Der nun 80-jährige Georg Hölzl, Freunde nennen ihn den Schorsch, befindet sich, selbst nach fast 20 Jahren des beruflichen Ruhestands, immer noch im gehobenen Unruhestand. Wer kennt ihn nicht, den Chef des Feldmochinger Theatervereins und passionierten Volksschauspieler! Die unzähligen Freunde der bayerischen Volkskultur und des Laienschauspiels können sich den Feldmochinger Theaterverein ohne den rüstigen und immer tatkräftigen Theater-Schorsch, an dessen Spitze stehend und zugleich aktiv inmitten des Schauspielerensembles wirkend, kaum vorstellen. Das wollen auch wir heute nicht tun.
Hier und heute geht es um das besondere Lebensdatum von Georg Hölzl, um seine vollendeten acht Jahrzehnte im ehemaligen Mittelpunktdorf Feldmoching, dessen Existenz seit mehr als 1.200 Jahren nachgewiesen ist. Im Schatten der benachbarten ehemaligen Residenzstadt München standen in unserem Dorf viele Jahrhunderte lang die Mutterkirche St. Peter und Paul und die bäuerliche Volkskultur – nach der harten Arbeit in der Landwirtschaft und einem entbehrungsreichen Leben – im Zentrum des Lebens unserer vorwiegend klein strukturierten bäuerlichen Vorfahren.
Person und Familie des Jubilars Georg Hölzl waren in den Jahren seiner Kindheit und Jugend, aber auch danach verbunden mit diesen historischen Lebensgrundlagen des bis heute immer noch in Teilen dörflichen Feldmoching. Diese prägten und füllten sein berufliches wie ehrenamtliches Engagement bis zum heutigen Tage aus.
Alles begann mit dem Josef im Krippenspiel
Das Licht der Welt erblickte Georg Hölzl am 27. Januar 1941 auf dem immer noch existierenden, wenn auch nicht mehr bäuerlich bewirtschafteten „Zieglerhof“ in
Feldmoching an der Lerchenauer Str. 311 (früher Münchner Str. 3). Dort wuchs der kleine Georg in der Obhut seiner Eltern Michael und Katharina Hölzl und an der Seite seiner zwei Schwestern Maria und Katharina sowie seiner vier Brüder Michael, Josef, Franz und Josef auf. Alle sechs Geschwister leben heute nicht mehr.
Nur ein Jahr nach seiner Einschulung in die Feldmochinger Volksschule im Jahre 1947 begann der siebenjährige Georg seinen Dienst als Ministrant in St. Peter und Paul unter Stadtpfarrer und Geistlichen Rat Jakob Sturm. Zwölf Jahre lang ministrierte er gewissenhaft und mit Freude. Schon ab seinem 10. Lebensjahr durfte er sein ihm offenbar in die Wiege gelegtes Schauspieltalent als Darsteller des Josef bei den alljährlichen Hirten- bzw. Krippenspielen in der Kirche zeigen. In seinen späteren Jahren bei der katholischen Pfarrjugend, etwa ab dem 17. Lebensjahr, entwickelte sich bei Georg Hölzl die Schauspielerei zu seinem gehobenen Hobby, dem er sich in den 63 folgenden Lebensjahren bis heute verbunden fühlt. Aus seinen persönlichen Erfahrungen auf dem Weg zum Laien-Volksschauspiel wurde ihm immer mehr bewusst, dass der Aufbau der Schauspieler möglichst aus der eigenen Vereinsjugend heraus kommen sollte. Der frühe Stallgeruch im engeren Kollegenkreis festige die Talente. Darum gründete er 1985 eigens eine Jugend-Theatergruppe, in der seine Tochter Silvia von Anfang an dabei war. Sie stand 1989 erstmals im Klassiker „Magdalena“ und 1992 beim „Armen Millionär“ als darstellende Tochter auf der Bühne.
Mit 17 Jahren begann Georg Hölzl am 1. September 1958 die Arbeit bei der Bayerischen Versicherungskammer. 1995 wechselte er zur Bayerischen Versorgungskammer, wo er bis zur Pensionierung 2003 blieb. Beruflich brachte Hölzl es bis zum Abteilungsleiter für Softwareentwicklung und zum stellvertretenden IT-Bereichsleiter.
Nur einen Tag vor seinem 27. Geburtstag heiratete Hölzl am 26. Januar 1968 seine Reinhilde aus Neuhausen. Sie schenkte ihm eine Tochter namens Silvia. Längst dürfen sich die beiden über zwei Enkeltöchter freuen.
60 Jahre lang bayerisches Volkstheater in Feldmoching
Neben seiner anspruchsvollen Berufsausbildung bei der Versicherungskammer fand Hölzl den Willen, die Kraft und den Eifer, der Feldmochinger Tradition des Bauerntheaters und des Volksschauspiels seit mindestens Ende des 19. Jahrhunderts eine neue Grundlage zu geben. So war er von Anfang an dabei, als sich aus der katholischen Pfarrjugend von St. Peter und Paul heraus eine Schauspielgruppe organisierte. Am 8. April 1960 wurden diese Bemühungen mit der Gründung des neuen Theatervereins „Nordstern“ belohnt. Von den damaligen Gründungsmitgliedern ist Georg Hölzl als einziger bis heute dabeigeblieben.
Ziel der neuen Theatergruppe war es, jeweils im Frühjahr und im Herbst eine Neuinszenierung herauszubringen. Was jahrzehntelang bis 2019 gelang!
1967 wurde Hölzl zum Spielleiter des „Nordstern“ gewählt. Auf sein Betreiben hin nannte sich der „Nordstern“ 1974 in „Feldmochinger Volkstheater“ um. Damit sollten Spielart und Ort gleich im Vereinsnamen zum Ausdruck kommen. 1979, fünf Jahre später, wurde Hölzl auch zum 1. Vorsitzenden des Theatervereins gewählt. Diese zwei Führungspositionen blieben dem Jubilar 53 bzw. 41 Jahre lang bis heute erhalten. Im Zeichen des 80. Geburtstags blickt Hölzl mit Genugtuung auf diese vielen äußerst aktiven und sehr arbeitsreichen Vereinsjahre zurück, in denen es gewiss nicht immer einfach war, die Bedürfnisse und Ansprüche von Familie und Beruf mit denen seines von ihm erwarteten ehrenamtlichen Engagements für den Theaterverein unter einen Hut zu bringen. Dass ihm das so gut gelang, verdankt er nicht zuletzt der umsichtigen Unterstützung seiner lieben Frau Reinhilde im Amt einer Vereins-Geschäftsführerin für alle anfallenden Verwaltungsarbeiten rundum und zu jeder Zeit – und einer talentierten und einsatzfreudigen Schauspielgruppe wie auch einem begeisterten Team für den Kulissenbau, für die Beschaffung der Requisiten und und … , denen die Erfolge und der begeisterte Applaus des dankbaren Publikums ebenso eine echte Herzensangelegenheit war und ist wie ihrem Chef.
Über die Jahrzehnte viele anspruchsvolle Aufführungen
In den 53 Jahren seiner Spielleitertätigkeit hat Georg Hölzl insgesamt 105 abendfüllende Stücke sowie zahlreiche Einakter und Hirtenspiele inszeniert. Bei 67 Inszenierungen stand er selbst, meist in tragender Rolle, auf der Bühne. In dieser Zeit hat er mit über 100 Darstellern, die überwiegend zum ersten Mal auf der Bühne standen, gearbeitet. Allein diese beeindruckenden Zahlen lassen erahnen, welch enorme Arbeit und wie viel Zeit der Jubilar ehrenamtlich zur Freude und Erbauung unzähliger Menschen und für den Erhalt und die Pflege des bayerischen Volksschauspiels in Mundart erbracht hat. Immer wieder berichteten Münchner Zeitungen sporadisch und der Lokal-Anzeiger regelmäßig über die Erfolge der großartigen Inszenierungen und Aufführungen des Feldmochinger Volkstheaters. Die treue Theatergemeinde erinnert sich gewiss an so großartige Inszenierungen wie die aufwendige Komödie „Der Geisterbräu“ von Joseph Maria Lutz und die ebenfalls sehr aufwendige Gäuboden-Moritat „Die Pfingstorgel“ von Alois Johannes Lippl. Unvergessen sind auch „Magdalena“ und „Der arme Millionär“ von Ludwig Thoma, „Die Thurnbacherin“ von Rudolf Greinz sowie „Die Falsche im Arm“ von Wolfgang Bräutigam oder die Komödie „Im Pfarrhaus is da Deife los“, um nur einige Beispiele für die vielen aufgeführten Ein- bis Sechsakter zu nennen. Als letzte Aufführung vor Corona-Pandemie brachte das Volkstheater im Herbst 2019 das Lustspiel in drei Akten „Das begehrte Hochzeitsgeschenk“ von Marianne Santl auf die Bühne. Mit der geplanten Feierlichkeit im Frühjahr 2020 anlässlich des 60-jährigen Vereinsjubiläums des Feldmochinger Volkstheaters und der vorgesehenen Jubiläumsaufführung von „Pension Schaller“ wollte Georg Hölzl zugleich seine 60-jährige Vereinsmitgliedschaft feiern. Der Lockdown im März ließ dies leider nicht mehr zu.
Die Probleme drücken: Keine Spielstätte, kein Magazinraum
Zum großen Verdruss der Vorstandschaft, des Spielleiters und des gesamten Ensembles fand der Theaterverein leider bis zum heutigen Tage weder in Feldmoching noch im Stadtbezirk eine geeignete vereinseigene Spielstätte bzw. einen Theatersaal mit einer geräumigen Bühne und der Möglichkeit, wie in einem richtigen Bauerntheater an Tischen den Gäste Speis und Getränk zu servieren. In den ersten 25 Jahren des Bestehens musste immer wieder der Spielort gewechselt werden. Zunächst zwischen dem Gasthaus Kaiser und dem Pfarrsaal St. Peter und Paul. Ab 1974 ging’s schon hin und wieder in den Theatersaal des Augustinums. Beim ersten Bühnenauftritt in der neu errichteten Mehrzweckhalle erwies es sich, dass die dortige Bühnentechnik und vor allem die schlechte Akustik die Aufführung eines anspruchsvollen Volksschauspiels nicht zuließ. Darum wurde das komfortable Stiftstheater des Augustinums ab 1985 zur dauernden Spielstätte. Leider werden nun wegen der Nutzung der Mehrzweckhalle für den Schulbetrieb mit der Folge einer für die Proben viel zu lauten Geräuschkulisse aus der Halle auch die Bedingungen für die bis dahin noch dort verbliebenen Bühnenproben immer schwieriger und unzumutbarer.
Dieses Problem ist nun noch getoppt mit dem Verlust des bisherigen Magazinraums für die Verwahrung der wertvollen Bühnenkulissen, Requisiten und sonstigen Gegenstände für den Spielbetrieb. Wie soll und kann unter diesen Bedingungen unser seit Jahrzehnten so erfolgreiches und beliebtes Feldmochinger Volkstheater weiter betrieben werden? Diese Sorge bedrückt Geburtstagsjubilar Georg Hölzl wie den gesamten Verein seit einiger Zeit. Eine Besserung ist nicht in Sicht!
Alles geschehe im Namen des Herrn
Sein aufopferndes Engagement für die Pflege des heimatlichen Laienspiels über Jahrzehnte hinweg wurde Georg Hölzl mit hohen öffentlichen Ehrungen gedankt. So erhielt er 1992 von der Landeshauptstadt München die Medaille „München leuchtet – den Freunden Münchens“, gefolgt von dem „Ehrenzeichen des Bayer. Ministerpräsidenten für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern“. 2001 wurde Hölzl die Medaille des „Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ verliehen. Dem folgte eine weitere hohe Ehrung des Bezirks Oberbayern mit der Verleihung der „Bezirksmedaille in Gold für seine Verdienste im Bereich Kultur“.
2010 wurde Hölzl von den Mitgliedern des Theatervereins zum Ehrenmitglied ernannt. Dem folgte 2017 anlässlich seiner 100. Inszenierung und zugleich seines 50-jährigen Jubiläums als Spielleiter seine Ernennung zum „Ehren-Spielleiter“. Zu diesem Anlass verlieh ihm in einer feierlichen Zeremonie der Verband Bayerischer Amateurtheater als dessen höchste Auszeichnung die „Goldene Ehrennadel“ sowie der Bund Deutscher Amateurtheater die „Verdienstnadel für bemerkenswertes ehrenamtliches Engagement im Amateurtheater“.
Der 1993 verstorbene Bruder Michael Hölzl, 30 Jahre lang kath. Pfarrer der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul in Grünwald und Träger des päpstlichen Ehrentitels Monsignore, interpretierte zur Feier des 25. Gründungsjubiläums des Feldmochinger Theatervereins am 13. Oktober 1985 in seinen Worten an die Vereinsmitglieder und Gäste den Apostel Paulus: „Alles, was ihr in Worten – wenn auch mit den Worten des Dichters – und in Werken mit der Pflege heimatlichen Brauchtums tut, geschehe im Namen des Herrn“.
Wir wünschen dem Geburtstagsjubilar Georg Hölzl eine gute Zukunft und eine stabile Gesundheit im Kreise seiner Familie und guten Freunde und bitten für ihn um Gottes Segen. Reinhard Krohn