Zum Gedenken an den nationalen Feiertag der Deutschen Einheit hatte der Heimat- und Kameradschaftsverein Fasanerie Nord auch heuer wieder am 3. Oktober eine Friedensandacht in der Alten Kirche St. Christoph organisiert. Seit 2012 nun schon zum achten Mal. Die schöne kleine Kirche an der Pfarrer-Himmler-Str. war an diesem Abend gut besucht.
Auch heuer leitete Diakon Dieter Wirth vom Pfarrverband Pacem die Andacht. Dem Anlass des „Feiertags der Deutschen Einheit“ und der Friedensandacht entsprechend stand der Begriff „Frieden“ im Mittelpunkt seiner Ansprache. Und auch heuer stellte er den Friedensgruß der Gemeindemitglieder – ein wichtiger Bestandteil einer jeden Messe – an den Anfang der Feier. „Wenn wir uns in der Kirche den Friedensgruß geben“, so der Diakon, „ändern wir zugleich unseren Blick, wenn auch nur flüchtig – mit dem anschließend gesprochenen Wunsch ‚Der Friede sei mit dir’“. Eingeschlossen darin sei auch der Wunsch nach innerem Frieden. Die Gläubigen bringen damit einen uralten Menschenwunsch nach Frieden zum Ausdruck. Und damit nach sozialer Sicherheit, Versöhnung und Vergebung.
Jesus sendete seine Jünger aus, um den Menschen das Evangelium zu verkünden und sie auf einen gemeinsamen friedvollen Weg zu führen. Er gab ihnen Vertrauen und die Kraft, Enttäuschungen und Abweisungen zu überwinden. Denn nur wer Frieden suche und ihn finde, könne ein Friedensbringer sein. Jesus sagte: Meinen Frieden gebe ich euch! Mit einem gemeinsamen Friedensbekenntnis endete der geistliche Teil der Friedensandacht. Am Ende sang die Gemeinde mit kräftigen Stimmen die Bayernhymne.
Veranstalter Roland Nitter bedankte sich persönlich und namens seines Heimat- und Kameradschaftsvereins bei allen Gästen, bei Kirchenmusiker Georg Kläne für die Begleitung auf der Orgel, bei den drei Fahnenabordnungen – vom Kulturhistorischen Verein Feldmoching, vom Siedlerbund Abteilung Fasanerie und vom Heimat- und Kameradschaftsverein Fasanerie Nord –, bei Gärtnermeister Johannes Sammer für die schöne Blumendekoration, bei Diakon Dieter Wirth und seiner Ministrantin sowie bei der Abordnung der Ampermochinger Böllerschützen.
Nach der Friedensandacht wurde es auf der Pfarrer-Himmler-Str. kurz recht laut. Die Böllerschützen feuerten, zum Gedenken an den Fall der menschenverachtenden Mauer und der Zäune an der innerdeutschen Grenze vor 30 Jahren und als Zeichen der tiefen Trauer um die Opfer des DDR-Unrechtsregimes, einen weit hörbaren Ehrensalut ab.
Friedliche Revolution beendete 40 Jahre Sozialismus in der DDR
Mit dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und dem Vertrag zwischen der BRD und der letzten Staatsregierung der DDR („Einigungsvertrag“) am 3. Oktober 1990, dem Höhepunkt der wochenlangen friedlichen Revolution auf den Straßen der DDR, gehörte das 40-jährige System der sozialistischen Staatsdiktatur, der sogenannten Volksrepublik und des „Arbeiter- und Bauernstaats“ der Vergangenheit an. Es war entmachtet und aufgelöst. Seit November 1989 herrschten bei den Menschen in der (ehemaligen) DDR Freude und die Hoffnung auf eine baldige bessere Zukunft. Die Begriffe Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde waren in aller Munde.
Doch die jahrzehntelange Trennung, das Leben in zwei gegensätzlichen politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Systemen sowie die militante Abschottung des DDR-Systems gegen den Westen hatten die Menschen beiderseits des fast unüberwindbaren „Eisernen Vorhangs“ stärker geprägt, als sich das viele Politiker vorgestellt hatten. Allein mental waren beide Seiten auf dieses „Wunder“ der schnellen deutschen Wiedervereinigung nicht vorbereitet.
Wirtschaftlich lag die DDR am Boden. Rund 8.500 Betriebe wurden – häufig zu schnell – aufgelöst und abgewickelt. Von den rund 4 Mio. Vollzeitarbeitsplätzen zur „Wende“ blieben nur 1 Mio. übrig. Häufig zu schlechten Bedingungen. Der „Westen“ nahm – gefühlt – Besitz von dem, was aus DDR-Zeiten übrig geblieben war. Das Gefühl einer einsetzenden Fremdbestimmung aus dem Westen überlagerte die erhoffte Selbstbestimmung in einer neuen Werteordnung der nun freien Gesellschaft.
Der ersten Freude und Hoffnung folgte bei sehr vielen ehemaligen „Werktätigen“ ein Schock der Ernüchterung. Unzählige, vor allem jüngere, größtenteils sehr gut ausgebildete Menschen verließen ihre ostdeutsche Heimat (die „neuen Bundesländer“) und übersiedelten in den Westen. Die Stadt Chemnitz etwa verlor nach der Wende bis heute rund 25 % ihrer Einwohnerschaft. Diesen Exodus konnten auch noch so umfangreiche Förderungen nicht aufhalten. Der damalige Finanzminister Theo Waigel sagte kürzlich in einer Fernsehsendung, die deutsche Einheit habe dem geeinten deutschen Staat in den 30 Jahren von 1989 bis 2019 rund 2,5 Billionen Euro gekostet. Hinzu kämen rund 15 Mrd. Mark für den – so erfreulich – schnellen Rückzug der 600.000 einst in der DDR stationierten Soldaten der Roten Armee in ihre russische Heimat.
Es bleibt noch viel zu tun
Die Vereinigung ist bis heute nicht abgeschlossen. Dafür braucht es viele weitere Jahre. Trotzdem war die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten zur Bundesrepublik Deutschland mit einem gemeinsamen Grundgesetz für unsere Nation, für Europa und für die gesamte freie Welt ein vielleicht einmaliges historisches Glück. Es ist sehr viel Gutes seitdem geschehen. Die Städte, zahlreiche Dörfer und vernachlässigte Landstriche wurden mit viel Liebe und Aufwand hergerichtet. Auch die damals reichlich verrottete Infrastruktur. Der Lebensstandard der breiten Bevölkerung hat sich deutlich verbessert. Es mehren sich die positiven Stimmen aus den neuen Bundesländern. Und wir dürfen mit den folgenden Generationen rechnen, die in einer neuen, international offenen Welt als freie Menschen aufwachsen. Die politischen Irritationen der letzten Zeit zeugen noch von bedauerlichen Fehlern in der Vergangenheit.
Vor allem jedoch gibt es die Hoffnung und Zuversicht auf einen weiteren Frieden in Europa und der Welt. Und darauf, dass die großen Zündler mit ihrem Kriegsgerassel dem Friedenswillen der Menschen unterliegen werden. Dieser Wunsch und das Gebet an unseren Herrn waren das Anliegen der feierlichen Friedensandacht. Reinhard Krohn
Fotos: Heimat- und Kameradschaftsverein Fasanerie Nord