Das Oktoberfest, bei den Hiesigen schlicht „Wiesn“ genannt, wird seit 1810 jährlich auf der Theresienwiese gefeiert. Im vergangenen Jahr fand es zum 186. Mal statt. 2020 minus 1810. Das ergibt doch keine 186? Korrekt. Denn 24 Mal wurde die Wiesn im Laufe seiner Geschichte abgesagt. 2020 ist es Corona-bedingt der 25. Ausfall. Aber es gibt einen kleinen Trost, zumindest für Biertrinker und Sammler.
Wer hätte 1810 gedacht, dass das große Pferderennen anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig v. Bayern (dem späteren Ludwig I.) mit Prinzessin Therese Charlotte Luise Friederike Amalie von Sachsen-Hildburghausen – mit laut Wikipedia einer „Ausstellung und Schau zur öffentlichen Huldigung an das Brautpaar“ – ein riesiges, alljährlich wiederkehrendes Volksfest für die ganze Welt begründen würde, das noch 210 Jahre später die Besucherscharen beglückt.
Im Oktoberfest spiegeln sich auch die Zeitläufte
Am Oktoberfest ging aber auch die Geschichte nicht spurlos vorüber. Immer wenn es Kriege und sonstige Notzeiten gab, dann wurde es gestrichen. Denn wer mochte und konnte schon unbeschwert feiern, wenn in den Schützengräben Väter und Söhne starben, wenn Bombenteppiche auf Städte fielen, eine Seuche grassierte oder das Geld stündlich weniger wert wurde.
So fiel die Wiesn schon 1813 erstmals aus, denn Bayern befand sich in den Napoleonischen Kriegen. 1866 wurde das Volksfest wegen des Preußisch-Österreichischen Kriegs und 1870 wegen des Deutsch-Französischen Kriegs abgesagt. Weitere zwei Mal wurde das Volksfest im 19. Jahrhundert noch gestrichen: 1854 und 1873. Da grassierte die Cholera.
Im 20. Jahrhundert fiel die Wiesn zunächst wegen des Ersten Weltkriegs von 1914 bis 1918 aus. 1919 und 1920 feierte man nur ein kleines „Herbstfest“; 1923 und 1924 gab es wegen der galoppierenden Inflation bzw. der angespannten wirtschaftlichen Lage kein Oktoberfest auf der Theresienwiese. Während des Zweiten Weltkriegs von 1939 bis 1945 verbat sich die Wiesn quasi von selbst und in der kargen Nachkriegszeit von 1946 bis 1948, in der die Leute froh waren, wenn sie ein Dach über dem Kopf und etwas zu Essen hatten, fand lediglich ein kleines „Herbstfest“ statt. 2020 reiht sich nun also in diese Aufzählung ein. Ein herber Schlag für alle Feierbiester und Traditionsbewussten, denn die eilig von der Landeshauptstadt aufgelegte Aktion „Sommer in der Stadt“ mag ja für die Kinder einen kleinen Ausgleich bringen. Ein Ersatz für die Wiesn 2020 sind die dezentral in der Innenstadt aufgestellten Buden mit Süßigkeiten und anderen Schmankerln, die Fahrgeschäfte und mobilen Spiel- und Kulturaktionen, etwa am Königsplatz, ganz gewiss nicht.
Einen Wiesnkrug gibt es auch 2020
„Traditionstreue“ (oder wirtschaftliches Eigeninteresse) beweisen immerhin in diesen kargen Corona-Zeiten die Münchner Brauereien, die auch heuer ein originales „Wiesenbier 2020“ brauen bzw. schon gebraut haben. Doch was ist ein Wiesnbier ohne den traditionellen jahrgangsbezogenen Wiesnkrug? Gibt es ihn? Oder ist er in den ganzen Corona-Bekämpfungsmaßnahmen vergessen bzw. für nicht nötig erachtet worden? Unser Autor Reinhard Krohn ist der Frage nachgegangen und hat OB Reiter diesbezüglich kürzlich einen Brief geschrieben. Sieben Tage später hatte er schon ein Antwortschreiben vom zuständige Referat für Arbeit und Wirtschaft in seinem Postfach. Danach wird es den Krug auch in diesem Jahr geben. Er gelangt ab dem 1. September in den Handel. Zu finden sein wird er dann im Shop auf der offiziellen Seite des Oktoberfests www.oktoberfest.de oder bei den Touristinformationen am Marienplatz bzw. an der Luisenstr. 1. Im Online-Shop kann man ihn bereits jetzt bewundern.
Vermutlich wird der Bierkrug schon bald einen Liebhaber- bzw. Sammlerwert haben, und das international: als besonderer Krug für ein besonderes Jahr!