Die Naturfreunde schauen nun schon erwartungsvoll in den Gärten, Parks oder von Wanderwegen bzw. Feldrainen aus in die erwachende Natur, ob unsere kleinen gefiederten Freunde schon wieder in hoffentlich großer Zahl erschienen sind und mit ihrem Gesang oder ihren vieltönigen Rufen auf sich aufmerksam machen. Die Vögel in ihrer vielfältigen Art sind neben den ersten bunten Blumen unsere geschätzten frühen Frühlingsboten. Wir alle sollten zudem auf ein erfolgreiches Brutjahr 2020 hoffen!
Im März bis April beginnt für viele der bei uns bekannten Singvögel die Brutsaison, etwa für die verschiedenen Meisenarten, den Kleiber, den Grünling, das Rotkehlchen, den seltenen Zaunkönig … Darum hat der Gesetzgeber zu ihrem Schutz das Fällen von Bäumen, das Schneiden der Hecken und die Beseitigung von Buschwerk ab dem 1. März verboten (siehe Beitrag: Mein Freund, der Baum ist tot).
Zahlreiche Vogelarten wie etwa die Meisen benötigen zum Brüten geeignete Nist- bzw. Brutkästen. Diese sollten nicht zu klein ausgelegt sein, damit in ihnen auch eine größere Brut ausreichend Platz vorfindet. Auch die Schlupflöcher in der Frontwand müssen der Größe des vorgesehenen Vogels angepasst sein. Ein Star etwa benötigt nun einmal ein größeres Schlupfloch als eine Meise. Und die Kästen sollten immer der Wetterseite abgewandt in mindestens 3 m Höhe aufgehängt bzw. angebracht werden. Die Amsel hingegen baut ihr Nest gern in dichtem Buschwerk oder an einem anderswo gut versteckten Plätzchen im Gartenbereich.
Wir sollten unseren gefiederten Freuden so gut wie möglich behilflich sein und darum allein für sie mehr Natur in unsere Gärten bringen. Die Nistkästen sollten schon im Herbst oder frühen Winter gereinigt werden. Aber bitte ohne jegliche Reinigungsmittel! Und, wenn der Vogelfreund auch noch der Winterfütterung mit aller Sorgfalt nachgekommen ist, dann könnte ja eigentlich ein gutes Vogeljahr folgen, sollte man meinen.
Große Sorgen um die Vogelbestände
Nicht nur die Wissenschaftler und die betreffenden Naturschutzverbände sogen sich um die so vielfältige Vogelwelt, sondern auch alle diejenigen, denen ebenfalls die so arg belastete Natur am Herzen liegt und die sich zu deren Schutz einsetzen. Denn in unseren Gärten wird es von Jahr zu Jahr leiser. In den Morgenstunden werden wir nicht mehr selbstverständlich wie in früheren Jahren von einer bereits seit dem Sonnenaufgang inbrünstig singenden und rufenden Vogelschar – besonders nachdrücklich von den Amseln – aus dem Schlaf geweckt. Seit Jahren gehen die Vogelbestände faktisch zurück, nicht nur hierzulande, sondern weltweit! Viele Vogelarten sind bereits vom Aussterben bedroht, bei uns etwa der Kiebitz, die Feldlerche … Auch die Spatzen, die an den heutzutage völlig verputzten und abgedichteten Gebäuden keinen Unterschlupf mehr für den Nestbau finden, sind kaum mehr zu sehen. Andere Arten, aus früheren Zeiten in unserer Region überliefert, sind gänzlich verschwunden.
Die Ursachen sind vielfältiger Art
Wissenschaftler, Umweltpolitiker und Naturschützer raufen sich seit Jahren die Haare und streiten miteinander über die Ursachen für den alljährlich gefühlten oder eher faktisch zunehmenden Vogelschwund. Es mag viele Ursachen geben, darunter aber sicher einige besonders gravierende. In jedem Fall sind wir Menschen mitverantwortlich.
Die stellvertretende Geschäftsführerin der Kreisgruppe München im Landesbund für Vogelschutz in Bayern, Sophia Engel, beantwortete unsere Anfrage nach dem Phänomen der besonders im vergangenen Winter 2019/20 so geringen Vogelbestände in unseren Gärten mit dem Hinweis auf den extrem milden Winter, in dem an den Futterstellen allgemein weniger Vögel beobachtet wurden. Das sei auch in der Vergangenheit so gewesen und eigentlich erwartungsgemäß. Denn ohne eine Schneedecke und gefrorenem Boden sei die Nahrungssuche für die Vögel ungleich einfacher, so dass dann auch außerhalb der Gärten viel Nahrung zu finden sei. Außerdem sei das Zuggeschehen in milden Jahren sehr viel weniger ausgeprägt und vermutlich seien heuer die nördlichen Brutvogelpopulationen gar nicht bis zu uns gekommen.
Nun, diese Erklärung mag ja unsere besorgten Gemüter für den vergangenen
Winter beruhigen. Sie bedeutet jedoch keinesfalls eine Entwarnung im Allgemeinen! Für die Fütterung ihrer Küken und Jungvögel benötigen die Brutvögel nun mal Insekten. Unser Zufutter in Form von Sonnenblumenkernen, Nussbruch, Saaten etc. ist dafür hingegen ungeeignet. Die erwiesenermaßen stark geschwächten Insektenpopulationen müssen sich auch darum möglichst schnell wieder erholen.
Die Frage der Sommerfütterung scheidet bei den Vogelkundlern die Geister. Wer sich jedoch dafür entscheidet, den gefiederten Freunden auch in den milden Monaten von Frühjahr bis Herbst ein Zufutter anzubieten, der sollte aber neben der richtigen Auswahl des Futters ganz besonders auf eine peinliche Sauberkeit und Hygiene an den Futterstellen achten. Feuchtigkeit und Wärme führen schnell zu Schimmelbildung und Fäulnis im Futter.
Am Ende noch ein Gedanke
Beim Reinigen seiner zahlreichen Nistkästen im vergangenen Herbst und Winter fiel einem vogelfreundlichen Feldmochinger auf, dass in nicht wenigen seiner zahlreichen Kästen noch Nester mit unausgebrüteten Eiern lagen. Die Wissenschaftlerin Sophia Engel bestätigte eine entsprechende Anfrage mit der Vermutung, dass dieses Phänomen tatsächlich auf das Pfingstunwetter 2019 zurückzuführen sei. Sei es nun, dass durch den starken Hagelschlag die Elternvögel zu Schaden kamen, oder aber, was näher liegt, dass nach dem Unwetter die Nahrungssituation sehr viel schlechter war, weil die Insekten durch den Hagel großen Schaden genommen hatten. Zum Glück steckten die meisten Kleinvögel so ein schlechtes Brutjahr ganz gut weg, indem sie eine Zweitbrut starten und/oder im nächsten Jahr die Verluste ausgleichen können. Hoffen wir also auf ein gutes 2020!
Reinhard Krohn