.
„Nur vom Heute zu leben, ist zu wenig“, hat Rudolf Goerge, der erfahrene Kreisheimatpfleger von Freising einmal gesagt. Die Menschen müssen, so Moosauer in seinem Vortrag, in einer sich dauernd ändernden und unberechenbaren globalisierten Welt ihre Blicke darauf richten, was Bestand hat. Sie müssen die Gesellschaft weg von den negativen Auswirkungen lenken hin zu den Wurzeln, hin zu unserer Vergangenheit, von der schon 400 Jahre v. Chr. Aristoteles, der Schüler Platons und Erzieher Alexanders des Großen, sagte: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft verstehen und meistern“. Darüber sollten alle einmal nachdenken.
In seinem Vortrag beschäftigte sich Moosauer besonders mit der Entwicklung und Geschichte der Menschen und ihrer Kultur in der Bronzezeit, d. h. im Zeitraum zwischen 2200 und 800 v. Chr. Das war das erste „Goldenen Zeitalter“ der Menschheit mit einer gewissen kulturellen Einheit Europas. Aus diesem Grunde rief übrigens der Europarat in Straßburg das Jahr 1995 zum „Jahr der Bronzezeit“ aus, mit Ausstellungen in Athen, Kopenhagen, Bonn und Paris. Es sollte damit der Beginn einer gemeinsamen Vorgeschichte Europas festgeschrieben werden.
Moosauers Vortrag drehte sich insbesondere um die Funde von der Befestigung Bernstorf im Landkreis Freising bei München, die zu den bedeutendsten archäologischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte gehören.
Bernstorf war mit einer Größe von 14 ha (umgerechnet 22 Fußballplätze!) zweifellos die größte Befestigung der mittleren Bronzezeit aus dem 14. Jh. v. Chr. nördlich der Alpen. Neben vielen, vielen Funden wie Keramikscherben, Waffen und Gebrauchsgegenständen aller Art wurden dort ein Gesicht und ein Siegel-Stempel aus Bernstein gefunden mit eingeritzter, mykenischer Schrift – als erste lesbare Schrift neben der Keilschrift – sowie die Prunkausstattung eines Priesterfürsten oder einer Kultfigur aus vermutlich ägyptischem Gold. Alles einzigartig nördlich der Alpen. Das belege, so Moosauer, dass schon damals über die mykenisch/minoische Kultur, die das Mittelmeer beherrschte, merkantile, kulturelle und religiöse Bezüge von der Ostsee bis zum Nil existierten und beispielsweise der Handel und der Warenaustausch mit Bernstein, Elfenbein, Gold und andere Metallen blühten. Die Nachahmung von neuen Begräbnissitten zeigten den Transfer neuer geistig-religiöser Ideen und die Übernahme der mykenischen Gewichtseinheiten beweise den Handel mit kostbaren Schätzen.