Das Frühjahr hält derzeit auch im Eggarten Einzug, doch die Freude der dortigen Gartler ist getrübt – rückt doch der Zeitpunkt, da sie aus ihrem stadtnahen Paradies vertrieben werden, immer näher. Am Dienstag, den 10. April trafen sie sich vormittags zu einer kleinen Demo, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und für den Erhalt des Eggartens einzustehen. In jedem Fall wollen sie mitreden bei der „Entwicklung“ des Eggartens.
Einst haben auf dem Gebiet des Eggartens die Wittelsbacher Fasane gezüchtet. In den 1920er-Jahren stellte der Wittelsbacher Ausgleichsfonds die Flächen des ehemaligen königlichen Fasangartens für Siedlungszwecke auf Erbpachtbasis zur Verfügung. Die Siedler durften auf ihren Parzellen ein „Hauptgebäude bescheidenen Umfangs“ errichten sowie „ein paar Stallungen und Wirtschaftsschuppen“. Bis 1926 entstanden auf dem Gelände 62 Häuser, ein paar Lebensmittelläden, eine Wirtschaft und eine Holzkirche. 1938 wurden viele Bewohner genötigt zu verkaufen, weil ihre Häuschen dem geplanten Verschiebebahnhof im Wege waren.
Heute stehen auf 84 Grundstücksparzellen nur noch 20 der ehemals 62 Häuser – und das ein oder andere davon wirkt auch schon verlassen. Ebenfalls aufgegeben sind inzwischen bereits etliche Gartengrundstücke, sie wirken verwahrlost, Unkraut und Verbuschung sind auf dem Vormarsch. Andererseits haben die neuen Eigentümer, die CA Immo und die Büschl Unternehmensgruppe, das ein oder andere aufgegebene Grundstück – zum Unmut der Bevölkerung sowie der hiesigen Lokalpolitiker – schon quasi leergeräumt und große Bäume gefällt.
Viel Herzblut steckt in den Gärten
Andere Gärten hingegen sind immer noch top in Schuss. An ihnen hängt das Herzblut der Gartler: Für jedes ihrer fünf Kinder habe die Familie einen eigenen Baum gepflanzt, weiß beispielsweise eine Bewohnerin mit albanischen Wurzeln zu berichten. Ihr Mann habe, bereits krebskrank, noch mit eigener Hände Arbeit einen Brunnen für den Garten geschlagen, damit die Familie nicht abhängig sei vom Nachbarn. Eine andere Familie, die ursprünglich aus Izmir stammt und seit gut 15 Jahren im Eggarten einen Garten hat, erzählt von der Freude, die sie immer empfindet, wenn sie aus dem zubetonierten Izmir wieder in ihr grünes Münchner Paradies komme. Sie berichtet von der vielen Arbeit, die in ihrem Garten steckt, auf dass er das wurde, was er heute ist. Und von ihrer Trauer und Wut, dieses ihr Land verlassen zu müssen.
Anwohner fordern echte Mitsprache
Martin Schreck vom Gartenstadtbündnis München hat im vergangenen Jahr wie auch heuer auf der hiesigen Bürgerversammlung Anträge zum Erhalt der „grünen Oase gestellt. Sie wurden alle samt und sonders angenommen. Hier werde ein Stück Geschichte, ein Stück (Lebens-)Kultur vernichtet, findet er. Die grüne Lunge Münchens. Und das alles für ein weiteres großes, gesichtsloses Wohnquartier, dessen Planungen, so wusste Schreck zu berichten, schon weit fortgeschritten seien. Angeblich soll das Eggarten-Quartier völlig autofrei werden, Tiefgaragen soll es nur „draußen“, etwa an der Lassallestr., geben. Martin Schreck, der sich schon vergeblich für den Erhalt des Lerchenauer Wasserturms und des Zehentbauer-Hauses eingesetzt hat, ist zuversichtlich, die künftige Bebauung des Eggartens noch mitbestimmen zu können. Wenn sie schon nicht mehr aufzuhalten ist. „Wir wollen eine echte Bürgerbeteiligung.“ Nach seiner Vorstellung sollen beispielsweise die alten Siedlungshäuser erhalten und in die Neubebauung integriert werden. „Die Stadt ist der Feind der Bürger“, „Wir müssen den Politikern sagen, wo’s lang geht“, so klang’s auf der vormittäglichen Demo. Zunächst will man den Besuch von Stadtbaurätin Merk am heutigen Mittwochabend in Feldmoching nutzen, um sie in Sachen Eggarten zu sensibilisieren und die Anliegen vorzubringen. Noch vor den Sommerferien soll es dann ein großes Fest samt Infoveranstaltung im Eggarten geben, wo Stadtpolitiker das Flair und den Charme der verwunschenen Siedlung einmal selbst erleben können.