Die katholische Gemeinde am Hasenbergl hat ihre Wurzeln im Frauenholz der 1950er-Jahre.
Unter den Tausenden entwurzelter Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und Kulturen, die im Lager Frauenholz lebten, waren nicht wenige Menschen, die der römisch-katholischen Konfession angehörten. Sie bauten für ihre kleine Gemeinde 1954 eine hölzerne Behelfskirche aus einer Baracke, die Josef Kardinal Wendel am 16. Mai 1954 weihte (siehe Lokal-Anzeiger 19/2010 und Ausstellung zum DP-Lager von Klaus Mai). Die Kirche stand unter dem Kurat von St. Peter und Paul, zum ersten Seelsorger am (späteren) Hasenbergl wurde Kurat Johannes Schachtner bestellt.
1960er-Jahre: Man zog gerne ins Hasenbergl
Aus dem ursprünglichen Provisorium des Lagers am Frauenholz im Nordosten Münchens erwuchs ab Ende der 1950er-Jahre eines der damals größten Siedlungsvorhaben Münchens, womit die große Wohnungsnot nach dem Krieg gelindert werden sollte. Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel legte am 25. Mai 1960 den offiziellen Grundstein für die neue Siedlung am Hasenbergl. Zu der Zeit standen bereits etliche Neubauten, und die Neubürger hatten ihre Wohnungen bereits bezogen. Insgesamt wurden Wohnungen für rund 34.000 Menschen gebaut. Deren Raumgestaltung und Ausstattung waren für die damalige Zeit vorbildlich, gab es doch in jeder Wohnung moderne Sanitäreinrichtungen. Die Menschen zogen gern aus dem beengten München der Nachkriegszeit in das offene, aufstrebende Hasenbergl. Denn Ende der 1950er-, Anfang der 1960er-Jahre musste sich noch etwa ein Drittel der Münchner mit teils lagerartigen Notunterkünften begnügen.
Damals gehörte die große Mehrheit der Hasenbergler einer der beiden großen christlichen Konfessionen an. Besonders die Familien mit ihren recht zahlreichen Kindern sollten in ihrer neuen Heimat schon bald auch ihre kirchliche Heimstatt finden. Dringend gefragt waren nicht nur die Kirchenbauten, sondern in erster Linie Gemeinderäume für Jung und Alt. Hier sollten sich Gemeinschaften bilden und die christlichen Kulturen gelebt werden. Hier sollte sich ein neues Heimatgefühl unter Gleichgesinnten entwickeln.
Am Stanigplatz entstand ein großes Kirchenzentrum
In energischen Verhandlungen konnten sich die katholische und die evangelische Kirche im Zentrum der Siedlung Hasenbergl-Nord am heutigen Stanigplatz ein großes Areal sichern, worauf die Evangeliumskirche und die Kirche St. Nikolaus mit allen Gemeindeeinrichtungen errichtet werden konnten. In unmittelbarer Nachbarschaft entstanden, in München einmalig, eine evangelische und eine katholische Kirche als unübersehbares Symbol für Toleranz und christliche Zusammengehörigkeit über das Trennende der Konfessionen hinweg, welches ja das gesamte Projekt Hasenbergl tragen sollte und dies, nun mit völlig geänderten Bevölkerungsstrukturen und Religionszugehörigkeiten, bis heute tut.
Die Kirchenplanung begann 1960
Wenige Tage vor der offiziellen Grundsteinlegung für die neue Siedlung Hasenbergl wurde der erfahrene Kirchenbauer und Architekt, Regierungsbaumeister Hansjakob Lill, am 9. Mai 1960 von der Diözese München und Freising mit der Planung einer katholischen Kirche am Hasenbergl beauftragt. Lill, der in dieser Zeit als einer der Pioniere des neuen katholischen Kirchenbaus in Bayern galt, wollte dem Hasenbergl eine besonders schöne und auffällige Kirche errichten. Seine Pläne fanden Zustimmung im Erzbischöflichen Ordinariat und in der Gemeinde. Zu der Zeit lebten am Hasenbergl bereits 6.000 Katholiken. Am 13. Dezember 1960 bestimmte das Ordinariat den heiligen Bischof Nikolaus von Myra zum Patron der Kirche, die es nun zu bauen galt.
Begründer und erster Seelsorger der Kuratie St. Nikolaus am Hasenbergl wurde ab 1. August 1961 Kurat Rupert Höckmayr. Am 17. Juni 1962 war die feierliche Grundsteinlegung durch Weihbischof Johann Neuhäusler. Den Grundstein hatte der Bildhauer Max Frick gefertigt. Er ist beschriftet mit dem Vers:
„Schließt euch IHM an, dem lebenden Stein, dann werdet ihr als
lebende Steine auferbaut zu einem geistigen Hause“.
Wie es später auch bei der Gemeinde St. Matthäus am Hasenbergl-Süd geschah, so wurden auch in St. Nikolaus bis Ende 1962 zuerst Pfarrhof, Pfarrsaal und Jugendräume errichtet. Sie brauchte man am dringendsten. Gebaut wurde in der Zeit aber auch schon der unverwechselbare, freistehende, 57 m hohe, kegelförmige Kirchturm mit dem zwei Zentner schweren, 2 m langen und 1,5 m hohen Hahn des Münchner Bildhauers Richard Stammberger (*1907) auf dessen Spitze. Im unteren Turmbereich befindet sich eine mit sakraler Kunst ausgestattete 15 m hohe Turmkapelle. Danach wurde der Kirchenbau in Angriff genommen.
Kirchenweihe am 23. Juni 1963
Drei Jahre nach den ersten Planungen wurde die Kirche St. Nikolaus am 23. Juni 1963 in einer feierlichen Zeremonie von Julius Kardinal Döpfner geweiht und der Gemeinde übergeben. Der Kardinal war erst wenige Stunden zuvor aus Rom, wo er an der Wahl von Papst Paul VI. am 21. Juni 1963 teilgenommen hatte, nach München zurückgekehrt.
Zu dieser Zeit war die Siedlung Hasenbergl um viele neue Wohnblöcke an der Grohmann-, der Ittlinger- und der Reschreiterstr. gewachsen. Die Zahl der Katholiken hatte sich mit 11.000 gegenüber 1960 fast verdoppelt.
Die Seelsorge in St. Nikolaus wechselte am 1. September 1964 vom schwer erkrankten Kurat Rupert Höckmayr auf den neuen Kurat Matthias Keilhacker. Keilhacker blieb seiner Gemeinde bis zum verdienten Ruhestand im September 1999 treu, er diente ihr 35 Jahre lang. Am 18. Juli 1965 wurde die Kuratie vom Ordinariat zur Stadtpfarrei St. Nikolaus erhoben.
Die Kirche St. Nikolaus
Die Raumgestaltung der neuen Kirche ergibt sich aus einem klar überschaubaren Zentralgrundriss. Dieser resultiert aus vier gleich großen und gleich hohen Halbkreisschalen, die in den Diagonalen durch vier schräg gestellte 10 m hohe kunstvoll gestaltete Fensterflächen (Themenfenster, gestaltet vom Kunstmaler Hans Dumler, der auch die Kreuzwegfenster schuf) verbunden sind. In der Mitte erheben sich in quadratischer Vierung mit einem Abstand von 8 m vier Stahlbetonsäulen, die einerseits den Altar im Zentralpunkt umgeben, andererseits die hölzerne Dachkonstruktion mittragen. Die Höhe des Kirchenraums beträgt 13 m, sein diagonaler Durchmesser 35 m. Die halbkreisförmig um die Altarinsel herum gestellten Kirchenbänke bieten 420 Gästen Platz.
Die äußere Ziegelmauerung ergibt einen eindrucksvollen Kontrast zu dem aus Beton gefertigten Turm. Die Ausgestaltung des Kirchenraums mit den sakralen Elementen ist künstlerisch anspruchsvoll und hochwertig. Der Blick fällt insbesondere sofort auf die kunstvoll gestaltete, hinter dem Altar aufragende Tabernakelsäule mit der Darstellung „des erlösten Volkes Gottes“ und auf die schweren Leuchter, gestaltet vom Bildhauer Max Faller (*1927 in Neuburg a. D., Schüler der Münchner Akademie). Die Bronze-Marienfigur an der Südsäule schuf der Münchner Künstler Karl Potzler. Den Taufstein, aufgestellt am großen Weihnachtsfenster, kreierte, wie schon den Kirchengrundstein, der Künstler Max Frick. Vor dem großen Osterfenster befindet sich ein barockes Kreuz mit dem geopferten Christus.
Die Orgel, die heute im Einsatz ist, stammt aus dem Jahr 1996. Sie wurde von der Orgelbaufirma Vleugels aus Hardheim gebaut. Geweiht hat dieses wertvolle Kircheninstrument Prälat Max Eham. Die erste Orgel aus dem Jahr 1965 hatte viele Schwächen und musste schließlich ersetzt werden. Größere Reparaturen und Umbauten mussten in den vergangenen 50 Jahren auch immer wieder besonders in den Bereichen des Pfarrhauses und der Gemeinderäume getätigt werden.
Die fünf Glocken von St. Nikolaus
Im Kirchturm zu St. Nikolaus hängen fünf Glocken. Gegossen wurden sie am 11. Februar 1963 in der Erdinger Traditionsglockengießerei Karl Czudnochowsky. (Diese Gießerei wurde 1850 von einem Joseph Bachmair gegründet und bestand bis 1971, dann unter anderem Namen. Ihre Bronzeglocken waren nicht nur in Bayern wegen ihres Wohlklangs bekannt und beliebt. Das Meisterstück der Firma ist die „Jubiläumsglocke“ der Stadt München von 1958, die im Alten Peter hängt und die zweittiefste Glocke Bayerns ist.) Geweiht hat die Glocken Prälat Joachim Delagera am 24. März 1963. Die zwischen 350 und 2.000 kg schweren Glocken tragen die Namen „Nikolausglocke“ (Pfarrglocke), „Marienglocke“ (Familienglocke), „Hedwigsglocke“ (Heimatglocke), „Johannesglocke“ (Konzilsglocke) und die „Josefsglocke“ (Totenglocke), die mit 350 kg die leichteste ist.
Wer diese schöne Kirche verstehen und erfühlen will, der sollte sie einmal außerhalb einer Messfeier besuchen und in aller Stille ihre Ausstrahlung im gedämpften Licht der bunten Themenfenster auf sich wirken lassen. Der Kirchenraum von St. Nikolaus strahlt eine liturgische Durchdringung und damit eine besondere Stimmung aus, die vielen Kirchen fehlt.
In den 1970er-Jahren: Gemeindegrenzen werden neu abgesteckt
Die Kirchengemeinde Mariä Sieben Schmerzen existierte trotz des Neubaus von St. Nikolaus weiter und brauchte nun ihrerseits für ihren Sprengel im Norden eine neue Kirche mit Gemeindezentrum. So entstand an der Fortnerstr. ein komplexer Neubau, der am 20. September 1970 eingeweiht wurde. Mariä Sieben Schmerzen war Filialkirche von St. Nikolaus.
Mit der fortgesetzten Bautätigkeit und dem Zuzug weiterer Tausender Neubürger, nun ab 1966 vornehmlich am Hasenbergl-Süd, war es absehbar, dass dafür die Kapazitäten der Gemeinde St. Nikolaus nicht ausreichen würden. Darum entstand bereits am 1. Oktober 1966 eine erste Seelsorgestelle unter Pater Norbert Staab an der Rheinfarnstr. Dem folgte schließlich eine neue katholische Kirchengemeinde an der Eduard-Spranger-Str. und am 4. Juni 1972 weihte Julius Kardinal Döpfner dann St. Matthäus.
Damit war es möglich und auch notwendig, die Grenzen der Kirchengemeinden am Hasenbergl im Vernehmen mit St. Peter und Paul neu abzustecken.
Am 15. September 1999 wurde Christian Herrmann zum neuen Pfarrer von St. Nikolaus und zugleich zum Pfarradministrator von Mariä Sieben Schmerzen ernannt. Nur ein Jahr später, am 1. Oktober 2000, folgte die Gründung des Pfarrverbands Hasenbergl mit dem Namen „Zur lieben Frau am Holz – St. Nikolaus – Mariä Sieben Schmerzen“, weiter unter der Leitung von Pfarrer Herrmann.
Pfarrer Herrmann blieb 13 Jahre lang am Hasenbergl. Er wechselte im November 2012 nach Schlehdorf (bei Kochel), wo er neuer Pfarrer der Pfarrkirche St. Tertulin im Kloster Schlehdorf wurde und zugleich die Leitung des dortigen Pfarrverbands Schlehdorf-Ohlstadt übernahm. Am Hasenbergl ist nun Pfarrer Prof. Dr. Kazimierz Rynkiewicz tätig. Reinhard Krohn
Veranstaltungsplan zum 50. Weihejubiläum von St. Nikolaus
Sonntag, 16. Juni, 19 Uhr Orgelkonzert mit Martin Poruba, Musik des 18. u. 19 Jahrhunderts
Samstag, 22. Juni 10 Uhr Auf den Spuren von Hansjakob Lill, Treffpunkt Parkplatz St. Nikolaus. Es werden mit Pastoralreferent Otto Lang weitere Kirchen des Architekten besichtigt: St. Willibald in Laim, Hl. Engel und St. Helena in Giesing
Sonntag, 23. Juni, 19 Uhr Konzert für Alphorn, Horn und Orgel in der Kirche. Mit Christian Baumgartner an der Orgel. Es gibt ein buntes Potpourrie durch die Musikepochen
Donnerstag, 27. Juni 17 Uhr Kirchenführung St. Nikolaus mit der Kunsthistorikerin Anne Mischke-Jüngst
Sonntag, 30. Juni, 10.30 Uhr Festgottesdienst mit Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg. Es wird dabei die „Missa brevis“ von Anton Diabelli und das „Laudate Dominum“ von Wolfgang Amadeus Mozart zu Gehör gebracht. Anschließend findet das Pfarrfest mit Essen und Trinken, Live-Musik von Cuba Libre sowie mit einer Ausstellung und einem Dia-Vortrag-Vortrag über die Geschichte der Entstehung der Kirche statt.
Der heilige Nikolaus
Unzählige Kirchen in unserem Lande und weit darüber hinaus sind dem heiligen Nikolaus geweiht. Dieser Heilige wird im Abend- und im Morgenland hoch verehrt. Aus seinem Leben und Wirken in der frühchristlichen Zeit zwischen 323 und 353 (genau weiß man es nicht) sind uns bis heute mehr als ein Dutzend Legenden überliefert. Selbst die Gestalt des Nikolaus wurde an eine Legende zweier historischer Persönlichkeiten geknüpft, und zwar an einen Bischof Nikolaus von Myra im kleinasiatischen Lykien (heute Türkei) und einen Abt Nikolaus von Sion als Bischof von Pinara, ebenfalls in Lykien. Dieses Lykien war damals Teil des Römischen, später des Byzantinischen Reiches.
Von Nikolaus ist uns überliefert, dass er als Sohn wohlhabender Eltern sein ererbtes Vermögen an die Armen und Notleidenden verschenkte und den Menschen zahlreiche Wohltaten zukommen ließ.
Der hl. Nikolaus ist heute Patron und Schutzheiliger unzähliger Gruppen und Organisationen. Die Völker von Russland, Kroatien, Serbien, Lothringen und in Süditalien verehren den hl. Nikolaus als ihren Schutzpatron. Zahlreiche Städte und Gemeinden zeigen ihren Schutzpatron in den Wappen, beispielsweise der Landkreis von Cuxhaven (für die Seefahrer). Nikolaus ist der Patron der Schüler und Studenten, der Pilger, der Reisenden, der Liebenden, der Ministranten, der Kinder und weiterer Gruppen. Selbst die stolzen Kaufleute der Deutschen Hanse verehrten Nikolaus als ihren Schutzpatron. Die Patronate für die vielen Berufsgruppen sind gar nicht alle aufzuzählen. Nur einige Beispiele: Seefahrer, Binnenschiffer, Kaufleute, Juristen, Apotheker, Bäcker, Getreidehändler, Pfandleiher, Schneider…
Den Kindern ist der hl. Nikolaus alle Jahre als ein guter Mann mit Mitra und Bischofstab, mit einem großen weißen Bart und einem roten Bischofsgewand zu Weihnachten gegenwärtig, der aus einem großem Sack Geschenke verteilt. Allerdings begleitet von seinem Knecht namens Ruprecht, der auch schon mal eine Rute dabei hat.
Der Geburtstag des hl. Nikolaus soll der 6. Dezember sein.