Nachdem bei der Landtagswahl Benjamin Adjei von den Grünen, für viele doch etwas überraschend, im Stimmkreis 105, zu dem auch der 24. Stadtbezirk gehört, das Rennen vor so bekannten Personen wie Mechthilde Wittmann (CSU) und Diana Stachowitz (SPD) gemacht hat, fragten sich viele: Benjamin Adjei, wer ist das? Wofür steht er? Wie wird er uns künftig vertreten? Der Lokal-Anzeiger hat vor ein paar Ausgaben Benjamin Adjei interviewt.
Lokal-Anzeiger: Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Adjei: Ich bin 28 Jahre alt und habe meine Kindheit und Jugend in Schliersee und Holzkirchen verbracht. Zum Studium bin ich dann in den Landkreis München gezogen. Studiert habe ich Mathe und Informatik und habe schon während meines Masterstudium (das ich vor kurzem beendet habe) in einer IT-Beratung als Data Scientist gearbeitet.
Bei den Grünen bin ich seit 2011 Mitglied und war unter anderem drei Jahre lang Vorsitzender der Grünen Jugend Oberbayern. Aktuell bin ich Mitglied im erweiterten Landesvorstand der Grünen. Meine thematischen Schwerpunkte sind Verkehrspolitik und Digitalisierung.
Ich bin Single und kinderlos. In meiner Freizeit mache ich viel Sport (Fußball, Bouldern, Fitness), geh gerne wandern oder programmiere tolle Algorithmen.
Lokal-Anzeiger: Sie wohnen in Taufkirchen. Wie wollen Sie die Interessen der hiesigen Bürger vertreten?
Adjei: Die Grüne Jugend München umfasst die jungen Mitglieder aus Stadt und Landkreis. Da ich lange Zeit in der GJM aktiv war, habe ich mich auch häufig mit „Stadtpolitik“ beschäftigt. Zudem arbeiten die Grünen in Stadt und Landkreis eng zusammen, da viele Probleme ja nicht an der Stadtgrenze aufhören, siehe Hubschrauberstaffel und das Thema Verkehr.
Ich plane für die Zukunft gemeinsam mit dem Grünen Ortsverband München Nord verschiedene Dialogformate auszuprobieren. Zudem will ich mich intensiv mit Bürgerinitiativen austauschen, so bin ich schon vor der Wahl in gutem Austausch mit „Heimatboden“ in Feldmoching und „Baugenossenschaften erhalten“ in Neuhausen getreten.
Lokal-Anzeiger: Wie können Bürger Ihnen Anliegen vorbringen?
Adjei: Für Anliegen per Mail steh ich generell immer zur Verfügung. Welches Dialogformat (Bürgersprechstunde usw.) sich am besten eignet, muss sich erst noch zeigen. Ich werde hierbei auch eng mit den Grünen in Stadtrat und Bezirksausschuss zusammenarbeiten.
Lokal-Anzeiger: Wie soll der Verkehrsinfarkt im Münchner Norden Ihrer Ansicht nach verhindert werden? Wie können die Münchner im Norden künftig noch gesunde Luft einatmen?
Adjei: Zuerst einmal muss es unser Ziel bleiben, das Wachstum, insbesondere im Münchner Norden, zu reduzieren. Das aktuelle und prognostizierte Wachstum wird vor allem durch das Entstehen neuer Arbeitsplätze in der Stadt und der Metropolregion München befördert. Hier gibt es Lösungsvorschläge, die etwa Christian Hierneis vorgestellt hat.
Sollte es tatsächlich zum jüngst prognostizierten Verkehrszuwachs kommen, brauchen wir einen massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Es darf nicht sein – wie so oft in der Vergangenheit, siehe Freiham –, dass zuerst gebaut wird und anschließend festgestellt wird, dass kein sinnvolles Verkehrskonzept für den Münchner Norden unter Berücksichtigung des prognostizierten Wachstums vorliegt. Zum Ausbau des ÖPNV im Norden haben wir Grünen bereits einige Vorschläge gemacht, die bisher nicht umgesetzt wurden, auch wenn Herr Söder mittlerweile die Reaktivierung des S-Bahn-Nordrings oder einen S-Bahnring angesprochen hat. Das muss allerdings schnell gehen und bis jetzt sind uns keine konkreten Planungen bekannt. Weiterhin brauchen wir dringend den Ausbau des Radverkehrs.
Lokal-Anzeiger: Wie lautet Ihr Standpunkt zum Tunnel Schleißheimer Str.?
Adjei: Als ökologische Partei lehnen wir den Bau des Tunnels im FFH-Gebiet ab. Der Schaden, der für die wertvolle Natur- und Erholungsfläche entsteht, ist weitaus größer als der Nutzen. Zudem wird der Verkehrskollaps im Norden dadurch noch beschleunigt, auch wenn behauptet wird, die Ingolstädter Str. würde entlastet. Denn die A99 ist insbesondere in dem Bereich, in dem die Schleißheimer Str. auf die A99 trifft, in den Stoßzeiten bereits heute dicht.
Lokal-Anzeiger: Wie stehen Sie zur weiteren Bebauung im Münchner Norden, Stichwort Kosmo?
Adjei: Nachdem die SEM Geschichte ist, müssen wir nun dafür sorgen, dass durch „Kosmo“ nicht ebenso viel Bebauung kommt wie durch die SEM. Wir wollen die Naturflächen, die Grünflächen und insbesondere die landwirtschaftlichen Flächen erhalten. Die von allen Seiten aufgestellte Forderung nach regionalen Lebensmitteln ist sinnlos, wenn wir die regionale Landwirtschaft durch Bebauung zerstören. Das betroffene Gebiet ist Erholungsraum, Frischluftschneise, Naturraum und Versorgungsraum für die Stadt. Mein Ziel ist so wenig Bebauung wie möglich.
Die „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ sind ein wichtiger Ansatz, um das Wachstum in der Metropolregion München zu reduzieren.
Lokal-Anzeiger: Wie stehen Sie zur Bebauung des Eggartens?
Adjei: Die Bebauung des Eggartens lehne ich ab. Es handelt sich um ein Kleinod inmitten einer Großstadt, das es unbedingt zu erhalten gilt. Ich stehe hier ganz klar auf der Seite der Bürgerinitiativen und werde diese unterstützen.
Lokal-Anzeiger: Wie stehen Sie zur geplanten Verlagerung der Polizeihubschrauberstaffel nach Oberschleißheim?
Adjei: Die Verlegung der Hubschrauberstaffel lehne ich ab. Ich freue mich, dass unter anderem die Stadt München, die Gemeinde Oberschleißheim und der Bund Naturschutz Klage eingereicht haben und hoffe, dass diese erfolgreich sein wird. Sollte das nicht so sein, werde ich gemeinsam mit meinen Münchner Abgeordnetenkollegen Anträge im Landtag stellen.
Lokal-Anzeiger: Wie sollte es Ihrer Meinung nach mit der Feldmochinger Kurve weitergehen?
Adjei: Die derzeitige Planung des Zulaufs zum Brennerbasistunnel stößt nicht nur hier, sondern in ganz Oberbayern auf großen Widerstand. Hier muss grundsätzlich neu geplant werden. Gerade im Münchner Norden sind keine weiteren Belastungen mehr möglich. Im Landtag sind aus der Opposition heraus Anträge zu einer Umplanung möglich.
Lokal-Anzeiger: Wenn es nach Ihnen ginge, wohin soll sich die Stadt München entwickeln? Oder vielleicht besser die Metropolregion München?
Adjei: Das Wachstum der Stadt, insbesondere als Ursache für das Wachstum das Entstehen neuer Arbeitsplätze müssen deutlich reduziert werden. Ansatz sind die gleichwertigen Lebensverhältnisse in Bayern, in Deutschland und in der EU.
Wenn München und die Metropolregion so weiter wachsen, ist jede Lebensqualität in 20, 30 oder 50 Jahren verschwunden.