Max Weber, der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete (1982 – 1990), der letzte übrigens aus der SPD-Riege, der es 1982 schaffte, im Stimmkreis München-Moosach direkt gewählt zu werden (1986 zog er über die Liste des Wahlkreises Oberbayern erneut in den Landtag ein), feiert heute seinen 90. Geburtstag.
Der 24. Januar 1931 war ein Samstag. In Berlin regnete es, auf der Zugspitze fiel bei -9,3 Grad Schnee. Und in Jägerwirth, seit 1972 ein Ortsteil des Marktes Fürstenzel im
niederbayerischen Landkreis Passau, damals noch zum sogenannten Steinharreramt an der Grenze der Grafschaft Neuburg gehörend, kommt der kleine Maxl oder Maxi, wie er auch genannt wurde, als drittes Kind der Eheleute Anna und Johann Weber zur Welt. Der Herr Papa war Werkmeister in einer Firma, die feuerfeste Schamottesteine herstellte.
Weber wuchs in Jägerswirth, einem kleinen ca. 150 Seelendorf auf. Mit anderthalb Jahren, im August 1932, erkrankte er an Kinderlähmung (in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wütete die Poliomyelitis anterior acuta, kurz: Polio oder spinale Kinderlähmung, schier unaufhaltsam und 1932 gab es in Deutschland einen größeren Polio-Ausbruch mit rund 4.000 Infizierten) und erlitt eine bleibende Gehbehinderung. Doch die Eltern taten, so erinnert sich Weber, alles, um ihm ein möglichst „normales“ Leben zu ermöglichen. So kam er 1935 erstmals nach München in die orthopädische Klinik, wo ihm ein Stützapparat angepasst wurde, damit er selbständig in die rund 150 m vom Elternhaus entfernte Schule gehen konnte. Und im Winter, bei tiefem Schnee, setzte sich der zähe Maxi einfach auf einen Schlitten und bewegte sich mit zwei Stöcken fort – denn er hatte immer einen Horror vor der Vorstellung, in ein Heim gesteckt zu werden.
Diese Kinderkrankenfahrten nach München organisierten übrigens damals „NS-Schwestern“ und Max Weber erinnert sich noch wie heute an ein belauschtes Gespräch, in dem die Schwestern meinten, nun ja, nach dem Krieg bräuchten sie sich um diese Kinder nicht mehr zu kümmern, die seien dann entsorgt.
„Ja was mach ma jetzt mit dem Bua“
Nach seinem Schulabschluss mit 14 Jahren war der geflügelte Satz seines Vaters: „Ja, was mach ma jetzt mit dem Bua“. Der hatte schon so seine eigenen Ideen. Er wollte auf die „Gripplschui“ neben der orthopädischen Klinik, wie die „Erziehungsanstalt für krüppelhafte Kinder“ (1957 in „Landesanstalt für körperbehinderte Jugendliche“ und 1968 in „Bayerische Landesschule für Körperbehinderte“ umbenannt“) damals derb-direkt im Volksmund genannt wurde. Dort konnte man einige Handwerksberufe erlernen, u. a. das Schneider- und das Schusterhandwerk. Es gab aber auch eine Handelsschule für zukünftige Bürokräfte und aa wäre der Maxl gerne hingegangen. Aber als er sich in Begleitung der Mutter bei der Schule vorstellte, hieß es lapidar: „Du hast zwei gsunde Händ, du wirst Schneider.“ Und so geschah es. 1956 zog Weber nach München, wohnte im Kolpinghaus und lernte vier Jahre das Schneiderhandwerk. 1950 schloss er die Lehre mit der Gesellenprüfung ab. Danach begab er sich auf Stellensuche und machte gleich beim Personalchef von Loden-Frey am Englischen Garten (der hatte nur einen Arm) einen guten Eindruck. Schon im September 1950 begann er dort als Schneider zu arbeiten, hatte aber immer im Hinterkopf, „Schneider, des machst du net lang“. In der Abendschule holte er mit eiserner Disziplin die Mittlere Reife nach und engagierte sich bei Loden-Frey als Betriebsrat und ab 1968 als Betriebsratsvorsitzender. 1974 wurde er Sozialrechtssekretär beim DGB München.
Trotz allen Strebens im Job blieb das Privatleben nicht auf der Strecke: 1960 lernte Weber bei einem Faschingsball im legendären Café Annast am Hofgarten seine spätere Frau Elfriede kennen, die er am 12. Juli 1962 heiratete. Das Paar bekam zwei Kinder: Christian und Claudia. 1969 kaufte die Familie eine Eigentumswohnung an der Eberwurzstr. im Hasenbergl Süd, nachdem man zuvor schon an der Aschenbrennerstr. das Hasenbergl mit seinen parkähnlichen Anlagen zu schätzen gelernt hatte.
Max Weber war von 1972 bis 1984 Mitglied im 33. Bezirksausschuss (dem heutigen BA 24) und dort von 1978 bis 1984 Sprecher der SPD-Fraktion.
Max Weber sorgte für Schlagzeilen bis hin zum „Spiegel“
In die Schlagzeilen der Münchner Medien (bis hin zu einer ganzen Seite 3 in der Süddeutschen Zeitung) und sogar in den „Spiegel“ (21/1982 „Falkland der SPD“) und „Die
Zeit“ (5.3.1982) schaffte es Max Weber 1981/82 mit seiner Kandidatur für den Landtag. Denn sein damaliger interner Gegenkandidat war kein Geringerer als Altoberbürgermeister und Frührentner Georg Kronawitter, der, vier Jahre nachdem er 1978, genervt von den innerparteilichen Querelen und Flügelkämpfen, nicht noch einmal als OB zur Wahl antrat, nun auf Vorschlag des OV-Feldmoching über den „roten Münchner Norden“ sein politisches Comeback feiern wollte, wie es der „Spiegel“ seinerzeit analysierte. Aber die Linken im Stimmkreis München-Moosach hatten etwas gegen das Comeback des „Freizeitpolitikers“ – wie sie Kronawitter spöttisch nannten – und unterstützten den vom OV-Hasenbergl vorgeschlagenen Max Weber. Sie warben viele neue linke Mitglieder an, um die Mehrheit im Stimmkreis zu behalten. Aber der „Schorsch“ war auch nicht dumm gewesen und hatte ebenfalls „rechte“ Neu-Mitglieder angeworben, 85 an der Zahl (laut „Die Zeit“), die aber nicht so schnell mit Parteibüchern versorgt wurden. Es muss jedenfalls lustig zugegangen sein zwischen den Delegierten, „die sich ‚linke Brut‘ und ‚rechte Säue‘ schimpften und Ohrfeigen verabreichten.“ (Spiegel) Kronawitter focht die Nominierung seines Kontrahenten an. Vergeblich.
Jedenfalls vermeldete der Lokal-Anzeiger am 22. Oktober 1982: „Freude und Erstaunen bei den Sozialdemokraten, Enttäuschung bei den Christlich-Sozialen: Max Weber (SPD) nahm dem bisherigen Stimmkreisabgeordneten Erwin Stein (CSU) das Direktmandat für den Landtag ab. (…) Befürchtungen der SPD, die schweren Auseinandersetzungen innerhalb der Partei zwischen Kronawitter- und Weber-Anhängern bei der Kandidatenaufstellung würden die Wähler ihrer Partei verprellen, haben sich nicht bewahrheitet. Im 33. Stadtbezirk erhielt Max Weber 45,2 % der Stimmen, was gegenüber den Wahlen im Jahre 1978 ein Plus von 1,7 % bedeutet. Erwin Stein kam auf 44,3 %, was einen Verlust von 1,5 % gegenüber 1978 ausmacht.
Die Sozialpolitik war für Weber das A und O
In seinen acht Jahren im Landtag engagierte sich Weber insbesondere in der Sozialpolitik, die für ihn das A und O war. Er war u. a. Mitglied im Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- u. Familienpolitik, im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes und im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden. Und er setzte sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderung ein und entwickelte dazu das Modell des „Arbeitsassistenten“. Firmen, die Menschen mit Behinderung einstellten, sollten dazu noch einen öffentlich finanzierten Helfer für diesen einstellen können.
Darüber hinaus engagierte sich Weber, „der gute Mensch vom Hasenbergl“ (100 Jahre SPD Feldmoching), in der Vereinigung für Integrationsförderung, beim
Arbeitslosenprojekt ABBA, in der Sozialberatung des Arbeitslosentreffs der Diakonie, beim VdK und war stellvertretender Vorsitzer der Arbeiterwohlfahrt Münchens. 2003 wurde ihm der Wilhelm-Hoegner-Preis der bayerischen SPD-Landtagsfraktion verliehen.
Der Lokal-Anzeiger wünscht dem Jubilar zu seinem runden Geburtstag alles alles Gute und vor allem: Gesundheit!