In den letzten Jahren haben wir immer wieder berichtet, dass Heimatforscher Volker D. Laturell, wiewohl gar nicht der Pfarrei zugehörig, an einem Buch über die ungemein vielfältige Geschichte von Feldmochings Kirche St. Peter und Paul arbeitet. Nun ist das Werk vollbracht. Das Buch aus dem Volk Verlag hat stolze 468 Seiten, wird ab dem 11. Dezember ausgeliefert und ist etwa beim Christkindlmarkt des Kulturhistorischen Vereins am 16./17. Dezember für 39,90 Euro zu kaufen (Signierstunden siehe Seite 9!). Die umfassende Pfarrgeschichte zeigt, wie sich die Kirche nicht nur äußerlich immer wieder wandelte, sondern auch wie oft und einschneidend sich das kirchliche Leben änderte.
Da sich eine Pfarrgeschichte nie auf das reine Kirchengebäude beschränken kann, sondern stets eng verwoben ist mit der Ortsgeschichte und im Falle von St. Peter und Paul auch mit der Landesgeschichte – aufgrund der Verflechtung mit dem landesherrlichen Schleißheim – und da religiöses Leben nicht nur in der Kirche, sondern auch und vor allem außerhalb der Kirchenmauern stattfindet, hat Autor Laturell einen weiten Themenbogen gespannt: von den Anfängen der Kirche, über ihre Zeit im 30-jährigen Krieg bis zu ihrer Barockisierung, vom einstigen Feldmochinger Benefizium und der schlechten finanziellen Ausstattung der Feldmochinger Pfarrer über die Gründung der vielen Kapellen, Klausen und Filialkirchen bis hin zum Jahres- und Bauernbrauchtum, von der Kirche zur Zeit der Säkularisation und Aufklärung bis hin zum Lebensbrauchtum über die Taufe (der Feldmochinger Taufstein stammt noch von 1514!), die Hochzeit (jahrhundertelang trug die Braut an diesem Tag Schwarz) und den Tod (natürlich nutzte man auch in Feldmoching Totenbretter und hatte ein Ossuarium, ein Beinhaus, wie Laturell anhand eines Bildes belegt). „Schreib nie eine Pfarrchronik“, warnte ihn einmal ein guter Freund. Gott sei’s gedankt, er hat’s doch getan.
Die Initiative ging von Dietmar Reichl aus
Nicht nur die Recherche war „zeitmordend“ und währte Jahre. Schon die Idee dazu musste reifen. Zurück geht sie auf den verstorbenen Dietmar Reichl, den früheren Vorsitzenden des Kulturhistorischen Vereins und selbst Brauchtumsforscher. Reichl, wiewohl ein „Zuagroasta“, war fasziniert von der Geschichte der Feldmochinger Pfarrei. Allerdings schwebte ihm eine etwas größere Broschüre vor, ein besserer Kirchenführer. Jahrelang versuchte er, das Thema Volker D. Laturell schmackhaft zu machen. Der zögerte, wohl wissend, dass das Alter der Pfarrei (und davor muss es ja auch christliches Leben gegeben haben!), die einstige flächenmäßige Ausdehnung – der Untertitel umreißt bereits die weite Einflusssphäre der Pfarrei („… und ihrer Kirchen, Kapellen und Klausen in Feldmoching, Moosach, Milbertshofen, Schleißheim, Karlsfeld und Ludwigsfeld“) – sowie die landesherrlichen Verflechtungen nur in einem Buch angemessen darzustellen sind. Das liegt nun vor, reich bebildert mit mehr als 300 Abbildungen. Der Kulturhistorische Verein fungiert als Mitherausgeber des Buchs.
Feldmoching ist die Mutterpfarrei des Alten Peter in München
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Buchs: Nicht Kloster Tegernsee oder Kloster Schäftlarn, sondern St. Peter und Paul in Feldmoching ist die Mutterpfarrei vom Alten Peter, da ist sich der Autor nach dem Studium vieler Quellen und der Sekundärliteratur sicher. Denn der oft erwähnte Feldmochinger Dekan Heribort war im 12. Jahrhundert der bedeutendste Pfarrer der Region.
Laturell hat in seinem, wie er selbst sagt, letzten Buch viele neue Aspekte aufgegriffen und diesen nachgespürt, die so, in diesen Zusammenhängen, noch nie dargestellt wurden. Etwa, was es für Auswirkungen hat, wenn eine Pfarrei wie St. Peter und Paul großteils landesherrlich dirigiert wurde. Feldmoching war nämlich eine sogenannte Wechselpfarrei, auf dass einmal der Bischof in Freising, einmal der Landesherr das Vorschlagsrecht bei der Neubesetzung der Pfarrstelle hatte. Ein Vorteil des landesherrlichen Einflusses war beispielsweise, dass namhafte Künstler wie Enrico Zuccalli, die in Schleißheim wirkten, ebenso in Feldmochings Pfarrei wirkten. Spannend fand er auch die Frage, warum die Kirche St. Peter und Paul genau diesen Heiligen gewidmet ist, die Milbertshofener Filialkirche unter die Schutzherrschaft des hl. Georg gestellt wurde und man die Moosacher Filialkirche dem hl. Martin anvertraute. Immerhin gibt es im Raum München zehn dieser Namenskombinationen!
Ausführlich und gut belegt mit vielen Quellen, bereichert um manch eine Anekdote, sind auch die Kapitel über die Schleißheimer Klausen, die in geistlicher Hinsicht dem Feldmochinger Pfarrer unterstanden. Da es nach dem 30-jährigen Krieg in der allgemeinen Not viele danach drängte, Klausner zu werden, sank deren Ansehen drastisch. Trotzdem dürfte folgende Begebenheit eine Ausnahme gewesen sein: Ein Eremit saß just beim „Kaiser“ in Feldmoching, als draußen ein Disput zwischen einem Schleißheimer Schwaigverwalter und einem Bediensteten anhub – der Eremit eilte nach draußen und stürzte sich in die Keilerei.
Feldmoching galt lange als fortschrittliches Vorbild für andere Pfarreien. So besaß St. Peter und Paul die erste innenliegende Toilette. Lang währte die Freude über das neumodische „Plumpsklo“ aber nicht, denn das Nordwesteck des Pfarrhauses musste mehrfach kostenträchtig erneuert werden!
Bezugsquellen
Das Kirchenbuch kann in den Räumen des Kulturhistorischen Vereins (Josef-Frankl-Str. 55, 1. Stock, geöffnet jeden Samstag von 14 bis 17 Uhr), in der Feldmochinger Möbelstube von Helmut Keßler (Feldmochinger Str. 393, geöffnet Mo – Do 15 – 18 Uhr, Samstag 10 – 13 Uhr) sowie im Pfarrbüro von St. Peter und Paul, aber natürlich auch im Buchhandel gekauft werden.