Im Rahmen des Kunstprojektes „PAESE REALE“ fand am Sonntag, den 2. Februar ab 16 Uhr das Klavierkonzert „Solo Piano Performance“ mit der Pianistin Serena Chillemi statt.
Doch zunächst gab es ab 15 Uhr Kaffee und Kuchen und die Möglichkeit, die Ausstellung der vom italienischen Künstler und Autor Piermaria Romani gezeichneten Porträts und verfassten Texte in den Räumen des Vereins Stadtteilkultur 2411 im Kulturzentrum 2411 zu betrachten.
Der schönste und der schlimmste Tag
Das Kunstprojekt PAESE REALE beinhaltet bisher über 1.000 Erzählungen und Porträts, wovon in dieser Ausstellung über 200 Originale gezeigt werden. Piermaria Romani fasst die schönsten und schlechtesten Tage im Leben der Menschen seines Geburtsortes Stienta bei Occhiobello und deren Wünsche, die sie in ihrem Herzen tragen, zusammen.
Sie drücken sich in den Zeichnungen der Gesichter aus. Die von Piermaria Romani befragten Einwohner jeden Alters von Stienta genehmigten für die Ausstellung eine Veröffentlichung ihrer Porträts unter Angabe von Geburtsdatum und Beruf sowie ihrer Antworten auf die Frage nach dem schönsten und dem schrecklichsten Erlebnis ihres Lebens sowie nach den Wünschen für ihre Zukunft, so dass sich dem Betrachter ein bewegender Einblick in das Leben der Menschen von Stienta (Gesamt EW ca. 3.000) eröffnet. Es lohnt sich, die ausdrucksvoll gemalten Gesichter und die dazugehörigen italienischen Texte, die fast alle auch in deutscher Sprache vorliegen, zu studieren!
Wie unterschiedlich fallen die Antworten aus, sie hängen meist mit dem Familienleben zusammen, Geburt, Krankheit und Tod. Ein junger Mann etwa bezeichnete die Erkenntnis, dass es keinen Weihnachtsmann gibt, als sein schlimmstes Erlebnis und der Sohn eines ehemaligen KZ-Häftlings erzählt von dem besten Tag seines Lebens, als er seinem Vater den Besuch des Konzentrationslagers ermöglichte, in dem er während des 2. Weltkrieges gefangen war. Gesundheit ist der meistgenannte Wunsch, aber auch „um die Welt zu wandern“, einen Job zu finden oder ein cooles supersportliches Motorrad zu besitzen. Welch faszinierende Vielfältigkeit!
Klassik ummalt Bilder
Um 16 Uhr begann dann das Klavierkonzert. Die Pianistin Serena Chillemi präsentierte ein abwechslungsreiches Programm, indem sie mit den Werken klassischer Komponisten, wie Ludwig van Beethoven (Sonate Nr. 31), Frederic Chopin (Walzer Op. 69 Nr. 1), Johann Sebastian Bach (Prélude C Dur aus dem Wohltemperierten Klavier), Domenico Scarlatti (Sonate in E-Dur) u. a. die Bilder des Künstlers Piermaria Romani untermalte, die zusammen mit den Texten während ihres meisterhaft virtuosen Spiels mit den Pianotasten an die Wand der Bühne projiziert wurden. Ich denke, anderen Gästen erging es wie mir: Im Zauber der Pianoklänge suchte ich selbst nach einer Antwort auf die Frage nach dem schönsten und dem schlimmsten Ereignis meines Lebens und welches eigentlich die Träume meiner Zukunft sind. Von allem gibt es bei jedem von uns eine Vielzahl, deren Reihenfolge der Wichtigkeit für mich selbst in den 1 ½ Stunden Klavierkonzert vom Feinsten nicht festzulegen war.
Serena Chillemi spielte teilweise ohne Noten, improvisierte gekonnt nach Lust und Laune mal einfühlsam, oft überraschend furios. Als das letzte Stück, die Toccata 1951 von Eliodoro Sollima, verklungen war, gab es verdienten, langanhaltenden Applaus. Die Moderatorin Kathrin Göttlich (Geschäftsführerin des Trägervereins Stadtteilkultur 2411) überreichte Serena Cillemi eine Rose. Sichtlich erfreut nahm die begabte Musikerin die schöne Rose, atmete ihren Duft ein und legte sie dekorativ auf das Piano. Sie nahm noch einmal – ohne Notenblätter – Platz und verzauberte das Publikum mit einer Zugabe: Ihr Lieblingsstück von Giacomo Puccini, Pezzo per pianoforte. Die etwa 50 anwesenden Gäste klatschten wieder begeistert, dann war das wundervolle Musikerlebnis zu Ende. Das Prélude von Bach klang noch auf dem Nachhauseweg in meinen Ohren und verlängerte den musikalischen Genuss.
Die Ausstellung PAESE REALE ist sehr zu empfehlen, sie wird noch bis 25. März in den Räumen der Stadtteilkultur 2411 im 3. Stock, Blodigstr. 4, gezeigt. Öffnungszeiten Mo, Di 10 – 15 Uhr, Do 15 – 19 Uhr sowie nach Vereinbarung und zu allen Veranstaltungen. Gerlinde Dunzinger