Heute fand sich in der Rathaus Umschau die Antwort von Mobilitätsreferent Georg Dunkel auf eine Anfrage der „Linken“-Stadtratsfraktion zum Thema Autobahnanschluss der Schleißheimer Str. an die A99, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.
„In Ihrer Anfrage vom 14.4.2022 führten Sie als Begründung aus: „Die Klimakrise schreitet voran, ohne dass entscheidend gegengesteuert wird. Dass die Folgen auch Deutschland treffen, ließ sich letztes Jahr im Ahrtal beobachten. Initiativen der Zivilgesellschaft setzen sich für Maß- nahmen wie bezahlbaren ÖPNV und eine gute Radinfrastruktur ein, für Klimagerechtigkeit und lebenswerte Nachbarschaften. Die Münchner Realität sieht aber anders aus: Abgase, Lärm, Stress, Stau, Verschleppen des Bürger*innenbegehrens ‚Sauba sog I‘, die IAA auf öffentlichen Plätzen, die Ablehnung des 365-Euro-Tickets für alle… Im Koalitionsvertrag verspricht die Rathausregierung: ‚Die Grün-Rote Koalition setzt die Verkehrswende konsequent um.‘ (S.12).
Umso verwunderlicher ist das Wiederaufflammen der Debatte um einen neuen Anschluss der A99 im Zuge der Erweiterung des Forschungs- und Innovationszentrums, nachdem dieser im Koalitionsvertrag eigentlich schon beerdigt war (S.16). Nun steht ein Tunnel durchs nördliche Hasenbergl im Raum, ein Viertel, dessen Bewohner*innen seit Jahrzehnten gegen ihre Benachteiligung kämpfen. Das Projekt brächte mehr Verkehr in den Münchner Norden und ist weder mit Klimagerechtigkeit noch mit sozialer Gerechtigkeit vereinbar.“
Im Folgenden beantworten wir die von Ihnen gestellten Fragen.
Frage 1:
Weshalb wird die Planung zum Autobahnanschluss der Schleißheimer Straße an die A99 wieder überprüft?
a. Gab es in der aktuellen Wahlperiode Kontakte/Gespräche zwischen BMW und städtischen Behörden/deren Leitungsebenen (inkl. des Oberbürgermeisterbüros) zu diesem Thema? Falls ja, wer war auf städtischer Seite daran in welchem Rahmen beteiligt? Was wurde besprochen? Antwort:
Es finden regelmäßig Abstimmungsgespräche mit Unternehmen zu deren Erschließungssituation und Entwicklungsabsichten in der LH München und zu den damit verbundenen verkehrlichen Auswirkungen und Handlungsnotwendigkeiten sowie zu den Lösungsmöglichkeiten, um diese stadtverträglich zu gestalten, statt. In diesem Zusammenhang finden immer wieder zu verschiedenen Themen Gespräche mit der BMW AG statt, unter anderem zum Bebauungsplan Nr. 1393d (FIZ Nord Nord) und dem Gewerbeband Frankfurter Ring. An diesen Gesprächen haben bislang die zuständigen Sach- und Projektverantwortlichen im Mobilitätsreferat sowie aus anderen tangierten Referaten teilgenommen.
b. Wurde seitens BMW Druck auf Vertreter der Landeshauptstadt München ausgeübt? Wurde mit der Verlagerung (geplanter) Arbeitsplätze gedroht?
Antwort:
Die BMW AG hat in Gesprächen ihre Notwendigkeiten einer leistungsfähigen Verkehrserschließung ihrer Liegenschaften sowohl für die Mitarbeiter*innen als auch für den anfallenden Güter- und Lieferverkehr erläutert und ihre diesbezüglichen Vorstellungen für mögliche Lösungsansätze eingebracht. Es standen weder Druckausübung noch Androhungen im Raum.
Frage 2:
Welchem Zweck dient der Bau eines Autobahnanschlusses an die A99?
a. Dient der Autobahnanschluss wirklich nur der Anfahrt der BMW-Belegschaft, die zunehmend auf den ÖPNV zurückgreift, oder wird darüber hinaus auch Güterverkehr abgewickelt? Falls letzteres zutrifft, in welchem Umfang?
Antwort:
Mit dem Bau eines Autobahnanschlusses an die A99 könnten der Ortskern Feldmoching und das stark belastete Hauptstraßennetz entlastet werden. Des Weiteren könnte die Erreichbarkeit der Gewerbegebiete im Münchner Norden auch bei weiterem Wachstum und weiterer Verdichtung mit einem Tunnel verbessert werden. Dies betrifft verschiedene Unternehmen im gesamten Münchner Norden. Zudem wird im Rahmen von vorbereitenden Untersuchungen für eine SEM im Bereich Feldmoching-Ludwigsfeld derzeit das Siedlungspotenzial an diesem Standort geprüft. Obwohl diese Siedlungsentwicklung unter den Zielsetzungen einer klimafreundlichenund stadtverträglichen Mobilität erfolgen soll, werden künftige Siedlungsgebiete dennoch an das Straßennetz anzuschließen sein, da trotz der angestrebten Reduktion des MIV weiterhin die Straßeninfrastruktur benötigt wird, nicht zuletzt für die Ver- und Entsorgung oder Rettungsfahrzeuge. Über den Tunnel könnte natürlich auch Güterverkehr abgewickelt werden. Der Güterverkehrsanteil würde in etwa dem heutigen Anteil auf dem bestehenden Hauptstraßennetz (Ingolstädter Straße, Dülferstraße, Schleißheimer Straße, Lerchenauer Straße, Dachauer Straße, Max-Born-Straße) entsprechen.
b. Würde der Anschluss darüber hinaus auch dem Güterverkehr anderer Münchner BMW-Standorte dienen?
Antwort:
In dem Umgriff befindet sich neben dem FIZ der BMW AG unter anderem auch noch das BMW Werk in Milbertshofen an der Lerchenauer Straße. Wir möchten darauf verweisen, dass eine Vielzahl an weiteren Unternehmen im Münchner Norden ansässig sind und viele dieser Unternehmen auch Güterverkehr produzieren.
c. Welchen Kostenanteil des Tunnels würde BMW tragen?
Antwort:
Eine Kostenbeteiligung durch privatwirtschaftliche Akteure ist zum aktuellen Zeitpunkt bei keiner der potenziellen Verkehrsmaßnahmen im Münchner Norden vorgesehen.
Frage 3:
Inwiefern kann weiterer Straßenbau hinsichtlich der Klimakrise und Münchens Ziel Klimaneutralität 2035 gerechtfertigt werden?
a. Glaubt die Stadt wirklich, mehr Straßen führten trotz mittel- und langfristig erhöhtem Verkehrsaufkommen zu weniger CO2-Emissionen, weil zunächst weniger Stau erwartet wird?
Antwort:
Die Mobilitätsplanung der Landeshauptstadt orientiert sich an der im Jahr 2021 im Entwurf beschlossenen Mobilitätsstrategie 2035, welche klare Qualitätsziele für München definiert hat. Das Verkehrskonzept Münchner Norden muss nun auf die Ziele der Mobilitätsstrategie ausgerichtet werden. Aus diesem Grund soll als nächster Schritt geprüft werden, welche Maßnahmen für den Münchner Norden zur Erreichung der Ziele geeignetsind. In der aktuellen Beschlussvorlage „Verkehrskonzept Münchner Norden“ (Sitzungsvorlagen Nr. 20-26/V 06594), die im Stadtrat am 29.6.2022 behandelt werden soll, wird dem Stadtrat daher die Durchführung eines ÖPNV-Systemvergleiches für die Anbindung des Münchner Nordens an das Umland, einer Untersuchung einer Anbindung Feldmochings an die A99 über den sogenannten „Tunnel Hasenbergl“ und einer Untersuchung verkehrslenkender Maßnahmen vorgeschlagen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollen im Anschluss in Planfällen ausgearbeitet werden, um deren Wirkungen auf den Münchner Norden – und das Erreichen der Ziele der Mobilitätsstrategie 2035 – besser einschätzen zu können und eine Empfehlung für den Stadtrat aussprechen zu können, welche Kombination der untersuchten Maßnahmen umgesetzt werden sollte.
b. Inwiefern würde der Autobahnanschluss der Absicht, „mindestens 80% der Wege im Umweltverbund zurückzulegen“ (Koalitionsvertrag), gerecht werden bzw. im Weg stehen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 3 a. Zudem weisen wir darauf hin, dass aus Sicht des Mobilitätsreferats die in der Antwort zu Frage 3 a genannten Planfälle deshalb notwendig sind, da nur eine Bündelung verschiedener Maßnahmen die Herausforderungen im Münchner Norden bewältigen können. Da die Empfehlung, die die Verwaltung dem Stadtrat aussprechen wird, maßgeblich von den Untersuchungsergebnissen abhängt, kann zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage zu einem möglichen Maßnahmenkatalog getroffen werden.
Frage 4:
Was ist Gegenstand der beabsichtigten Machbarkeitsstudie zum zusätzlichen Autobahnanschluss?
Antwort:
Um den Nutzen eines Tunnels inklusive einer verkehrlichen Erschließung möglicher neuer Siedlungsgebiete abschätzen zu können, ist es wichtig, neben der grundsätzlichen Machbarkeit eines Tunnels eine zusätzliche Anbindung in Richtung Feldmoching im Bereich des Autobahndreieckes im Hinblick auf die bauliche Machbarkeit und die verkehrlichen Auswirkungen zu betrachten. Im Rahmen einer solchen Untersuchung würde also aufgezeigt werden, wie genau eine weitere Anbindung baulich umgesetzt werden könnte und welche verkehrlichen Auswirkungen eine weitere Anbindung sowohl in den neuen als auch in den bestehenden SiedlungsgebietenFeldmochings aber auch im Tunnel und am südlichen Tunnelportal und dem weiterführenden Hauptstraßennetz hätten.
a. Welche Routenverläufe sollen bei einer Machbarkeitsstudie außer dem Tunnel durch das Hasenbergl geprüft werden?
Antwort:
Es wurde durch das Baureferat eine Alternativenprüfung für verschiedene Routen für eine Verbindung von den Gewerbegebieten im Münchner Norden zur Autobahn untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen im Stadtrat im Rahmen der Beschlussvorlage „Verkehrskonzept Münchner Norden“ am 29.6.2022 behandelt werden. Die Route durch das Hasenbergl soll dem Stadtrat dabei als Vorzugsvariante vorgeschlagen werden. Im Rahmen der Machbarkeitsstudie sollen daher keine verschiedene Routen untersucht, sondern notwendige Untersuchungen für die Vorzugstrasse „Tunnel Hasenbergl“ durchgeführt werden.
b. Werden auch Alternativen geprüft, die sich ausschließlich auf den Umweltverbund stützen? Welche Stadt-Umland-Verbindungen wären denkbar?
Antwort:
In der Beschlussvorlage „Verkehrskonzept Münchner Norden“, die im Stadtrat am 29.6.2022 behandelt werden soll, wird vorgeschlagen, Untersuchungen zu einer Anbindung Feldmochings an die A99 über den sogenannten „Tunnel Hasenbergl“, eines ÖPNV-Systemvergleichs und verkehrslenkender Maßnahmen durchzuführen und deren Ergebnisse im Nachgang in Planfällen zu verknüpfen, um so eine Entscheidung, welche Maßnahmen im Münchener Norden umgesetzt werden sollen, zu ermöglichen. Aus Sicht des Mobilitätsreferats sind Planfälle deshalb notwendig, da nur eine Bündelung verschiedener Maßnahmen die Herausforderungen im Münchner Norden bewältigen können.
c. Wird dabei auch überprüft, wie viele Naturschutzgebiete, Wälder (in Hektar), Grünflächen (in Hektar), Spielplätze, Sportplätze und Bäume jeweils in welchem Maße betroffen sein werden?
Antwort:
In der Variantenuntersuchung, die das Baureferat für eine neue Autobahnanbindung im Münchner Norden durchgeführt hat, wurde festgestellt, dass die Variante des sogenannten „Tunnel Hasenbergl“ sowohl in Bezug auf die naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche Bewertung als auch in Bezug auf den verkehrlichen Nutzen im Vergleich aller Tunnelalternativendas beste Ergebnis erzielt. Genauere Angaben zu Umfang und Anzahl der verschiedenen genannten Punkte sind zum derzeitigen Planungsstand nicht möglich.
d. Inwiefern werden die Lärm-, Staub- und Abgasemissionen für Anwohnende berücksichtigt?
Antwort:
Die Belastungen für die Anwohner im Bereich eines möglichen Tunnels durch Staub und Abgase sowie durch Lärm sind im weiteren Untersuchungs- und Planungsverlauf detailliert zu ermitteln und werden in der Gesamtabwägung mit berücksichtigt.
e. Wird überprüft, inwiefern sich das erhöhte Verkehrsaufkommen auf das Hasenbergl und die an die Schleißheimer Straße anliegenden Nachbarschaften auswirkt?
Antwort:
Ziel einer neuen Autobahnanbindung wäre, das stark belastete Hauptstraßennetz sowie Wohngebiete, wie etwa den Ortskern Feldmochings verkehrlich zu entlasten. An diesem Ziel wird sich die Planung messen müssen. Daher sollen Veränderungen in dem bestehenden Straßennetz in den weiteren Untersuchungen detailliert betrachtet und dargestellt werden. Eine Autobahnanbindung wird jedoch nicht nur hinsichtlich ihrer Entlastungswirkung, sondern auch, im Kontext der Planfälle, mit anderen Maßnahmen und Maßnahmen-Kombinationen hinsichtlich der (Wechsel-) Wirkungen, Aufwände und Ressourcen vergleichend bewertet werden müssen.
f. Inwieweit wird auch die Frage berücksichtigt, ob durch die Ausgaben für den Autobahnanschluss Projekte des Umweltverbundes aus Geldmangel verzögert oder verhindert werden?
Antwort:
Diese Frage kann zum jetzigen Zeitpunkt mangels noch nicht vorliegender konkreter Kostenschätzung sowie Klärung gesetzlicher Zuschussmöglichkeiten und noch nicht vorliegender Kenntnisse der zum Realisierungszeitraum ggf. anstehenden weiteren Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen und -investitionen nicht beantwortet werden.
g. Wie wird bei der Vergabe von Gutachten sichergestellt, dass es zu keinen Interessenskonflikten kommt? Wie wird z.B. die Einbindung von Ins-tituten vermieden, welche mit Mitteln der BMW AG oder deren Eignern, also der Familien Quandt/Klatten, direkt oder indirekt z.B. über Stiftungen gefördert wurden und/oder werden?
Antwort:
Bei jeder Vergabe achten sowohl das Mobilitätsreferat als auch die Vergabestelle des Direktoriums selbstverständlich darauf, dass alle vergaberechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Verkehrsgutachterliche Annahmen und Aussagen werden zudem bei jedem Projekt durch die
entsprechenden Expert*innen im Mobilitätsreferat geprüft. Damit sind die Möglichkeiten einer interessensgesteuerten Einflussnahme auf Gutachterergebnisse und -empfehlungen ausgeschlossen.“