In Ausgabe 11 von Print haben wir über die Pläne der Stadtwerke München (SWM) berichtet, eventuell zwei Heizwerke in Feldmoching bauen zu wollen, um vor Ort zu sein mit Fernwärme, wenn die einstige Gemeinde großflächig zugebaut wird. So ist beispielsweise angedacht, an der Raheinstr., gegenüber von Einfamilienhäusern, ein Heizkraftwerksblock zu bauen. Aus der umliegenden Bevölkerung kam bislang kaum Resonanz, geschweige denn Widerstand. Aber uns erreichte ein sehr fundierter Leserbrief, den wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Denn die dort aufgezeigten Fakten betreffen jeden Eigentümer und Mieter eines Hauses oder einer Wohnung im Umkreis eines „Heizkraftwerks“.
Das geplante Heizkraftwerk ist ausschließlich ein Fernwärmekraftwerk (während die Heizkraftwerke Nord und Süd Strom und Wärme erzeugen). Fernwärme benachteiligt einseitig Eigentümer und Mieter – zugunsten der SWM. Die Kosten für die Fernwärmeheizung von Häusern und Wohnungen sind signifikant höher als bei Gasheizungen (ca. 30 % für ein Einfamilienhaus). Diese sind um so höher, je geringer der Energieverbrauch des Hauses ist (Begründung s. u.). Die SWM sind Fernwärme-Monopolist und es besteht quasi „Anschlusszwang“. Ich bin Eigentümer eines Hauses an der Raheinstr. (Gasheizung) und einer Eigentumswohnung mit Fernwärme, daher kenne ich die erheblichen Kostennachteile einer Fernwärmeheizung aus eigener Erfahrung.
Strukturell höhere Fernwärmekosten
Die Kosten für Fernwärme resultieren aus einem verbrauchsunabhängigen Grundpreis und verbrauchsabhängigen Leitungsverlusten. Der Grundpreis wird von den SWM festgelegt. Er richtet sich nach dem maximalen Anschlusswert, d. h. der an den kältesten Tagen des Jahres maximal benötigten Heizleistung. Dieser Wert wird für das ganze Jahr festgeschrieben.
Die SWM beziffern den Anschlusswert (für ein gut gedämmtes Haus) auf ca. 25 kW. Aus diesem Anschlusswert errechnet sich derzeit ein jährlicher Brutto-Grundpreis von 1.100 Euro. Dieser Grundpreis fällt also an, ohne dass geheizt wird. Die Heizkosten kommen additiv dazu.
Der Nutzer zahlt, die SWM profitieren
Derzeit betragen diese Kosten ca. 8.000 Euro je Einfamilienhaus. Die SWM planen eine Ausweitung der Geothermie auf das gesamte Stadtgebiet (siehe SWM Fernwärmevision 2040).
Die SWM zieht erhebliche Kostenvorteile aus der Geothermie, welche aber nicht auf die Nutzer umgelegt werden – die Kosten der Umstellung tragen alleine die Eigentümer.
Zwar kann die SWM – nach heutiger Rechtslage – Eigenheimbesitzer nicht mehr zum Anschluss an das Fernwärmenetz zwingen, doch die Stadt verfügt über einen hinreichenden Werkzeugkasten an Repressalien, um den Anschluss aller Häuser an das Fernwärmenetz mittelfristig zu erzwingen.
Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang an den Genehmigungsprozess von Freiham-Nord im Jahr 2008. Die Stadtwerke haben seinerzeit den Stadtrat „genötigt“, faktisch ein Passivhausverbot für Freiham-Nord zu erlassen!!! Andernfalls hätten sie sich geweigert, das Neubaugebiet an das Fernwärmenetz anzuschließen.
Dieses Beispiel zeigt, dass die SWM kein Interesse an einer ökonomisch und ökologisch sinnvollen Energienutzung von Häusern haben. Eigentümer von Häusern mit niedrigem Heiz-Energiebedarf sollen vielmehr „bestraft“ werden, um die Bilanz der SWM zu verbessern.
Die SWM zieht alleine den Nutzen aus der Geothermie und Fernwärme, während die Lasten der Umstellung einseitig und ausschließlich die Eigentümer zu tragen haben.
Ein Fernwärmekraftwerk ersetzt das Kraftwerk Nord nicht
Wenn die Presse die Aussagen der SWM-Vertreter Werner Rühle und Thomas richtig zitiert hat, so haben die SWM-Vertreter in der BA-Sitzung vom 15. Mai die Erfordernis dezentraler Fernwärmekraftwerke auch mit dem Abschalten von Atomkraftwerken im Jahr 2022 begründet. Doch den Neubau eines reinen Fernwärmekraftwerks mit der Abschaltung eines primär stromerzeugenden Atomkraftwerkes zu begründen, ist gelinde gesagt unverfroren! Ich habe den Verdacht, dass die Stadt, die SWM und ihre Vertreter sich an den Bürgern rächen wollen, weil die Bürger aus ökologischen Gründen gegen einen Weiterbetrieb des kohlebetriebenen Kraftwerks Nord votiert haben. Und mit dem Begriff Heizkraftwerk versucht die Stadt den Bürgern zu suggerieren, dass die geplanten Kraftwerksblöcke zur Substitution des Kraftwerks Nord benötigt werden. Das stimmt aber nicht!
Meines Erachtens gibt es keinen sachlichen Grund, ein Fernwärmekraftwerk in ein Wohngebiet zu setzen. Ein ausschließlich wärmeerzeugendes Kraftwerk gehört in die Nähe der Wärmeverbraucher, und nicht in ein Wohngebiet mit niedrigem Heizenergiebedarf und „langen Wegen“ zwischen den einzelnen potenziellen Abnehmern. Am Rande eines dicht bebauten Gebietes – in einem Gewerbegebiet – würde ein Fernwärmekraftwerk dagegen durchaus Sinn machen.
Für die Stadt München als moderne und zukunftsorientierte Metropole würde ich mir wünschen, dass städtebauliche Entscheidungen fakten- und sachbasiert getroffen werden und nicht aus purer Verärgerung über eine Bürgerentscheidung, welche der Stadtverwaltung nicht genehm ist.
Norbert Peters
P.S.: Der Eigentümer des Areals, das die SWM schon so forsch beplanen, die CA Immo, wurde nach eigenem Bekunden bislang noch nicht gefragt, ob er seinen Grund und Boden eigentlich dafür hergeben möchte! Aber das macht man offensichtlich heute so.