Ein 85. Jubiläumsjahr ist, so möchte man meinen, kein so besonders herausragendes Ereignis. Doch in unserer Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche erreichen sowohl in der Fasanerie als auch im gesamten 24. Stadtbezirk nur noch ganz wenige Vereine das Alter der Liedertafel. Daher gilt es zu feiern, wie die Feste fallen. Und die 25 aktiven Sänger und ihr Chorleiter Christian Kelnberger wissen, was ihre zahlreichen Anhänger von ihnen zu diesem Vereinsjubiläum erwarten: Nicht nur die Anhänger der Liedertafel, sondern alle Freunde der Chormusik dürfen sich auf ein buntes Chorkonzert in München freuen.
Unter dem Dach des Sängerkreises München werden die Münchner Chorgemeinschaft, Kinder des Kindergartens von Karin Reuschlein, das Ensemble des Münchner Mädchenchores und die Liedertafel Fasanerie – München Nord (diese zugleich als Organisator der Veranstaltung und treffend anlässlich ihres Vereinsjubiläums) ihrem Publikum unter dem Motto „Sommer in der Stadt – die Welt bei uns zu Gast“ eine Veranstaltung mit einem breiten Spektrum an Chormusik – von klassisch bis modern, von heiter bis ernst – für das gesamten Altersspektrum von Jung bis Alt anbieten. Die Sänger der Liedertafel haben sich für diesen Chorabend ein sehr schönes Repertoire ausgesucht, das hier noch nicht verraten werden soll.
Das sommerlich bunt gemischte Chorkonzert im festlichen Rahmen findet statt am Samstag, den 7. Juli ab 19 Uhr (Einlass ist bereits ab 18.30 Uhr) im historischen Sophiensaal an der Sophienstr. 6. Der Eintritt kostet 12 Euro (10 Euro im Vorverkauf). Der Festsaal befindet sich im 2. Stock des Bayerischen Landesamtes für Steuern. Eintrittskarten gibt es an der Abendkasse ab 18 Uhr oder im Vorverkauf unter Tel. 0 80 24 / 4 74 89 49 beziehungsweise bei den teilnehmenden Chören.
Ein kurzer Rückblick in die lange Vereinsgeschichte
Über die Gründung des Männergesangvereins „Liedertafel Fasanerie – Nord“ sagt die Vereinschronik nicht all zu viel aus. Eine offizielle Gründungsurkunde oder ein Protokoll mit Details ist leider nicht vorhanden. Sehr verständlich, wenn wir uns heute das unselige Gründungsjahr 1933 vor Augen halten, das geprägt war von der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Damit verbunden waren das Ende der Weimarer Republik und der Beginn des „Deutschen Reichs“, und das alles inmitten einer bitteren Weltwirtschaftskrise. Die bis dahin freien gesellschaftlichen Strukturen wurden nach dem Führerprinzip organisiert, alle Vereine, Parteien und sonstige Organisationen gleichgeschaltet. Wer dachte in dieser Zeit der großen Angst an Vereinsdokumente, Protokolle oder sonstige Aufzeichnungen.
Das Gründungsdatum manifestiert die Fahnenstickerei der 84 Jahre alten Vereinsstandarte auf den 1. Januar 1933. Ob nun wirklich just am 1. Januar die Liedertafel aus der Taufe gehoben wurde, ist anderswo nicht belegt. Jedenfalls blieben den damaligen Sängern in der Fasanerie von da ab nur noch wenige unbeschwerte Vereinsjahre bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs durch den Überfall auf die Polen im September 1939. Die Sänger waren zwar von Anfang an als Männerchor „singtauglich“, wie es in einer Aufzeichnung heißt, aber der Ausbruch des Krieges, der bis zum Mai 1945 andauerte, und die bitteren ersten Nachkriegsjahre hinterließen tiefe und traurige Spuren bei der (damaligen) Liedertafel Fasanerie. Wir werden darauf in einem späteren Beitrag über die Vereinsstandarte zurückkommen.
Es mag sein, dass gerade Menschen, die sich aktiv dem Gesang und der Musik hingeben damit zugleich eine mentale Kraft entwickeln, die sie zu neuem Aufbruch antreibt. Die Sänger, unter ihnen „Altsänger“ noch aus der Vorkriegszeit, belebten ihre Liedertafel nach dem Kriegsende jedenfalls wieder und entwickelten den Verein im Laufe der Jahrzehnte zu dem, wie wir ihn heute kennen. Dabei war ihnen, wie es in den Vereinsaufzeichnungen geschrieben steht, seit dem Neustart ab 1946 das große Glück beschieden, mit Franz Lentner und von 1954 bis 1986 mit Leonhard Reichlmeier großartige Vorstände zu gewinnen, die mit ihrem Können, ihrem Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse der Chorsänger unterschiedlichen Alters sowie mit ihrem Weitblick den Verein voranbrachten. Seit nunmehr 32 Jahren führt Vorstand Hans Eberl die Liedertafel im Sinne seiner verdienten Vorgänger mit Umsicht und viel Engagement erfolgreich durch eine für Männergesangvereine immer schwierigeren Zeit.
Die Liedertafel hatte viele gute & motivierende Chorleiter
Was wäre ein Gesangverein ohne einen qualifizierten und engagierten Chorleiter, der seine Sänger zu hohen Leistungen aufzubauen in der Lage ist. Auch auf diesem Feld war der Liedertafel das Glück hold. 1946 konnte Alfons Keller, Oberlehrer und späterer Rektor in Moosach, an seine ersten Jahre bei den Sängern der Liedertafel wieder anknüpfen. Nach dessen Ausscheiden folgte der damalige Leiter des Kirchenchors von St. Christoph Alfons Kilger, der den Chor leistungsmäßig weiter ausbauen konnte. Ab 1954 (gemeinsam mit dem neuen Vorstand Reichlmeier) motivierte und trainierte der junge Lehrer aus der neuen Schule in der Fasanerie Josef Mrazek die Sänger. Die Liedertafel erlebte mit ihm weitere sehr erfolgreiche Sängerjahre – nun im vierstimmigen Vortrag. Nachdem Reichmeier und Mrazek aus gesundheitlichen Gründen aus ihren Ämtern ausscheiden mussten (1986 bzw. 1980), wählten die Sänger beide zu ihren Ehrenmitgliedern. Auf Josef Mrazek folgten die Chorleiter Paul Embacher, Helmut Biermeier und von 1998 bis Ende 2000 Frau Kiwha Kim. Seit Januar 2001 liegt die Leitung des Chores der Liedertafel Fasanerie in den Händen des vielseitig engagierten, promovierten Literatur- und Musikwissenschaftlers Christian Kelnberger.
Gesucht: Sangesfreudige Männer mit Interesse für den Chorgesang
Das aktuelle Repertoire der Liedertafel Fasanerie umfasst an erster Stelle deutsches Liedgut im traditionellen Verständnis von heiter bis ernst für Alt und Jung. Es erstreckt sich weiter von der klassischen Männerchorliteratur bis hin zu zeitgenössischen populären Kompositionen in englischer und lateinischer Sprache. Hinzu kommt ein anspruchsvolles Repertoire an geistlicher Chorliteratur. Chorauftritte finden häufig bei Veranstaltungen des Münchner Sängerkreises statt, ebenso im eigenen Rahmen, gern im heimatlichen Umfeld und zu Gottesdiensten und Kirchenkonzerten im Pfarrverband sowie in anderen Münchner Kirchen.
Mit unseren Jubiläumsglückwünschen verbinden wir die Hoffnung für die Liedertafel Fasanerie, dass sich auch künftig immer wieder sangesfreudige Männer für den Chorgesang interessieren und diese Muse zu ihrem erfüllten Hobby machen. Reinhard Krohn