Apotheker Thomas Pforr ist heute zwar in seiner Feldmochinger Apotheke, denn er will für die Pflegedienste oder das „Haus des Lebens“, die eventuell dringend ein Medikament benötigen, auch am bundesweiten Protesttag der Apotheken da sein. Telefonisch ist er ebenfalls zu erreichen, wenn jemand etwas für morgen bestellen möchte. Ansonsten aber will auch er den bundesweiten Protesttag dazu nutzen, die Kundschaft einmal zu informieren, wie die Bundesregierung durch ihre ständige Sparpolitik die ordnungsgemäße Versorgung der Bürger immer mehr gefährde.
Apotheker Thomas Pforr geht es dabei nicht so sehr um die Honorare für Apotheken, die seit zehn Jahren nicht mehr an die Preisentwicklung angepasst wurden. Wichtig ist ihm vor allem darzulegen, wie sich die Arbeit der Apotheker spätestens seit Corona durch die ausufernde Verwaltung, von der der Kunde vor dem Tresen gewöhnlich kaum etwas mitbekommt, verschlimmert hat.
Durch die Lieferengpässe bei vielen wichtigen und gängigen Medikamenten – derzeit sind es 167 (!), darunter gängige Antibiotika, Cholesterin- und Blutdrucksenker, Antihistaminika, Magentabletten … – dauert es manchmal 10 bis 15 min. pro verordneter Position auf einem Rezept, bis ein Ausweichpräparat gefunden wird. Thomas Pforr schilderte uns das langwierige Such-Prozedere anhand der antibiotischen Augentropfen Ofloxacin. Erst einmal muss im PC-System der Schlüssel eingegeben werden, bei welcher Krankenkasse der Kunde versichert ist. Dann wirft ihm das Computersystem diejenigen Anbieter und Tropfen aus, mit denen etwa die AOK Rabattverträge abgeschlossen hat. Doch leider, die drei möglichen Medikamente sind momentan nicht lieferbar. Also weitergeklickt in den unendlichen Excel-Listen zur „Nichtvertragsartikelteilabdeckung“. Dort darf der Apotheker in diesem Fall ein Präparat auswählen, das preislich den GKV-Vorgaben entspricht. Doch die paar grün markierten Artikel, die den Preisvorgaben der AOK entsprechen, sind ebenfalls nicht lieferbar. Nun muss der Apotheker nach dem Wirkstoff suchen und die Änderung schriftlich begründen, nach Rücksprache mit der Arztpraxis. Außerdem muss auf dem Rezept vermerkt werden, wer wann was gemacht hat. Die Augentropfen, die Pforr gestern nach einiger Suche für eine Kundin noch im Großhandel aufgetrieben hat, waren übrigens heute schon nicht mehr lieferbar. Und eigentlich hätte er die Kundin wieder zur Arztpraxis zurückschicken müssen, um ein neues Rezept beizubringen. 50 % ihrer Arbeitszeit bringen Pforr und seine Mannschaft inzwischen nur mit Verwaltungskram zu, denn bei verschreibungspflichtigen Rezepturen, Hautsalben insbesondere, die er selbst herstellt, geht der Verwaltungshorror weiter, ja steigert sich noch.
Wenn es sich um eine Creme handelt, deren Rezeptur er noch nicht im System hat, braucht er 10 bis 15 min. alleine, um all die Anforderungen im PC einzupflegen. Bei selbst hergestellten Kapseln dauert das gar bis zu 30 min: welche Substanzen kommen rein, mit welcher Waage wird gewogen, deren Chargennummern … Im nächsten Schritt muss geprüft werden, ob sich die Substanzen auch wirklich vertragen, dann muss ein minutiöses Herstellungsprotokoll angefertigt werden, ehe man letztlich loslegen kann. Abschließend gilt es dann noch einen Hashcode zu generieren, welche Substanzen zu welchem Preis verrechnet werden. Diese Generierung sei beim ersten Mal der Alptraum, so Pforr. Die frühere Apothekenbetriebsordnung habe sich über Jahrzehnte bewährt gehabt, das heutige System sei dagegen ein administrativer Wasserkopf. Wenn er noch die Zeit für das notwendige Qualitätsmanagement im Prozessablauf des Apothekenbetrieb einberechne, dann gehe 65 % seiner Arbeitszeit für Verwaltungsaufgaben drauf. Das alles koste Apothekern Nerven und schmälere die Attraktivität des Berufs weiter. Nicht umsonst geht die Zahl der Apotheken deutschlandweit immer weiter zurück. Wichtig sei ihm daher, so Pforr, begreifbar zu machen, was Apotheken leisteten. Und Online-Apotheken würden nun mal keine Notdienste machen und auch keine verschreibungspflichtigen Rezepturen selbst herstellen …