Am Dienstag, den 29. Mai stellte CSU-Stadtrat Johann Sauerer, der sich auch schon für den Erhalt des Hauses an der Raheinstr. 3 stark gemacht hat, einen Antrag im Stadtrat zur Erhaltung des Eggartens, um ein Stück „altes“ München zu bewahren.
Er beantragte, dass der Stadtrat beschließen möge, die Verwaltung erstens zu beauftragen, für das Gebiet des sogenannten Eggartens eine städtebauliche Erhaltungssatzung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 BauGB („zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt“) zu prüfen und dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen. Zweitens soll die Verwaltung das Siedlungsgebiet nach geschützten Tier- und Pflanzenarten untersuchen.
Begründung: „Der Eggarten ist eines der letzten ungeschützten städtebaulichen Kleinodien in München. Die Siedlergenossenschaft Eggarten wurde 1919 gegründet. Seit den 20er-Jahren hat sich die Kleinsiedlung in ihrer städtebaulichen Ausprägung kaum verändert. Kriegsschäden wurden nicht überbaut, sondern die betroffenen Grundstücke als Freizeitgrundstücke umgenutzt. Die Siedlung ist nicht nur aufgrund ihrer Geschichte, der städtebaulichen Eigenart und seinem besonderen Charme schützenswert. Es gilt zu vermuten, dass sich mittlerweile geschützte Tier- und Pflanzenarten in den teilweise positiv verwilderten Gärten angesiedelt haben.
Wohnungsbau und Nachverdichtungen sind wichtige Maßnahmen gegen die Wohnungsnot in München und der Metropolregion. Wo Baurecht geschaffen wird, soll dieses auch effizient umgesetzt werden. Auf der anderen Seite gibt es in unserer Heimatstadt auch Gebiete, die für uns und unsere Nachkommen bewahrt werden müssen. Diese Gebiete befinden sich nicht nur in den Innenstadtlagen. Der Eggarten ist ein Teil des „alten“ Münchens, das immer mehr zu verschwinden droht. Deshalb muss er erhalten bleiben und geschützt werden.“
Martin Schreck: „Wir wollen eine echte Bürgerbeteiligung“
Mit diesem Antrag sprach Stadtrat Sauerer so gut wie allen Besuchern des Gartenfestes am Freitag, den 1. Juni aus der Seele. Gut 150 Personen hatten sich an diesem Brückentag zu einem Nachbarschaftstreffen mit Infos und einem Rundgang durch die historische Kolonie Eggarten eingefunden, organisiert vom Verein der Altstadtfreunde: Lokalpolitiker insbesondere der Fraktionen von CSU und Grüne (die SPD haben wir nur in Form von Ex-Stadtrat, nun BA-Mitglied und Lokalhistoriker Reinhard Bauer gesehen, Stadträtin Heide Rieke ließ sich nach einem Unfall im Urlaub entschuldigen), Vertreter der hiesigen Bürgervereine (Fasanerie aktiv und Bürgerverein Lerchenau) und des Bund Naturschutzes, Pächter des Eggartens, Freunde des Motorrad-Clubs, Bewohner der Lerchenau, die beiden Fotografen Dorrit Wess und Sven Eichhorn (von denen das Aufmacherbild stammt!), die im letzten Jahr im Kulturzentrum 2411 Fotografien vom Münchner Norden ausstellten und nun dabei sind, den Eggarten im Jahresverlauf fotografisch festzuhalten …
Gefeiert wurde im „Kriminalgarten des Geisterhauses“, sprich im Garten von Familie Schuster an der Daxetstr. 9, wo im Jahr 2000 für den Tatort „Kleine Diebe“ eine zweiminütige Sequenz gedreht worden war. Der Lerchenauer Martin Schreck, der den Termin mitorganisiert hatte und der sich bereits mit zahlreichen Anträgen bei Bürgerversammlungen und in BA-Sitzungen für den Erhalt des Eggartens eingesetzt hat, machte den Anwesenden Mut, sich weiter für den Erhalt der Siedlung einzusetzen – trotz des beklemmenden Gefühls, wie David gegen Goliath zu kämpfen. Der Eggarten sei doch keine „Baulandreserve“ (wie es im Geschäftsbericht 2016 der CA Immo steht) zur weiteren Gewinnsteigerung der beiden Baukonzerne CA Immo und Büschl, denen inzwischen der Eggarten gehört.
800.000 qm Baulandreserve hat die österreichische CA Immo noch in lohnenden deutschen Stadtlagen, wie Schreck dem Geschäftsbericht entnehmen konnte. Diese würden dem Konzern die Gewinne für die nächsten zehn Jahre sichern, das Areal des Eggartens mache gerade mal 5 % aus. „Da interessiert es nicht, was der Eggarten an Geschichte hat, dass die Römerstraße hier durchlief, und welche Naturvielfalt der Eggarten heute noch bietet“. Martin Schreck forderte erneut eine echte Bürgerbeteiligung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, und nicht erst eine Bürgerinfo in der ersten Jahreshälfte 2019, wenn das Strukturkonzept der Verwaltung für den Eggarten steht.
Christian Hierneis: „München ist dicht und das Land blutet aus“
Christian Hierneis, Vorsitzender der Bund-Naturschutz-Kreisgruppe München und Landtagskandidat der Grünen, sprach im Anschluss ebenfalls ein paar kritische Sätze zum Bebauungswahnsinn in München. Er fordert endlich eine Strategie. Denn was passiere, wenn das Bautempo so weitergehe? Sollen noch 400.000 oder gar 900.000 mehr Leute nach München ziehen? Dann sei München endgültig dicht, während das Land ausblute. Wie viel Stadtgebiet soll 2050 versiegelt sein? Gerade ob des Klimawandels eine (über)lebenswichtige Frage, doch Stadträte würden bei der Frage nur mit den Schultern zucken.
Die Politik müsse das Wachstum, so Hierneis Forderung, in München endlich begrenzen, doch was geschehe? Man kurble das Wachstum immer weiter an – so seien etwa 2017 erneut 25.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Die zugezogenen Leute wiederum bräuchten neue Wohnungen, neue Stellplätze für ihre Autos, Kitas und Schulen für die Kinder …
Der Eggarten habe sich in 100 Jahren entwickelt und werde in einem Jahr platt gemacht für 2.500 Wohnungen, die nichts zur Entspannung der Wohnungssituation in München beitragen werden, da lediglich 30 % davon Sozialwohnungen sein werden, der große Rest hingegen frei finanziert. München solle sich endlich vernünftig entwickeln können, damit München wirklich München bleibt, forderte Hierneis.
P.S.: Stadtrat Sauerer hat den Antrag übrigens ein paar Tage später wieder zurückgezogen!