Ein Sommer von noch nie dagewesener Trockenheit trifft Europa zusätzlich zu allen bereits vorhandenen Krisen. Das Ausbleiben von Regen in vielen Regionen hat schon jetzt katastrophale Folgen für Landwirtschaft, Flora und Fauna. Auch der Münchner Raum bekam für seine Verhältnisse wenig Regen ab. Dass sich die lockeren Böden Münchens nur schlecht mit Wasser vollsaugen, ist bekannt. Doch der Verlust von Grundwasservorräten in tieferen Bodenschichten bedroht Brunnen wie Gewässer nicht nur kurzfristig. Wir haben uns an den Bächen und Seen im Stadtgebiet umgesehen – die Resultate sind erschreckend, vor allem wenn man die aktuellen Pegelstände mit unseren Archivbildern vom Sommer 2011 vergleicht …
„… Wann wird’s mal wieder richtig Sommer. Ein Sommer, wie er früher einmal war? Ja, mit Sonnenschein von Juni bis September Und nicht so nass und so sibirisch, wie im letzten Jahr“ Rudi Carrell, der das Lied 1975 sang, wäre sicher zufrieden gewesen mit dem Sommer 2022: Die Sonne strahlte tatsächlich die letzten Wochen fast unentwegt von früh bis spät. Wer eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, der durfte sich freuen über die gute Sonnenausbeute. Aber: Wer beispielsweise am Fasaneriesee schwimmen ging, sah dort auch, dass die Büsche ihre Blätter schlapp hängen ließen und die Birken im Umfeld sichtlich litten.
Feldmochinger See und Fasaneriesee
Obwohl beide Gewässer nahe beieinander liegen, ist die Situation in beiden Seen recht unterschiedlich. Während der Fasaneriesee einzig auf einen hohen Grundwasserstand angewiesen ist, wird der Feldmochinger See von einer natürlichen Quelle gespeist. Darum strömt bei ihm ständig Wasser nach, weshalb ja auch im Nordwesten der Würmhölzlgraben aus dem See ausfließt. See und Bach scheinen wie eh und je ausreichend Wasser zu führen. Am Fasaneriesee hingegen steht das Wasser rund 50 Zentimeter tiefer, sodass das Seeufer an vielen Stellen über zwei Meter zurückgewichen ist, wodurch die bisherigen Uferbereiche ausgetrocknet sind.
Die Zuflüsse des Feldmochinger Mühlbachs
In der Fasanerie und Feldmoching stehen letztlich alle Bäche in Zusammenhang mit dem Feldmochinger Mühlbach, der vor den Eingriffen in die Wasserstraßen durch die Errichtung des Würmkanals 1690/91 noch der Oberlauf des Flusses Moosach war, der heute erst in Oberschleißheim beginnt. Der heutige Mühlbach muss in der Vergangenheit ein stattliches Flüsschen gewesen sein, doch so niedrig wie im Augenblick war sein Pegel wohl noch nie. Dies liegt hauptsächlich an der schlechten Leistung seiner Quellen in der südlichen Fasanerie und im nördlichen Moosach. Der bedeutendste Zufluss ist der Reigersbach, der in Moosach entspringt, den Rangierbahnhof unterquert und in der Fasanerie parallel zur Reigersbachstr. fließt. Die Hauptlast zur Füllung des Mühlbachs trägt hauptsächlich die Reigersbachquelle. Eine
weitere Quelle speist den Füßlgraben, der zwischen der Trollblumenstr. und dem Rangierbahnhofdamm entlangfließen sollte. Doch leider ist die Quelle im Moment versiegt. Erst ganz im Westen – kurz vor der Mündung in den Reigersbach – führt der Füßlgraben aktuell ein wenig Wasser, das durch Rinnsale vom Bahndamm gebildet wird. Der Reigersbach fließt also aktuell mit stark geminderter Strömung parallel der Reigersbachstr. nach Norden, bis er auf die Ferchenbachstr. trifft, wo er sich einst mit dem Ferchenbach zum Feldmochinger Mühlbach vereinigte. Da es den Ferchenbach seit Jahrzehnten nicht mehr gibt, wird der Reigersbach heute ab der Ferechenbachstr. einfach Feldmochinger Mühlbach genannt. Von seinen früheren drei Zuflüssen hat der Mühlbach also im Augenblick nur noch einen zur Verfügung.
Der Feldmochinger Mühlbach
Dass die Zuflüsse in der Fasanerie heute nicht mehr ausreichend Wasser liefern, stellt man leicht fest, wenn man dem Feldmochinger Mühlbach entlang der Ferchenbachstr. bis zum Feldmochinger See folgt. In Feldmoching trieb der Bach früher drei Mühlen an. Jede Mühle brauchte eine kräftige Strömung, um das Mühlrad voranzubringen, doch hatte man damals offenbar eher Probleme mit zu viel Wasser und Wasserüberschüssen, die die Mühlen hätten beschädigen können. Denn an allen Mühlen wurde früher mithilfe von Schleusen ein Seitenarm zum Feldmochinger Mühlbach geschaffen, der einige hundert Meter später wieder zum Bach zurückkehrte. Der erste Seitenarm bei der Obermühle befindet sich an der Fußgängerbrücke über den Mühlbach beim Feldmochinger See, wo das „Auwasser“ für etwa 200 m den Hauptstrom verlässt. Im Augenblick führt das Auwasser zwar genug Wasser, doch geschieht dies auf Kosten des Mühlbachs, der auf etwa 150 m trockenfällt! Dasselbe Schicksal
trifft den Mühlbach auch bei der Schießstätte, wo das Schrederbächl abzweigt. Das Schrederbächl ist entlang der Sommerweide ein vollkommen verkrautetes Rinnsal, während der Mühlbach auf Höhe der Fischteiche zum Teil gar kein Wasser mehr führt! An der ehemaligen Untermühle nördlich der Autobahn teilt sich der Mühlbach zum letzten Mal für etwa 20 m in zwei Arme. Der rechte Arm führt im Augenblick beinahe kein Wasser mehr.
Nachdem das Wasser des Feldmochinger Mühlbachs aufgrund der Wasserknappheit im Gebiet von Feldmoching im Augenblick nicht mehr für den Hauptlauf und sämtliche Nebenarme reicht, wird kurz nach der Untermühle der schwache Strom durch den mäßigen Zufluss aus dem Kälberbach, der sich ebenfalls sehr seicht ausnimmt, ein wenig gestärkt, sodass der Mühlbach immerhin noch seine Mündung bei der Eishütte in den Würmkanal erreicht.
Rettet den Mühlbach!
Der Feldmochinger Mühlbach – einst die wirtschaftliche Lebensader Feldmochings – ist somit aktuell aufgrund der Trockenheit substanziell bedroht. Es ist ein Novum in der Geschichte der Gemeinde, dass der Mühlbach innerhalb der Gemeinde Feldmoching trocken gefallen ist. Die Recherchen des Lokal-Anzeigers bestätigen, dass Fische im Augenblick im Streckenabschnitt zwischen dem Feldmochinger See und der Reigersbachstr. eingeschlossen sind und nicht bis zum Würmkanal gelangen können, da sie weder die Schleuse am Auwasser überwinden können noch durch das verkrautete Schrederbächl schwimmen können. Außerdem haben wir beobachtet, dass Quellen in dicht bebauten Gebieten (Reigersbachquelle, Füßlgrabenquelle, Kälberbachquelle) gegenüber der Quelle im Feldmochinger See eine deutlich verminderte Leistung bringen, da sie nur ungenügend Sickerwasser sammeln können.
Carl Seebode