Die Luftfahrtbranche wünscht, von der Politik mit Steuermilliarden gerettet zu werden. Die Autobauer fordern eine Abwrackprämie, nicht nur für den Kauf von umweltfreundlicheren E-Autos, sondern auch für Diesel-Fahrzeuge und Benziner. Der Chef der VW-Tochter Traton appelliert an die Politik, Investitionen im Anlagenbau und in Industriebetrieben zu fördern und wünscht eine Abwrackprämie für Lastwagen. Alle wollen von der öffentlichen Hand unterstützt werden. Aber ist das alles zukunftssicher und nachhaltig zum Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen? Die Landtags-Grünen sehen jedenfalls wichtige Aspekte des Umwelt- und Naturschutzes während der aktuellen Coronakrise „bedrohlich von der politischen Agenda rutschen“, wie deren umweltpolitischer Sprecher Christian Hierneis warnt. Mit zehn umweltpolitischen Handlungsfeldern, zusammengefasst in einem vergangene Woche von der Fraktion verabschiedeten Grundsatzpapier, wollen die Landtags-Grünen dem Negativtrend entgegensteuern. Denn Umweltschutz ist Krisenschutz, meinen die Grünen.
Denn Krisen wie die Corona-Krise bieten die Chance, Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit auf allen Ebenen auf neue Grundlagen zu stellen. Und weiter: „Grundsätzlich gilt: Während einer Krise wie der Corona-Krise ist es für die Menschheit fatal, wenn Umweltprobleme oder Probleme, die auf ein nicht nachhaltiges Wirtschaftssystem zurückzuführen sind, die bestehenden krisenspezifischen Probleme noch dramatisch verstärken. Gleichzeitig können Umweltkrisen schon für sich allein immense Dimensionen annehmen. Deshalb sind Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sowie Nachhaltigkeit immer auch vorbeugendes Krisenmanagement. Die Grünen fordern daher:
1. Mehr Klimaschutz
2. Nachhaltige Stadtentwicklung (grüne und blaue Infrastruktur)
3. Trink- und Grundwasserschutz intensivieren, natürlichen Hochwasserschutz vorantreiben
4. Schutz und Förderung der Landwirtschaft, Ökologisierung der Landwirtschaft
5. Reduzierung von Antibiotika in der Tierhaltung, Umstellung der Nutztierhaltung
6. Ausbau der Erneuerbaren Energien und Verkehrswende umsetzen
7. Intensivierung des Artenschutzes, des Schutzes der Biodiversität, von Waldschutz und -umbau und Verbot des Handels mit exotischen Tieren
8. Mehr Einsatz für saubere Luft
9. Für eine nachhaltige Globalisierung – ökologische und soziale Standards als Grundlage für fairen Handel und faire Handelsabkommen
10. Nachhaltige Wirtschaft, Green Deal als Basis für Nachhaltigkeit.
„Gerade in Krisen wie der jetzigen können wir uns keine Umweltprobleme leisten, die jede Krise noch verschlimmern und die Probleme am Ende unlösbar machen“, stellt Christian Hierneis fest. Nur mit konsequentem Umweltschutz würde „unsere Natur und letztlich auch unsere Gesellschaft resilienter – also widerstandsfähiger – gegen künftige Krisen“. Denn: Viele Missstände beim Naturschutz wirkten sich generell „krisenverschlimmernd“ aus. „Mit unserer Umweltpolitik stellen wir heute die Weichen, ob zukünftige Krisen überhaupt entstehen oder sich noch verschärfen oder nicht.“
Hierneis nennt beispielhaft die Gefahr von Nahrungsmittelknappheit durch Trockenperioden und damit zusammenhängende Ernteausfälle. „Auch bei uns können Ernteausfälle gravierende Folgen für die Bevölkerung haben“, so der grüne Umweltexperte. Potenzielle „Krisenverstärker“ seien beispielsweise der Klimawandel, hemmungslose Naturausbeutung, Trinkwassermangel durch Umweltverschmutzung oder ausdauernde Hitzeperioden für die Stadtbevölkerung. „Saubere Luft, sauberes Wasser und deutlich weniger CO2-Ausstoß: Das müssen die politischen Primärziele sein, um die wichtigsten Lebensgrundlagen auch für unsere Kinder und Enkel zu sichern und die Anfälligkeit für Krisen zu reduzieren“, so Hierneis. „Hierfür muss der Nachhaltigkeitsgedanke Einzug in alle Politikfelder halten – von der Wirtschafts- bis zur Sozialpolitik.“ Mit ihrem Grundsatzpapier liefern die Landtags-Grünen wichtige Denkanstöße und regen eine breite Debatte über ökologische Politik insbesondere zur Krisenvorsorge an.
Wir wollen hier Punkt 2, die Grünen-Vorstellungen zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung herausgreifen und würden uns wünschen, dass auch die Grünen im Münchner Stadtrat dieses siebenseitige Thesenpapier von Hierneis zumindest einmal lesen würden.
„Eine bereits spürbare konkrete Folge der Erderhitzung sind heiße Sommer mit einer deutlich zunehmenden Zahl von Nächten, in denen die Temperatur über der 20 Grad- Marke bleibt. Diese so genannten ‚Tropennächte‘ haben bereits heute für viele Menschen massive gesundheitliche Auswirkungen bis hin zu einer höheren Sterblichkeitsrate und würden im Falle einer Pandemie, bei der jedes Krankenhausbett dringend benötigt wird, zur Überlastung des Gesundheitssystems beitragen. Ungeachtet dessen werden jedoch Frischluftschneisen und so genannte Kaltluftentstehungsgebiete wie Grünflächen und andere mit Vegetation bestandenen Flächen weiterhin rücksichtslos zugebaut. Stattdessen ist es zwingend notwendig, Stadtentwicklung nachhaltiger und grüner zu denken als bisher und unsere Kommunen an den Klimawandel anzupassen. Dazu gehört neben dem Erhalt der Frischluftschneisen, des Grüns und der Wälder rund um die Städte auch die ausreichende Versorgung unserer Kommunen mit Wasser. Bereits heute trocknen in heißen und regenarmen Sommern unsere Städte geradezu aus. Deshalb muss im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung deutlich mehr Wert auf die so genannte „blaue Infrastruktur“ gelegt werden: Niederschlagswasser muss in den Städten gehalten werden („Schwammstadt“). Wir brauchen also eine grüne und blaue Infrastruktur. Eine hohe Einwohnerdichte auf engem Raum bedeutet in Krisen eine höhere Empfindlichkeit gegenüber der Krise. Gleichzeitig folgen der zunehmenden Urbanisierung eine erhöhte Bautätigkeit und die damit zusammenhängende Grünflächenzerstörung, während anderswo Gewerbe- und Wohnungsleerstand vorherrschen. Es sind daher kommunal angepasste, aber auch übergreifende Lösungen zu entwickeln, die in den Kommunen den Flächenverbrauch deutlich reduzieren und stattdessen mehr Grüne und Blaue Infrastruktur in unseren Städten schaffen. Eine übergreifende Möglichkeit hierfür ist die Umsetzung der „Gleichwertigen Lebensverhältnisse“ oder z.B. die Intensivierung der Digitalisierung insbesondere auch außerhalb der Metropolen.“
Hier können Sie das gesamte Thesenpapier einsehen!