Am Sonntag, 29. September werden wieder wie seit Jahrhunderten zahlreiche Gläubige, darunter auch viele Andechs-Wallfahrer, auf dem Heiligen Berg das historische Dreihostienfest feiern. Es zählt zu den ältesten Wallfahrtsfesten und verweist auf den Ursprung der Andechser Wallfahrt. Vor allem die Andechser Wallfahrergruppen aus dem Umkreis des Heiligen Bergs sind an diesem hohen Festtag nach Andechs eingeladen.
Unsere 2003 neu ins Leben gerufene Feldmochinger Andechs-Wallfahrt zählt ja zu den jüngeren Wallfahrtsgruppen auf dem Heiligen Berg. Darum dürften noch nicht allzu viele Mitglieder die Gelegenheit gehabt haben, schon einmal einen Blick in die Heilige Kapelle der Wallfahrtskirche zu werfen. Denn nur bei offiziellen Kirchenführungen kann auch die Heilige Kapelle mit dem legendären Heiltumsschatz (dem Heiligen Schatz von Andechs) besichtigt werden.
Die etwa 1 m hohe und 9 kg schwere Silber-Monstranz mit den in Gold gefassten, konsekrierten „Drei Heiligen Hostien“, die sogenannte Dreihostienmonstranz, wird als ein Kernstück des Andechser Heiltums gewertet, das nach der Säkularisation von 1803 nur noch aus 40 – allerdings sehr wertvollen – Stücken besteht. In früheren Zeiten soll der Andechser Heiltumsschatz aus insgesamt 277 sogenannten „Christus- und Herrenreliquen“ bestanden haben. Die gotische Dreihostienmonstranz geht auf eine Stiftung der Wittelsbacher Herzöge im Jahre 1435 zurück. Die Drei Heiligen Hostien sind seitdem in einem gotisch-kathedralförmigen Gehäuse aufbewahrt. Kunstvoll gegossene Engel mit vergoldetem Haar bewachen den Tabernakel.
Seit der letzten Einstellung des umfangreichen heiligen Reliquienschatzes in die alte Burgkapelle, die spätere „Heilige Kapelle“, im Jahre 1425 konnte dieser einmalige Schatz stets vor Diebstählen geschützt werden. Ja selbst den großen Brand im Mai 1669, der das Kloster Andechs in Schutt und Asche legte, überstand (nur) die alte Burgkapelle und mit ihr der dort verwahrte Schatz unbeschadet. Nur vor den unseligen Folgen der Säkularisation versagte der Schutz dann zumindest teilweise.
Festgottesdienst am 29. September
Das Deihostienfest auf Andechs wird alljährlich am letzten Sonntag im September – dem alten Andechser Kirchweihfest – gefeiert. Der Festgottesdienst beginnt um 9.30 Uhr in der prächtigen Andechser Rokokko- Wallfahrtskirche St. Nikolaus und St. Elisabeth. Zelebriert wird er heuer vom Erzbischof von Freiburg, Dr. Stephan Burger. Dem Gottesdienst schließt sich wie gewohnt eine feierliche Prozession mit der Monstranz um den Heiligen Berg an. Die Drei Heiligen Hostien schützten einst – und sie sollen es bis zum heutigen Tage tun – die Menschen vor der Pest, vor Gewittern, vor Aufständen und vor weiteren Gefahren. Zwei festlich geschmückte Prozessionsaltäre unterhalb des Klosterladens und neben der Alten Apotheke bilden die Stationen der Prozession. Um 15 Uhr wird dann noch die Vesper gefeiert.
Runde 1.400 Jahre dürften die Drei Heiligen Hostien alt sein
Überlieferungen besagen, dass Papst Gregor der Große (+ 604) während der Wandlung auf seiner Hostie ein blutiges Kreuz erblickte. Die bei der Messe anwesende spanische Königin Elvira hingegen lachte über das Geheimnis der Verwandlung von Brot in den Leib Christi und demonstrierte damit ihren Unglauben. Papst Gregor reichte ihr dennoch eine Hostie, auf der dann ein blutiger Finger erschien. Erschreckt von diesen Zeichen habe Papst Gregor, der Überlieferung nach, die beiden Wunderhostien aufbewahrt. Papst Leo IX. (+1054) erschien 400 Jahre später ein blutendes IHS (Kurzform des Namens Jesus aus dem Mittelalter) auf einer Hostie. Er soll die heiligen drei Hostien dann nach Bamberg geschenkt haben, weil Kaiser Heinrich II. (+ 1024) sich diese Wunderhostien zur Gnadenhilfe gegen Pest und Not erbeten habe. Aus Bamberg kamen schließlich die Drei Heiligen Hostien über den dortigen Bischof und Grafen von Andechs Otto II. (1177 bis 1196) mit einem Umweg über Istrien nach Andechs. Otto II. soll sie seinem in Not geratenen Bruder Graf Berthold III. von Andechs überlassen haben.
Soweit in Kürze die überlieferte Wundergeschichte zu den drei Hostien im Heiltumsschatz zu Andechs. Seit dem 13. Jahrhundert waren und sind die Heiltümer Kern und Grundlage der Gnaden- und Wallfahrtsstätte von Andechs. Die Heiltümer und ihre Wunder haben Andechs auch in schwersten Zeiten überleben lassen.
Reinhard Krohn