Auch wenn die Musiker nicht wie gewöhnlich im November/Dezember spielten, sondern ausnahmsweise erst im Januar: Das Laienorchester München-Nord, das vor inzwischen 38 Jahren gegründet wurde, hat seine „Fan“-Gemeinde, so dass sogar noch zahlreiche Besucher ihre Stühle selbst herbeitragen durften, weil der große Raum der Stadtbücherei im Kulturzentrum 2411 offensichtlich zu wenig optimistisch bestuhlt war.
Das Orchester unter der Leitung seines Dirigenten Ulrich Pfützner hatte wieder ein schönes Programm zusammengestellt und begann mit Antonio Rosettis Jagdsinfonie. Rosetti, der eigentlich Anton Rössler hieß – aber wie soll man auf der schon damals internationalen Musikbühne reüssieren mit solch einem provinziellen Namen? – und seinem Namen dann einen zugkräftigen italienischen Touch gab, war Zeitgenosse von Mozart und Haydn. Zu seiner Zeit war er sehr produktiv und sehr erfolgreich, im 19. Jahrhundert geriet er allerdings in Vergessenheit. Von Rosettis 40 Sinfonien brachte das Laienorchester – verstärkt um den ein oder anderen professionellen Instrumentallehrer – die Jagdsinfonie zu Gehör.
Das Hauptthema der Sinfonie ist nicht genuin von Rosetti, wie Dirigent Pfützner dem Publikum zur Einführung berichtete. Er hat es sich bei Händel „abgehört“, allerdings hatte dieser eine Fuge daraus gemacht. Doch die Tonart ist dieselbe und im 6/8-Takt des letzten Satzes könnte man tatsächlich ein Jagdgeschehen heraushören. Für guten Trommelwirbel sorgte jedenfalls Jonathan, den Pfützner – seines Zeichens Musiklehrer am Käthe-Kollwitz-Gymnasium – aus einer seiner 10. Klassen zum Mitmachen motivieren konnte. Der junge Mann meisterte die rhythmische Aufgabe äußerst konzentriert und gut, war er doch schon bei den Proben im Vorfeld mit Eifer bei der Sache gewesen!
Die Reise führte von Wien nach London
Nach der Pause, in der die Konzertbesucher durch die Buchreihen schlendern und in Bücher oder Zeitschriften hineinschmökern konnten, ging’s weiter zu Ludwig van Beethoven und seiner 2. Symphonie, nachdem das Laienorchester im Sommer vergangenen Jahres bereits Beethovens erste Symphonie aufgeführt hatte. Beethoven schrieb diese Symphonie zwischen 1800 und 1802, zu einer Zeit, als er merkte, dass mit seinem Gehör etwas nicht mehr stimmte. Allerdings hatte er da noch die Hoffnung, dass sich die Probleme irgendwie wieder geben könnten – was sie bekanntlich nicht taten. Der zweite Satz ist sehr ruhig und erinnert in seiner heiteren Gelassenheit ein wenig an die Pastorale, seine 6. Symphonie. Beethoven war ja ein großer Naturliebhaber und Spaziergänger und so konnte das Konzertpublikum den Schnee draußen vergessen und zumindest gedanklich schon mal in die frühlingshaft aufblühende Natur hinausschreiten.
In eine ganz andere Sphäre entführte dann Georg Friedrich Händel mit seiner Wassermusik: in die höfische Welt von King Georg I. nach London. Nicht dass der Barockkomponist seinerzeit auch schon Wasser vertont hätte. Nein, er komponierte die 2. Suite aus der Wassermusik für eine Wasserfahrt von King Georg I auf der Themse. Die gefiel dem König so gut, dass er sie während der Bootsfahrt immer wieder hören wollte. Und Händel stand damit wieder in der Gunst seines Brotherren. Die hatte er nämlich seinerzeit verloren, als King Georg I. noch Kurfürst Georg Ludwig war und das Kurfürstentum Hannover regierte. Dort war Händel angestellt gewesen, wurde aber wegen eines zu lange ausgedehnten Bildungsurlaubs in Italien vom Kurfürsten gefeuert. Man begegnet sich im Leben bekanntlich stets zweimal.
Herzlichen Dank an den Dirigenten für die interessanten Werksgeschichten und dem Orchester München Nord begegnen wir im Juli im Theatersaal des Augustinums wieder!