Am Samstag, den 30. April gab der italienische Konzertorganist Paolo Oreni ein Orgelkonzert am Hasenbergl. Das Konzert begann um 19.30 Uhr in der Kirche St. Nikolaus (Stanigplatz 12) und dauerte ungefähr eine Stunde. Oreni, der 1979 in Treviglio geboren wurde, begann mit elf Jahren, bei Giovanni Walter Zaramella am Musikinstitut „Gaetano Donizetti“ Orgel und Orgelkomposition zu studieren. Dank einiger Stipendien setzte er ab 2000 seine musikalischen Studien am Nationalkonservatorium von Luxemburg fort. Dort gewann er 2002 den 1. Preis im internationalen Wettbewerb „Prix Interrégional-Diplòme de Concert“. Mit ungefähr 60 Auftritten pro Jahr – in den letzten Jahren aus naheliegenden Gründen deutlich weniger – konzertiert er heutzutage in ganz Europa.
In St. Nikolaus konnten ungefähr 40 Zuhörer die außergewöhnlichen technischen und musikalischen Fähigkeiten Orenis erleben, der Werke von Johann Sebastian Bach, Franz Liszt und César Franck spielte, wobei besonders Orenis Interpretationen der romantischen Orgelliteratur herauszuheben sind. Der Italiener beeindruckte mit brillanter Artikulation, der vollkommenen Präzision von Händen und Füßen und nicht zuletzt geschmackvollen orchestralen Registrierungen. Die häufigen Registerwechsel führte Oreni routiniert und rasch durch und holte so die maximale Farbigkeit aus den 24 Registern der Vleugels-Orgel heraus, auch wenn ein Instrument mit vollautomatischer Setzeranlage der zupackenden Klanggestaltung der romantischen Komponisten noch mehr entgegengekommen wäre. Dennoch zauberte Oreni Klänge, die unsere ortsansässigen Organisten nur selten zustande bringen. Besonders seine Franck-Interpretationen bestachen durch die Kantabilität der Melodien, deren perfektes Legato und opernhafte Sanglichkeit vergessen ließen, dass Oreni nur über eine einzelne Orgel verfügte und nicht über hundert Orchestermusiker. In den virtuoseren Stücken wiederum errichtete der Organist beeindruckende Klangmassen, die trotz aller akustischen Gewalt nie mit leerem Pathos, sondern als lebendige Klangtürme den Kirchenraum füllten.
Eine besondere Attraktion war das Improvisationsgeschick Orenis, das er am Schluss des Konzertes vorführte. Zuerst bat er die Zuhörer um musikalische Themen, über die er fantasieren sollte. Die Hasenbergler wünschten sich „Großer Gott, wir loben dich“, das „Ave Maria“ von Gounod sowie die eröffnenden Takte von Bachs „Toccata und Fuge d-Moll“. Oreni begann sogleich seine Improvisation mit einem längeren Eröffnungsteil, dessen erste Takte in ihrer Figuration entfernt an den Anfang von „Großer Gott“ erinnerten. Der erste Abschnitt der Improvisation bewies deutlich, dass Oreni den Stil der französischen Titularorganisten, eine der heutzutage führenden Richtungen in der Orgelimprovisation mit typischen raschen und sehr lauten Akkordfigurationen, gründlich studiert hat. Für diesen Stil ist auch die Reduktion von Lautstärke und harmonischem Rhythmus zum Mittelteil hin charakteristisch. Dort baute Oreni die ersten beiden Wünsche der Zuhörer ein, indem er geschickt das „Ave Maria“ mit „Großer Gott“ kombinierte. Diese fantasievolle Verbindung zweier so unterschiedlicher Melodien über einer nicht alltäglichen Harmonisierung brach Oreni jäh ab, indem er den Anfang der Bach-Toccata als Ausgangsmaterial für ein furioses Pedalsolo nutze, das dann in einen triumphalen Schlussteil mündete, in dem der aufmerksame Zuhörer auch Händels „For the lord god omnipotent reigneth“ aus dem „Messiah“ wiedererkennen konnte. Carl Seebode