Der Lerchenauer Dr. Reinhard Bauer, Historiker & BA-24-Mitglied, ist ein rühriger Mann, der auch im wohlverdienten Ruhestand nicht rastet, sondern weiter der Arbeit und des geistigen Ansporns bedarf. Gerade hat er ein neues, inhaltlich interessantes und optisch sehr ansprechendes Buch über die „Maxvorstadt im Wandel der Zeit“ im Wikom Media Verlag herausgebracht. Es kostet knapp 20 Euro und wird demnächst im Buchhandel erhältlich sein.
Dr. Reinhard Bauer ist das, was man einen umtriebigen Menschen nennen kann: Er ist Germanist, Volkskundler und Historiker mit Faible für Lokalgeschichte und insbesondere Orts-, Straßen- und Flurnamen. Er ist Verleger und Autor zahlreicher Bücher (es heißt, von über 100), er macht historische Führungen durch verschiedene Münchner Stadtviertel, hält Vorträge wie seit Monaten im Kulturzentrum im Rahmen des „Bayerischen Jahres“. Er ist Kommunalpolitiker, gehörte von 2006 bis 2014 dem Münchner Stadtrat an, davor (ab 1972 bis 2006) und danach (seit 2014) war und ist er wieder im Bezirksausschuss 24 tätig. Darüber hinaus ist er Mitglied in über 40 kulturellen und sozialen Vereinen. So ist er der Vorsitzende des Siedlervereins Lerchenau, des Münchner Seniorenbeirats, des AWO-Ortsvereins Hasenbergl, er gehört zur Vorstandschaft des Kulturhistorischen Vereins, er ist Beisitzer im SPD-Ortsverband Feldmoching-Hasenbergl, er ist …
Und er hat gerade wieder ein neues Buch geschrieben: dieses Mal über die Maxvorstadt. Ein schönes Buch, mit einem interessanten Ansatz und vor allem mit vielen historischen und wunderschönen neuen Fotos, die das Viertel aus einer oft unbekannten Perspektive zeigen. Karola Kennerknecht (Agentur Querformat) aus der Lerchenau hat in viel Tag- und Nachtarbeit aus dem trockenen Textkonvolut und den vielen historischen und neuen Fotos mit gekonntem Blick ein optisch sehr klares, ansprechendes und in der Leserführung gut gelungenes Layout gestaltet.
Ein Stadtviertel mit vielen Facetten und Ecken
Die Maxvorstadt, das sind die vielen Museen, der Königsplatz mit der Glyptothek und der Antikensammlung – in der, äußerst passend, auch am Donnerstag, den 13. Dezember die Buchpräsentation stattfand. Maxvorstadt, das sind die Universitäten und die Musikhochschule (samt ehemaligem „Führerzimmer“), die großen Bibliotheken, die Buchhandlungen und die bislang vielen Antiquariate (zwei davon betrieb Bauer, er hat sie aber inzwischen aufgegeben), die vielen Ministerien, die Künstlerateliers & -villen (siehe das repräsentative Haus von Franz v. Lenbach) und Spezialgalerien (etwa die weltweit führende Galerie für japanische Holzschnitte „Le cabinet japonais“ oder die Galerie Biró, eine renommierte Galerie für künstlerischen Schmuck).
Die Maxvorstadt ist aber auch, man mag es kaum glauben, ein Viertel mit viel Industrie. Man denke nur an Zausinger Elektrotechnik und die Brauereien Spaten und Löwenbräu der Familie Sedlmayr, denen das Buch 15 Seiten widmet. Die Maxvorstadt ist Heimat für ein florierendes Gesundheitswesen – das Klinikum Josephinum etwa gibt es seit 125 Jahren – und im Winter seit 100 Jahren für Circus Krone, der hier die kalte Jahreszeit überbrückt. Auch etliche Banken finden sich hier – die Landesbank natürlich, aber auch das private Bankhaus Metzler am Odeonsplatz 2, das inzwischen in der 11. Generation von der Familie Metzler geführt wird. Im 18. Jahrhundert tat dies übrigens schon einmal eine offensichtlich starke Frau, Christina Barbara Metzler. Erarbeitet hat alle diese Firmenporträts, die sich nicht nur optisch, sondern auch inhaltlich gut einfügen in das Gesamtkonzept des Buches und dieses abrunden, Bauers Koautorin Kathrin Schirmer.
Für die Maxvorstadt spricht vieles
Warum schreibt ein Lerchenauer ein Buch über die Maxvorstadt? Vielleicht weil Bauer vor 25 Jahren schon einmal ein Buch über dieses Viertel geschrieben hat? Oder weil der kleine Reinhard einst mit den Eltern in der Hessstr. wohnte und das nahezu zerstörte Stadtviertel und dessen Wiederaufbau nach historischem Vorbild aus eigener Anschauung miterlebte? (Bauer ist Jahrgang 1950) Weil er auf seinem täglichen Schulweg zum Maxgymnasium an der Münchner Freiheit sein Viertel zu Fuß erwanderte und damit intensiv kennenlernte? Weil Bauer in seinem Leben 50 verschiedene Führungen durch die Maxvorstadt konzipiert hat? Weil das Viertel von viel Geschichte geprägt ist? Von König Ludwig I., der dem Viertel durch seine Prachtbauten den Charakter gab. Von den Nazis, die den Königsplatz für ihre gewaltigen Aufmärsche missbrauchten und wo Kardinal Faulhaber 1922 beim 62. Katholikentag (27. bis 30. August) gegen die Demokratie wetterte, indem er die Weimarer Republik, ermöglicht erst durch die Novemberrevolution von 1918, in Verbindung mit „Meineid und Hochverrat“ brachte, worauf ihn der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer in seine kirchlichen Schranken verwies. Die Maxvorstadt hat eine reiche Geschichte, die im Buch knapp, auf das Wesentliche konzentriert und thematisch geordnet, auf 175 Seiten dargebracht wird.
Die Maxvorstadt durch die Linse betrachtet
Optisch ungemein bereichert wird das Buch durch historische wie aktuelle Fotos. Letztere stammen fast ausnahmslos von Dorrit Wess und Sven Eichhorn – kleine Erinnerung, falls Ihnen der Name der beiden Fotografen nichts mehr sagen: Die beiden haben 2017 im Kulturzentrum 2411 mit „einer fotografischen Betrachtung vom Schwarzhölzl bis zur Lerchenau“ den Münchner Norden in seiner architektonischen Vielfalt aus neuen Perspektiven und unbekannten Blickwinkeln dargestellt.
Für das neue Buch sind die beiden Fotokünstler wochenlang, mit Canon-Kamera und Leiter bewaffnet, durchs Viertel gezogen, immer auf der Suche nach dem außergewöhnlichen Blickwinkel und dem besonderen Licht. Schon das Titelbild, die Propyläen auf der Westseite des Königsplatzes, eingetaucht in die warme Farbstimmung einer Abenddämmerung und vermutlich von den lichten Höhen des NS-Dokuzentrums aufgenommen, zeigt die Könnerschaft der beiden Fotokünstler. Die fotografische Entdeckungsreise zieht sich, wer sich darauf einzulassen vermag, durch das ganze Buch.
P.S.: Spätestens Mitte nächsten Jahres soll, im gleichen Format, ein Buch über Schwabing erscheinen. Und Dr. Bauer arbeitet nach eigenem Bekunden zudem an einer Bauchronik von München. Das Rentnerdasein wird ihm nicht langweilig!