Es tut sich wieder etwas in den Ortsvereinen. Die Einschränkungen unserer persönlichen Freiheiten und die aufgezwungenen Ruhephasen in den Vereinen konnten bei erfreulich gesunkenem Infektionsdruck nun wieder spürbar gelockert werden. Jetzt gilt es nachzuholen, was in den letzten eineinhalb Jahren nicht möglich war. Darum hatte der Vorstand des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching die Vereinsmitglieder zur Jahresmitgliederversammlung am Mittwoch, den 28. Juli in den schönen Strobl-Garten geladen.
Die 1. Vereinsvorsitzende Irmengard Bähr begrüßte mit großer Freude die zahlreichen Mitglieder und Angehörigen der Vorstandschaft – man hatte sich ja teilweise schon seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Das Wetter war gut, die noch bestehenden Hygienevorschriften konnten im Blumen-geschmückten Strobl-Garten gut befolgt werden und die rührigen Wirtsleute freuten sich ebenfalls darüber, wieder Gastgeber eines Feldmochinger Ortsvereins zu sein. Sodann stellte die Vorsitzende die Beschlussfähigkeit der Versammlung fest. Die letzte ordentliche Mitgliederversammlung hatte am 14. März 2019 stattgefunden, die letztjährige, auf den 2. April 2020 terminierte Versammlung war wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Aber nun sollte die „Nachkrisenzeit“ beginnen!
Kleine und größere Probleme müssen gelöst werden
Ihren Bericht aus dem Vereinsleben seit den Pandemie-Anfängen 2020 begann Irmengard Bähr mit einem ganz großen Vergelt`s Gott an alle Vorstands- und Vereinsmitglieder
für die gezeigte persönliche Nähe zum Verein und für das Engagement zu dessen Überleben in der zurückliegenden schwierigen Zeit. So konnte der Verein überleben, ohne dass er seine zahlreichen Vorhaben im Stadtteil umsetzen durfte. Intern waren schließlich nicht wenige kleinere wie größere Probleme zu beraten und zu lösen.
Ein großes Problem sollte an diesem Abend die Versammlung für längere Zeit beschäftigen. Es ging darum, dass die Eigentumsfrage der inzwischen recht umfangreichen Sammlung an z. T. historischen Gegenständen aus dem früheren Leben der Menschen „auf dem Gfild“ offenbar ungeklärt ist. Die mehrere Hundert Sammlungsstücke unterschiedlicher Größe und Wertschätzung, etwa ab der Zeit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, lagern zur Zeit in einem aufgelassenen ehemaligen Kuhstall. Dafür fällt eine Lagermiete an, die bisher aus der Vereinskasse und damit aus den Mitgliedsbeiträgen geleistet wurde.
Grundlage dieses Sammelns seit der Vereinsgründung im Jahre 1990 war und ist der (auch in der aktuellen Vereinssatzung immer noch enthaltene) Gründungszweck: den damaligen historischen Würmserhof in der Untermühle vor dem Abriss zu retten und in dessen Mauern ein Heimatmuseum auf dem Gfild einzurichten. Nun, dieser jahrhundertealte Hof wurde 1993 aufgelassen und abgerissen und ein Heimatmuseum – oder sonstige Ausstellungs- und Lagerräumlichkeiten – sind bis heute weit und breit nicht absehbar. Gesammelt aber wurde und wird bis heute unvermindert – gemäß dem Satzungsgebot: „Sammeln, bewahren, präsentieren“. Im Verein gab es bisher keinen Anlass daran zu zweifeln, dass er, der Verein, der Eigentümer der Sammlungen sei, und zwar unabhängig davon, wer von den Mitgliedern in welcher Funktion seinen größten Anteil daran hatte. Bis daran Zweifel und einiges Ärgernis aufkam. Darum beantragten zwei Vereinsmitglieder, in der Mitgliederabstimmung den Beschluss herbeizuführen, dass der Verein ab sofort und bis zur völligen Klärung der Eigentumsfrage nicht mehr für den Sammlungsbestand aufkomme und nach vereinsrechtlicher Auslegung die Lagermiete fortan nicht mehr aus der Vereinskasse gezahlt werde. Die Abstimmung bestätigte das. Es bleibt die vage Hoffnung auf eine beiderseitige Verständigung. Wobei die Frage nicht beantwortet ist, was in absehbarer Zeit mit den zahlreichen Sammlungsstücken geschehen soll. Weiter auf Lager sammeln? Für unbegrenzte Zeit weiter dafür Miete zahlen – und das bei keinen erkennbaren Aussichten für deren satzungsgemäße Verwendung? Zu diesem Punkt besteht weiter Entscheidungs- und Handlungsbedarf.
Das „normale“ Vereinsleben soll wieder anlaufen
Diesem doch recht schwierigen Tagespunkt folgten positivere Themen. So konnte Vereinsvorsitzende Bähr auf die bereits weit fortgeschrittenen Arbeiten für die Ausstellungen zum einstigen „Feldmochinger Kraftfutterwerk“ und zum Jubiläum „100 Jahre Lerchenau“ verweisen. Weitere Ausstellungen sind angedacht. Auch die beliebten Stammtische, der Feldmochinger Christkindlmarkt, die Wallfahrten … sollten so bald wie möglich wieder vorbereitet und termingerecht veranstaltet werden.
Ein Höhepunkt der Versammlung war die Ehrung von Juliana Parzefall, die sich um den Verein verdient gemacht hat, mit einer Urkunde. Leider war die zu Ehrende an diesem Abend nicht anwesend. Die Vorsitzende Irmengard Bähr dankte Parzefall jedenfalls mit herzlichen Worten für ihre langjährige aktive Mitarbeit im Verein. Sie habe sich um den Kulturhistorischen Vereins große Verdienste erworben. Besonders ihr persönlicher Einsatz für den Erwerb einer neuen Vereinsfahne bzw. Standarte verdiene Respekt, großen Dank und Anerkennung. Ohne ihr engagiertes Zutun hätte der Verein heute vermutlich keine Standarte – und dazu eine so schöne!
Das Archiv umfasst 20.000 Einzelstücke
Der 2. Vorsitzende und langjährige Archivar Hans Theimer bedankte sich bei der gesamten Vorstandschaft für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und bei den Vereinsmitgliedern für ihre Hilfe und ihr Zutun bei der laufenden Erweiterung des wertvollen Archivs. Mittlerweile umfasse das Archiv rund 20.000 Einzelstücke. Da liege ein historischer Schatz in den Vereinsräumen, in dessen Aufbau sehr viel Herzblut geflossen sei. Damit verbunden sei nach wie vor eine große Verantwortung des Vereins gegenüber der Gesellschaft und zugleich eine gewichtige Grundlage für die Vereinsarbeit. Dem wolle er sich auch für weitere Jahre zur Verfügung stellen.
Vereinskassier bzw. „Schatzmeister“ Maximilian Bauer konnte und wollte die großen Einnahmeverluste für den Verein während der langen Zeit der Pandemie nicht verbergen. Allein die Mitgliedsbeiträge trügen die hohen Kosten u. a. für die Raummiete an die städtische Kasse nicht. Darum dankte er mit herzlichen Worten besonders allen Spendern, ohne deren Hilfe es eng geworden wäre. Zumal der Kulturhistorische Verein von der öffentlichen Hand keine Corona-Hilfen bekommen habe – weil er, wie es in der Absage hieß, keiner übergeordneten Dachorganisation angehöre (Bürokratie lässt grüßen!) Allerdings sehe er auch heute noch für den Verein ein wenig Luft für die nun folgende Übergangszeit hin zu einem dann wieder normalen Vereinsbetrieb. Nach dem Verlesen des Kassenprüfungsberichts erteilte die Versammlung dem Kassier und der gesamten Vorstandschaft für 2019 und 2020 einstimmig die Entlastung.
Die Wahl einer neuen Vorstandschaft
Vor der Berufung eines Wahlleiters und den nachgezogenen Wahlen für zwei Jahre verkündete Vorsitzende Irmengard Bähr der Versammlung, dass sie sich nach rund acht Jahren im Amt der 1. Vorsitzenden und ihrem Engagement als Vereinskassier in den Jahren davor nun vorerst nicht mehr für ein Amt im KVF zur Verfügung stelle. Damit beendete sie ihre aktive Zeit an der Vereinsspitze und übergab die weitere Versammlungsleitung an den dafür zuvor mehrheitlich nominierten Wahlleiter Dr. Reinhard Bauer. Bauer wollte die Wahlen auch leiten und erklärte sich zugleich bereit, sich der Wahl zum 1. Vereinsvorsitzenden zu stellen. In seiner kurzen Erklärung verwies Bauer auf seine langjährige Vereinsmitgliedschaft und Mitarbeit – auch als gewählter Beisitzer in der Vorstandschaft. Als Historiker und Volkskundler liege ihm der KVF in Feldmoching sehr nahe und er empfinde die Verpflichtung, künftig seine Expertise, seine Heimatnähe und seine Kraft dafür einzusetzen, dass der KVF weiter erhalten, aktiv und erfolgreich bleibe. Dafür wolle er sich von einigen seiner zahlreichen Ehrenämter trennen. Eine weitere Bewerbung für das Amt lag nicht vor. Bei den Wahlgängen wurden per Akklamation bzw. Handzeichen abgestimmt.
Im ersten Wahlgang durfte sich Reinhard Bauer persönlich aufrufen und um die Abstimmung bitten. Die Versammlung wählte ihn einstimmig zum 1. Vorsitzendenden. Für das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden (und zugleich des Archivars) stellte sich erneut Hans Theimer zur Verfügung. Auch er erhielt im Folgenden die einstimmige Wiederwahl.
Der bisherige Vereinskassier Maximilian Bauer wollte nach vielen verdienstvollen Arbeitsjahren in der Vereinsführung des KVF (u. a auch als 1. Vorsitzender) nicht erneut antreten. In sein bisheriges – sehr wichtiges Amt – wählte die Versammlung, ebenfalls einstimmig, Günter Kneifl. Der neue Kassier war bereits zuvor aktiver Beisitzer in der Vorstandschaft und ist der Öffentlichkeit bekannt als Träger der KVF-Standarte.
Auch beim Amt des Schriftführers gab es einen Wechsel. Christine Langhammer stellte sich nach verdienstvollen Jahren in der Vorstandschaft nicht noch einmal zur Wahl. Zu ihrer Nachfolgerin und neuen Schriftführerin wählte die Versammlung, ebenfalls einstimmig, die bisherige Beisitzerin Monika Blick.
Diesen Einzelabstimmungen folgte die Wahl von sechs neuen Beiräten in die Vorstandschaft. Einstimmig wurden dies: Maximilian Bauer, Hilde Ludmayr, Brigitte Hirner, Alfred Maurer, Therese Theimer, und Sabine Eckert-Böhm.
Blieb nur noch die Wahl der neuen Revisoren: In dieses Amt wurden in Blockabstimmung Adolf Bacher wieder und Hans Scheuerer neu einstimmig gewählt. Alle nahmen die Wahl an und bedankten sich für das ihnen gezeigte Vertrauen.
Damit hat der Kulturhistorische Verein eine neue Vorstandschaft.
Diese erwartet mit dem Anlaufen des Vereinslebens nach der Pandemie große Herausforderungen sowie eine Menge Arbeit. Der neue Vorsitzende Reinhard Bauer bedankte sich zum Abschluss der Versammlung bei der neuen Vorstandschaft für ihre Bereitschaft zur Annahme der Ehrenämter und wünschte ihr wie dem gesamten Verein einen guten Start in die neue Legislaturperiode. Diesem Wunsch wollen wir uns von der Redaktion des Lokal-Anzeigers gerne anschließen. Reinhard Krohn
Das ist Dr. Reinhard Bauer
Mit dem neu gewählten 1. Vorsitzenden des Kulturhistorischen Vereins Feldmoching auf dem Gfild, Dr. Reinhard Bauer, wird dieser nun erstmals seit seiner Gründung vor 31 Jahren von einem beruflichen Historiker und Heimatforscher ehrenamtlich geführt.
Der am 18. Juli 1950 in Kulmbach geborene Reinhard Bauer kam bereits 1951 mit seiner Familie nach Oberbayern und schließlich 1960 nach München, wo er das humanistische Maximiliansgymnasium in Schwabing besuchte und 1969 das Abitur ablegte.
Im selben Jahr begann er an der Ludwig-Maximilians-Universität München das Studium der Geschichte, Germanistik, Namens- und Volkskunde. Nachdem er verschiedene wissenschaftliche Richtungen seines Studienbereichs erforscht hatte, erkannte er in der Namensforschung ein reiches Betätigungsfeld und seine Lebensaufgabe. Sein Studium schloss er daher mit einer Promotion über die ältesten Grenzbeschreibungen in Bayern und die Untersuchungen der darin enthaltenen frühesten überlieferten Flurnamen ab.
1974 wurde Bauer Geschäftsführer des Verbands für Orts- und Flurnamen in Bayern.
Von 1983 bis 1995 war er Lehrbeauftragter/Dozent für Volks- und Namenskunde an den Universitäten Augsburg, München und Regensburg. Seit 1974 veranstaltet Bauer für die Volkshochschule und andere Träger Kurse und Führungen besonders zur Geschichte Münchens und seiner Stadtteile. Darüber hinaus hat er mehrere Bücher geschrieben, die er seit 1995 in dem von ihm gegründeten Verlag Bavarica herausgab.
Reinhard Bauer ist in München in zahlreichen kulturellen und sozialen Vereinen engagiert, u. a. als langjähriger Vorsitzender des Vereins „Münchner Stadtteilgeschichte“ und ebenfalls als langjähriger stellvertretender Vorsitzender des VdK Sozialverbandes München.
Bauer ist ferner seit 1972 – mit Unterbrechungen wegen anderer Mandate – Mitglied des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl. Am 25. September 1994 erhielt Bauer ein Mandat für den Bezirkstag von Oberbayern, wo er dann Sprecher der SPD für Bildung und Kultur war. Von 2006 bis 2014 gehörte er zudem dem Münchner Stadtrat an, wo er sich besonders für die Bereiche Kultur und Soziales engagierte.
Zuletzt war er u. a. Sprecher und Verwaltungsbeirat für den Behinderten- und Seniorenbereich. 2013 wurde Bauer in den Seniorenbeirat der Landeshauptstadt München gewählt, wo er Sprecher für Bildung und Kultur und 2018 Vorsitzender des Gremiums wurde. Reinhard Krohn