An Allerheiligen fand auf dem Nordfriedhof am Ehrenhain für die zahlreichen Opfer der Bombardierung von München im 2. Weltkrieg eine öffentliche Gedenkfeier statt. Zahlreiche Münchner wie auch Menschen aus dem Umland fanden sich zu dieser stillen Feier im Gedenken an Tausende Opfer des alliierten Bombenterrors auf München spätestens ab 1943 bis zum Ende des 2. Weltkriegs am 8. Mai 1945 ein.
Was die Menschen damals, vor rund 75 Jahren, in den Städten unseres Landes während und nach den Fliegerangriffen mit rücksichtslosen Bombardierungen der Zivilbevölkerung erleben und ertragen mussten, können die den jüngeren Generationen angehörigen Menschen schon seit einigen Jahren aus dem Nahen Osten und anderswoher im Fernsehen erfahren. Totale Verwüstungen, ohne jede Rücksicht auf die völlig hilflose Zivilbevölkerung, mit unzähligen Toten und noch mehr teils sehr schwer Verletzten. Es folgen Hungersnöte, Obdachlosigkeit, Plünderungen, Schändungen, Krankheiten, eine unsagbare Armut und der Versuch, diesem Inferno durch Flucht zu entrinnen. Die Menschen geraten in kürzester Zeit in eine ausweglose Lebenssituation, die gerade Kinder und alte Menschen oft nicht überleben. Im Chaos von Angst, Zerstörung und Tod kennen die Kriegsherren keine Gnade. Der Tod kann jeden Augenblick zuschlagen.
Auch der 24. Stadtbezirk wurde mehrfach bombardiert
München und die anderen verwüsteten Städte des Landes wurden nach dem Krieg in einem Kraftakt wieder aufgebaut. Aber viele Tote hatten ihr Leben verloren. Und das Leid der Überlebenden lastete noch lange Jahre auf ihnen und ihren Familien und begleitete sie ihr ganzes Leben lang.
Die schweren Luftangriffe in immer neuen Wellen ab Sommer 1942, dann im Juli 1944 und noch einmal mit 73 Angriffen zum Kriegsende 1945 forderten in München Tausende Luftkriegsopfer. Auch der 24. Stadtbezirk wurde nicht verschont. In der Lerchenau und in Ludwigsfeld waren bei schweren Bombardements in den Jahren 1943 und 1944 zahlreiche Opfer zu beklagen. Aus dem Harthof starben mutige Feuerwehrmänner unter einstürzenden Ruinen bei einem Rettungseinsatz in München.
300.000 Münchner verloren ihre Häuser und Wohnungen und waren obdachlos. Die historische Innenstadt lag weitgehend in Schutt und Asche (siehe Lokal-Anzeiger 22/2007).
Die Opferbilanz war erschütternd. 6.632 Erwachsene und Kinder fielen diesem Terror zum Opfer. Viele Tote konnten nicht mehr identifiziert werden. Die Friedhöfe reichten für ihre schnelle Bestattung in kürzester Zeit häufig nicht mehr aus und so mussten die Opfer erst einmal irgendwo beerdigt werden. Um dem dauernden Ruherecht dieser Opfer dennoch gerecht zu werden, fanden 2.149 Tote in der Grablage eines 8.855 qm großen Areals auf dem Nordfriedhof ihre letzte Ruhestätte. Die Toten hatte man im Januar 1945 von anderen Orten hierher umgebettet. 149 unter ihnen blieben namenlos. Diese eilig eingerichtete Grablage wurde am 31. Oktober 1950 offiziell als Ehrenhain eingeweiht.
Hans Wimmer schuf die große Reliefplatte
Die im nördlichen Bereich des Nordfriedhofs angelegte Anlage ist eine Grünfläche mit nur wenigen Bäumen. Im Zentrum befindet sich eine ca. 6 m aufragende Reliefplatte aus Bronze. Geschaffen hat dieses eindrucksvolle Werk der Bildhauer Hans Wimmer aus München, Professor der Bildhauerei. Er starb am 31. August 1992 und wurde auf dem Bogenhausener Friedhof von St. Georg beigesetzt. Der Künstler schuf zahlreiche weitere große und kleinere Werke in München, u. a. den Richard-Strauss-Brunnen, den Ochsenbrunnen sowie das Reiterdenkmal für Ludwig den Bayer im Alten Hof.
Das Relief am Nordfriedhof trägt die Inschrift:
O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und Erleuchtung Gottes.
Wie unbegreiflich sind seine Gerichte.
Wie unerforschlich seine Wege. Amen
Der obere Bereich zeigt ein Kreuz als Zeichen der Gottesnähe und der Hoffnung. Dem folgen nach unten hin in Schriftunterbrechungen Szenen des Todes, der Trauer und des unbegreiflichen Verderbens der Zerstörungen durch Menschen. Die unterste Szene zeigt einige verstreute menschliche Skelette.
Auf der Grünfläche stehen zehn kleinere Gedenksteine verteilt. Einer weist auf 79, ein anderer Stein auf 80 hier ruhende unbekannte Todesopfer hin. Die große Grünfläche ist in Felder mit kleinen, mit Namen der Opfer beschrifteten Steinen unterteilt.
Derzeit gibt es Überlegungen, diesen mittlerweile 68 Jahre alten Ehrenhain zu renovieren. Die Gedenksteine sind teilweise verwittert, die Beschriftungen kaum noch zu erkennen.
Die schreckliche Orgie des Verderbnis und des Todes unschuldiger Menschen durch machtbesessene und skrupellose Kriegstreiber im 20. Jahrhundert hat sich leider im 21. Jahrhundert in weiten Teilen des Erdballs fortgesetzt. Nur ganz große Optimisten mögen ernsthaft hoffen, dass die Menschen eines Tages friedlich miteinander leben werden. Dennoch müssen alle Kräfte gebündelt werden, um dem Kriegstreiben selbstherrlicher Despoten energisch entgegenzutreten.
Das ununterbrochene Gedenken an die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Völkermorde soll auch auf dem Ehrenhain in München alle Zeiten die Mahnung zur Umkehr unterstreichen und die Opfer in Erinnerung halten.
Reinhard Krohn