In zahlreichen christlichen Gemeinden scheint die Tradition des festlichen Christbaumsingens am Ende der offiziellen Weihnachtszeit, 40 Tage nach der Geburt Jesus, am 2. Februar immer noch gepflegt zu werden. Zumeist jedoch werden die zuvor so festlich geschmückten Christbäume in unseren Wohnzimmern, in den Kirchen und den öffentlichen Räumen nach dem 2. Februar, dem Fest Mariä Lichtmess, ebenso schnell und eher lieblos abgeschmückt, umgelegt, entfernt und entsorgt – nach dem Motto: Aus und Ende!
Das Fest am 40. Tag nach der Geburt Jesus geht auf die Zeit des 5. Jahrhunderts mit dem Anlass „Marias Reinigung“ nach mosaischer Vorschrift zurück. Der Name „Mariä Lichtmess“ am 2. Februar, wie wir ihn noch heute in unserer christlichen Tradition kennen und feiern, begründet sich mit der erst später eingeführten Kerzenweihe und Lichterprozession. An „Mariä Lichtmess“ – in der neueren Zeit auch als das Fest der „Darstellung des Herrn“ gefeiert, werden die für das folgende Jahr benötigten Kerzen der Kirchen und Familien geweiht, begleitet von Wachsmärkten und Lichtmessen in den Kirchen. Bis 1912 war dieser kirchliche Festtag der „Darbietung Jesus durch Maria im Tempel“ bei uns ein gesetzlicher Feiertag.
Aber auch im profanen Leben war Mariä Lichtmess früher ein ganz wichtiges Datum im Bauernkalender. An diesem Tage endete auf dem Lande das Arbeitsjahr. In der Regel wurde in früheren Zeiten am Lichtmesstag den Knechten und Mägden (Dienstboten, Gesinde) der gesamte Jahreslohn ausbezahlt und zwischen diesen mündlich neue Dienstverträge für ein neues Arbeitsjahr geschlossen. Dieses „Schenkeln“ zu Lichtmess ist heute längst Geschichte.
Die Tradition des Christbaumsingens
In zahlreichen Kirchengemeinden hat sich in der Zeit ab Anfang des Advents über das Weihnachtsfest bis hin zum liturgischen Ende der Weihnachtszeit am 2. Februar eine weitere sehr schöne Tradition erhalten oder neu etabliert: das Christbaumsingen in den Kirchen.
Gerade am Ende der Weihnachtszeit, etwa am Vorabend des Festes „Maria Lichtmess“ bzw. des „Festes der Darstellung des Herrn“, ist das Christbaumsingen ein gefühlt feierlicher Abschied von dem ganz großen Kirchenfest Weihnachten. Einem Fest, das die Menschen über die gesamte Christenheit hinaus tief bewegt und die festlichen Gottesdienstfeiern in den Kirchen füllt. Dieses fröhliche „Christbaumsingen“ zum Ende der Weihnachtszeit gibt den Menschen an diesem letzten Tag oder Abend eine kontemplative Stimmung des Abschieds und zugleich des Anfangs einer neuen liturgischen Kirchenzeit. Wobei durchaus in vielen Kirchengemeinden auch schon zum Anfang der Adventszeit ein Christbaumsingen stattfindet; aber korrekterweise handelt es sich hier eher um ein Adventssingen.
Das klassischen Christbaumsingen in der Kirche ist (wie das Adventssingen) nicht einem Gottesdienst gleichzusetzen, sondern ein Fest des abwechselnden Singens von weihnachtlichem Liedgut durch den Kirchenchor – bzw. von Chören – und der Gemeinde, unterbrochen von geistlichen Wortbeiträgen. In Pfarrverbänden bzw. Seelsorgeeinheiten ist ein jährlicher Wechsel des Singens unter den Gemeinden bekannt, wobei sich in diesem Falle auch Chöre von den benachbarten Verbandsgemeinden beteiligen.
In unserer schnelllebigen Zeit der zunehmenden Oberflächlichkeit und des bedauerlichen Wertverlustes von Brauchtum und Tradition könnte durchaus auch unseren Kirchengemeinden die Übernahme dieses liturgischen Christbaumsingens in den Kirchenkalender eine erfrischende Bereicherung und zugleich eine weitere Grundlage des Zusammenwachsens unserer Gemeinden im gemeinsamen Pfarrverband bieten. Reinhard Krohn