Am 26. September 2021 gegen 15:30 Uhr fuhr ein etwa 45 Jahre alter Fahrradfahrer mit seinem Rennrad nördlich des Obergrashofs in eine Wandergruppe. Fast wäre es zu Handgreiflichkeiten gekommen …
Was sich liest wie aus einem Polizeireport ist Teil eines Theaterstücks, das letzten Sonntag rund um Umwelthaus des Vereins Dachauer Moos auf dem Obergrashof bei Dachau seine Uraufführung hatte. An sieben Stationen konnten die 35 Besucher mit allen Sinnen in die Geschichte und Gegenwart des Dachauer Mooses eintauchen. Besagter Kampfradler – erschreckend wirklichkeitsnah gespielt von Markus Nau – vertrat dabei die widerstreitenden Interessen unserer individualisierten und wider- sprüchlichen Zeit: Lust auf freie Landschaft, aber ein neu gebautes Eigenheim mittendrin. Natur ja gerne, aber bitte ohne Stanzen und Schlaglöcher. An weiteren Stationen konnte Bekanntschaft gemacht werden mit einer exaltierten Schwabinger Landschaftsmalerin (zum Schreien komisch: Lisa Schamberger) vom Anfang des 20. Jahrhunderts, einem Torfstecher (ebenfalls Markus Nau) aus dem 19. Jahrhundert und einem „Schnäppchen-Deifi“ der Gegenwart. Gerahmt wurde das Stück von allegorischen Figuren für die Natur, die Zivilisation und das Wasser, den Kräften, die die Entwicklung und Nutzung des Dachauer Mooses über die Jahrhunderte prägten und nach wie vor prägen. Kongenial: Carolin Schubert als Madame Kultura und Markus Nau als ein die Natur verkörpernder Schrat. Manfred Nadler führte als „Guter Geist des Dachauer Mooses“ – so auch der Titel des Stücks – mit Lederhose, Pathos und Zylinder von Station zu Station. Begleitet und herausgefordert wurde er von einem anarchistisch-verspielten Kobolt (Lisa Schamberger), der das didaktisch zuweilen etwas arg aufgeladen wirkende Stück konterkarierte.
Tatsächlich lautete der Auftrag des Vereins Dachauer Moos und der Landeshauptstadt München auch, ein Theaterstück zu entwickeln, das auf kreative Art den Wert der Mooslandschaft vor unserer Haustür verdeutlicht und gleichzeitig auf die Problematik der unterschiedlichen Nutzungsinteressen aufmerksam macht. Diesen Auftrag hat das Ensemble des Wald-der-Bilder-Projekts unter Leitung von Michaela Soiderer innerhalb kürzester Zeit hervorragend umgesetzt und die Landschaft zur Bühne gemacht. Es ist zu hoffen, dass das kurzweilige, für Groß und Klein erheiternde und erhellende Stück noch öfter aufgeführt wird.
Denn wie formulierte es Robert Rossa, Geschäftsführer des Vereins Dachauer Moos, so schön in seiner Begrüßungsrede: „Es war einmal ein großes, klitschnasses, wildes und unzugängliches Moor – das Dachauer Moos. Ganze Armeen sind einst darin versunken! Aber es war auch malerisch, geheimnisvoll und die Heimat von unzähligen Pflanzen und Tieren. Dann jedoch vor etwa 150 Jahren kam der Mensch und hat es sich zu nutzen gemacht. Trockengelegt, Siedlungen und Straßen gebaut, Acker und Wiesen angelegt. Die Vermittlung der Geschichte dieser mittlerweile dicht besiedelten Kulturlandschaft direkt vor unserer Haustüre, aber auch das Ansprechen von aktuellen Konflikten zwischen Mensch und Natur sind Ziele unseres gemeinnützigen und interkommunalen Vereins. Wir wollen ökologische und landschaftsgeschichtliche Zusammenhänge anschaulich vermitteln und ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Natur und Landschaft wecken.“