Am vergangenen Montag bei der großen Zukunftskonferenz für den Münchner Norden sollten ja eigentlich auch die Anwohner zu Wort kommen. Nun begann, wohl nicht zuletzt wegen des Verkehrschaos vor der Mehrzweckhalle, die Veranstaltung später als geplant. Dann sprachen die drei Redner länger als geplant, auf jeden Fall war die Ungeduld in der gesteckt vollen Turnhalle spürbar, so dass der ein oder andere Redner nicht recht zu Wort kam. Schade, denn sie hatten sich gut vorbereitet und getraut, vor so viele Menschen ans Mikro zu treten.
Im Folgenden lesen Sie einen Redebeitrag, der am Montag leider zu kurz kam und nicht ganz vorgetragen werden konnte. Und Achtung! Der Anfang ist ironisch gemeint!
„Ich möchte die Stadtpolitiker etwas in Schutz nehmen: Sie hören die Prognosen, so viele Menschen kommen – oder wollen – nach München und es gäbe viel zu wenig Wohnungen. Deshalb wird gebaut auf Teufel komm raus. Da der Boden in München jedoch begrenzt ist, steigen die Bodenpreise umso mehr, je dichter gebaut wird. Dadurch werden die Wohnungen immer teurer!
Schuld an dem ganzen Schlamassel ist vor allem eine fehlende Raumplanung der Bundesregierung und eine vernachlässigte Strukturpolitik des Freistaats Bayern. Nicht mal 1/3 der Landbevölkerung hat Zugang zu schnellem Internet. Wie soll man da eine Existenz gründen? Im Grundgesetz steht: alle Menschen in Deutschland müssen gleichwertige Lebensbedingungen haben, d. h. die Ausstattung mit Arbeitsplätzen, Wohnraum und Bildungsmöglichkeiten muss überall in Deutschland gewährleistet sein. Doch schauen Sie sich einmal um in Städten wie Dillingen oder Bopfingen oder in kleineren Zentren in der Oberpfalz: In der zweiten Häuserzeile hinter dem Marktplatz stehen viele Wohnungen leer, schöne alte Häuser verfallen. In den neuen Bundesländern musste man mit hohem finanziellem Aufwand ganze riesige Wohnblöcke abreißen. Die Menschen wandern ab aus diesen Gebieten, auf der Suche nach Arbeitsplätzen. Und München lockt sie an, indem man immer noch mehr Arbeitsplätze schafft!
Es gibt auch andere, ernst zu nehmende Prognosen: Die Bevölkerung in Deutschland wird abnehmen (demografischer Wandel). In 30 Jahren wird es hier 12 bis 23 Mio Menschen weniger geben – abhängig vom Ausmaß der Zuwanderung! Auch vor diesem Hintergrund sollte man hinterfragen, ob es sinnvoll ist, jetzt jede Wiese zuzubauen.
München hat die „Charta von Aalborg“ unterschrieben. Im Rahmen dieser Agenda 21 verpflichtet man sich dabei zu einer „nachhaltigen Stadtentwicklung“. Es wurden sehr ehrgeizige Pläne und Ziele erstellt, die man in der „Leitlinie Ökologie“ im Internet nachlesen kann. Ich möchte daraus einige Passagen zitieren, denn sie sollten als Richtschnur für politische Entscheidungen des Stadtrats dienen:
- Gefordert wird ein verantwortlicher Umgang mit Ressourcen (Boden, Luft …)
- Vorhandene Grün-und Freiflächen werden für die Naherholung erhalten und weiterentwickelt.
- Landwirtschaftl. Genutzte Flächen werden zum größten Teil erhalten.
- Der Anteil regional produzierter Lebensmittel wird deutlich erhöht.
- Eine weitergehende, noch konsequentere Begrünung der Siedlungsbereiche ist anzustreben. Dazu gehören die Minimierung der Versiegelung im Rahmen der Bauleitplanung und Baugenehmigung!
- Von ganz besonderer Bedeutung für den Klimaschutz ist der Münchner Klima Grüngürtel …, dessen nachhaltige Entwicklung wurde in die „Perspektive Münchens (= die Ziele für die Zukunft der Stadt) aufgenommen.
- Die Grün- und Freiflächen am Münchner Stadtrand sollen durch diese Maßnahmen vor weiterer Bebauung geschützt und für Erholung und ökologische Landwirtschaft genutzt werden …“
An diesen Vortrag angeschlossen hätten sich noch ein paar konkrete Fragen an die Stadtführung:
- Im Rahmen der Bebauung Rahein/Ratoldstraße sowie des Eggartens werden Hunderte großer, alter Bäume gefällt. Doch eine mittelgroße Linde hat, in einer Sommernacht, etwa denselben Kühleffekt wie zehn Klimaanlagen. Wie viele Bäume gedenkt man nachzupflanzen? Und wo? Und wie groß werden diese Bäume sein?
- Wieviele Klimaanlagen werden in München errichtet, um diesen fehlenden Kühleffekt auszugleichen? Und wie verträgt sich dies mit dem Versprechen für eine nachhaltige Stadtplanung?
- Warum plant die Stadt, Bauern ihrer Existenz zu berauben, sie u. U. sogar zu enteignen – und knüpft sich nicht stattdessen die Immobilienspekulanten vor?
- Weshalb müssen Wohnungsbesitzer keinen Nachweis erbringen, dass ihre Wohnung wirklich bewohnt bzw. vermietet ist – und zwar zu einem fairen Preis? Warum wird eigentlich in Kompro-B- und sonstigen EOF-Wohnungen nicht einmal kontrolliert, ob die dort Wohnenden wirklich berechtigt dazu sind?