
Doch welche Arten von Taschen gab es in vergangenen Jahrhunderten? Und wofür wurden sie verwendet? Wie kam es zum Kulturgut Tasche? Und was hat es mit der Jagd- oder der Gürteltasche, der Perlen- und der Patronentasche auf sich? Und was bitte hat der Geldstrumpf damit zu tun?
All diesen Fragen geht das Bayerische Nationalmuseum derzeit in der Sonderausstellung „Taschen. Eine europäische Kulturgeschichte vom 16. bis 21. Jahrhundert“ nach, die noch bis zum 25. August dauert.
Präsentiert werden etwa 300 Taschenobjekte aus mehreren Jahrhunderten: vom frühen Geldsäckchen bis zur modernen Damenhandtasche, vom Handarbeitsbeutel über die sogenannten Pompadours und Ridiküls, ab etwa 1800 fester Bestandteil gehobener weiblicher Garderobe, bis hin zum modernen Kellybag – dem Klassiker der Luxus-Modemarke Hermès, benannt nach ihrer „Botschafterin“, der Fürstin von Monaco, Grace Kelly.
Ein guter Weg, Kindern Kultur näher zu bringen
Um auch Kindern – die von zuhause aus womöglich nicht unbedingt angeregt werden, diese Ausstellung zu besuchen – die Kulturgeschichte im Taschenformat näherzubringen, haben die Mitarbeiterinnen des Museumspädagogischen Zentrums sowie des Bayerischen Nationalmuseums unter dem Motto „Gut verpackt – von Taschen, Beuteln und ‚Strümpfen’“ zwei Aktionstage kreiiert. Angeregt wurde das Pilotprojekt durch die Schulleiterin der Wichern-Schule, Förderzentrum für emotionale und soziale Entwicklung im Hasenbergl Nord, Edith Wölfl, und Dagmar Koblinger vom Bildungslokal Hasenbergl. So durften am Donnerstag, den 13. Juni Kinder der 3. und 4. Klasse der Wichern-Schule, eine 3. Klasse der Eduard-Spranger-Grundschule sowie Dritt- und Viertklässler der Förderschule München Mitte 1 einen spannenden Vormittag in den Räumen des Stadtteilkulturvereins 2411 im 3. Stock des Kulturzentrums an der Blodigstr. erleben. Hausherr Richard Fritsch freute sich, mal eine ganz andere, junge, quirlige Zielgruppe in „seinen“ Räumen begrüßen zu dürfen.
Aufgeteilt auf drei Gruppen erlebten sie die Geschichtenerzählerin Katharina Ritter, die mit Händen und Füßen, mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik höchst lebendig und anschaulich die Geschichte vom Hans erzählte, einem braven, aber faulen Sohn, dessen Mutter, eine Weißnäherin, den ganzen Tag und die halbe Nacht näht, um sich und den Sohn zu ernähren. Als der Sohn erwachsen ist, legt sie ihr Nähzeug beiseite und schickt ihn zum Arbeiten. Mal zum Bauern, mal zum Müller, mal in die Molkerei. Doch von seinem Lohn haben die beiden nichts. Der brave, aber einfältige Hans transportiert ihn stets falsch nach Hause, und so ist die Milch verschüttet, die Wurst ungenießbar, das Geld verloren gegangen. Tja, wenn er die richtige Tasche gehabt hätte…
Das Nationalmuseum und seine Taschenausstellung bringt Geschichtenerzählerin Ritter den aufmerksam lauschenden Kindern dann durch die „Museumsmuffelbande“ anschaulich näher. In dieser Geschichte lüften Kinder, die zufällig im Fuggerzimmer des Museums einen unerkannten Geheimgang durchs Museum entdeckt haben, das Geheimnis, warum die vielen Taschen, die dort schon schön dekoriert und zusammengestellt auf den Ausstellungsbeginn warten, jede Nacht genau nach Größe und Farbe sortiert und exakt ausgerichtet hingestellt werden, so dass sich die Museumsleiterin schon ganz verzweifelt die Haare rauft.
Des Rätsels Lösung liegt in einer ebenfalls ausgestellten, uralten Brieftasche, die den Liebesbrief einer Frau an ihren Angebeteten enthält. Da sie sich wohl nicht so sicher war, ob er wohl durch ihre feurigen Worte für sie entflammen würde, gab sie vorsichtshalber ein Zauberpülverchen bei, und das hatte sich nun, über die Jahrhunderte, verändert. Denn jeder, der auch nur ein Staubkörnchen davon einatmet, mutiert zu einem superordentlichen, superfleißigen und supersauberen Menschen.
Kreative Bastelwerkstatt
Weniger sauber und ordentlich, aber dafür sehr kreativ und lustig ging’s dann zu, nach einer kleinen Tascheneinführung von Christiane Greska vom Museumspädagogischen Zentrum – sie erzählte einiges über die Entwicklung der Taschen und ihre unterschiedlichen Funktionen, sie demonstrierte verschiedene Taschen sowie Geldstrümpfe und per Foto das älteste ausgestellte Objekt. Die Kinder durften sich anschließend nämlich selbst aus Papier, Pappe, alten Plakaten und Plastiktüten eine Tasche im beliebigen Format basteln und individuell bekleben, laminieren beziehungsweise bügeln. Mädels wie Jungs waren alle höchst eifrig bei der Sache, sie haben den Tag gewiss genossen, und sie werden in ein paar Wochen, wenn sie dann zu einer Führung durch die Sonderausstellung ins Bayerischen Nationalmuseum gehen, die Taschen gewiss mit ganz anderen Augen betrachten. Eine tolle Idee, ein anregender Vormittag, der hoffentlich noch oft eine Wiederholung finden wird!