Nur ein Jahr nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 wurde der Volkstrauertag nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags als nationaler Trauertag für die Kriegstoten der zwei Weltkriege und für die Opfer der Gewaltherrschaft und der Gewaltbereitschaft aller Nationen eingeführt und1950 erstmals mit einer Feierstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestags in Bonn begangen. Seit 1952 wird dieser Gedenktag alljährlich zwei Sonntage vor dem ersten Advent feierlich begangen.
2019 gedenken die Menschen in Deutschland, in Europa und hier besonders in Polen sowie in weiten Teilen der Welt des Ausbruchs des 2. Weltkriegs vor 80 Jahren. Der Krieg begann am 1. September 1939 mit dem propagandistisch inszenierten Überfall der deutschen Wehrmacht auf den unvorbereiteten souveränen Nachbarstaat Polen. Die folgenden sechs Jahre wurden zu einer ungeahnten Katastrophe für die Menschheit in fast allen Kontinenten. Auf dem Höhepunkt des Weltkriegs waren 40 Staaten mit rund 60 Mio. Soldaten in das Kriegsgeschehen verwickelt. Die Zahl der Menschenopfer durch Krieg und Gewalt, der Verwundeten, der Vermissten, der Heimatvertriebenen sowie der angerichtete Sachschaden in den beteiligten Kriegsstaaten waren immens. Historiker gehen von 55 bis 60 Mio. Todesopfern weltweit aus. Allein im damaligen Deutschen Reich waren es bis zu 6,9 Mio. Todesopfern, darunter 5,3 Mio. Soldaten, Frontärzte, Krankenschwestern und weitere zivile Verpflichtete. Die meisten Opfer hatte die Sowjetunion zu beklagen mit geschätzten 17 bis 25 Mio. Menschen, davon 8 bis 9 Mio. Soldaten und 9 bis 16 Mio. Zivilisten.
Zu beklagen sind auch 5 bis 6 Mio. Menschen, die das Nazi-Regime allein wegen ihres religiösen Glaubens, wegen ihrer anderen Lebensweise, ihrer abweichenden politischen und weltanschaulichen Ansichten, wegen ihrer Erkrankung oder wegen ihrer Ethnie grausam umbrachte. Wir trauern um diese Opfer des menschenverachtenden, verbrecherischen Holocaust.
1. Weltkrieg: Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts
Nur 20 Jahre zuvor war der 1. Weltkrieg (1914–1918) mit einem Waffenstillstand beendet worden. Wer hätte sich zur Zeit der Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien am 28. Juli 1914 nach der Ermordung des österreichischen Kronprinzenpaars Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Gemahlin Sophie Chotek in Sarajevo vorstellen wollen, dass mit dieser Tat eines Einzelnen ein Krieg ausbrechen würde, der sich schon bald zu einem Weltkrieg ausweitete. Eine Folge von nationalen Einzelfehden, Fehleinschätzungen, Misstrauen und fehlendem Verhandlungswillen!! Ein US-Historiker sprach nach dem Ende des Krieges im November 1818 deshalb von der „Urkatastrophe des 20.Jahrhunderts“. In diesem Krieg, getragen von zuvor nie gekannten Materialschlachten, verbissen sich die Gegner an den großen Frontabschnitten mehr und mehr in grausamen Stellungskämpfen mit großen Verlusten auf beiden Seiten. Auch vor Gasangriffen schreckte man dabei nicht zurück. Insgesamt waren nach vier Kriegsjahren geschätzte 15 Mio. Opfer zu beklagen, allein mehr als 1,8 Mio. im damaligen Deutschen Reich. Hinzu kamen die entbehrungsreichen Kriegsfolgen in der Heimat und den „Feindländern“.
100 Jahre Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge
An den Fronten der Kriegsregionen gab es in der damaligen Zeit keine Bestattungs- und Gräberorganisation für die Gefallenen. Darum gründeten am 16. Dezember 1919 in Berlin engagierte Bürger den privaten Verein „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“. Schon in wenigen Jahren entwickelte sich daraus eine tief gegliederte Organisation als eingetragener Verein. In den Jahren der Hitler-Diktatur war der alljährlich begangene Volkstrauertag leider als „Heldengedenktag“ missbraucht worden. Seit der Wiedereinführung der alljährlichen Feierlichkeiten zum ursprünglichen Volkstrauertag im Jahr 1950 findet im Plenum des Deutschen Bundestags die offizielle Gedenkstunde mit dem Trauergedenken unter der Schirmherrschaft des amtierenden Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland statt.
Steinmeiers Totengedenken im vergangenen Jahr
In seinem „Totengedenken“ am Volkstrauertag 2018 gedachte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor dem Bundestag der Opfer von Gewalt und Krieg an Kindern, Frauen und Männern aller Völker; er gedachte der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren. Er gedachte derer, die verfolgt oder getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurden; derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihren Glauben festhielten. Er gedachte der Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, der Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, der Bundeswehrsoldaten und anderer Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren und derer, die bei uns Opfer durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache geworden sind.
„Unser Leben“, so der Bundespräsident in seiner Gedenkrede, “steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt“.
Willy Brandt, der große Sozialdemokrat und Kämpfer für Frieden, Ausgleich und Gerechtigkeit für alle Menschen in einem geeinten Europa hat in seiner historischen Rede am 7. Dezember 1970 in Warschau gesagt: „Ein Volk muss bereit sein, nüchtern auf seine Geschichte zu blicken. Denn, nur wer sich daran erinnert, was gestern gewesen ist, erkennt auch, was heute ist und vermag zu überschauen, was morgen sein kann.“
Leider ist die Welt nicht friedlicher geworden. In zahlreichen Ländern werden weiter offen Kriege ausgefochten, sterben unschuldige Menschen in Bürgerkriegen, in aufrührerischen Auseinandersetzungen, in unvorstellbar großen Flüchtlingslagern, unter gnadenlosen Terroristen und Staatsdiktatoren. Der von der Menschheit schon lange ersehnte weltweite Frieden wird wohl noch lange Zeit auf sich warten lassen.
Reinhard Krohn
Gedenkfeiern im 24. Stadtbezirk
Am Sonntag, den 17. November finden nach den jeweiligen Gottesdiensten öffentliche Gedenkfeiern statt:
Feldmoching bei den Denkmäler nahe St. Peter und Paul
Fasanerie am neuen Denkmal (siehe Seite 11)
Lerchenau am Mahnmal direkt an der Kirche St. Agnes
Harthof am Wegkreuz neben dem Feuerwehrhaus, Heimpertstr. 1