Jahrelang gab es die Kulturveranstaltung „Klassik an der Nordhaide“, zuerst im Innenhof des Dominikuszentrums, dann, um unabhängiger von den Unbilden des Wetters zu sein, in der Aula der BOS/FOS an der Nordhaide. Die „neue“ Geschäftsführerin der Kulturräume im 3. Stock des Kulturzentrums 2411 hat nun ein neues Format kreiert, das die Klassikveranstaltung in die Räumlichkeiten des Vereins im Kulturzentrum zurückholt.
Auch sollte das klassische Konzert, in zwei Teile getrennt, nachmittags mehr für Kinder und Familien, abends für die „richtigen“ Klassikfans, neue Besucher anlocken. Was leider nicht klappte. Schade.
Am Anna Rehker Ensemble, dessen Programmgestaltung wie Präsentation lag es gewiss nicht. Anna Rehker ging nachmittags sehr zugewandt auf die kleinen Zuhörer ein und erklärte ihnen sehr nett vieles – aber es waren halt nur drei (!) Familien mit einer Handvoll Kinder da! Sehr sehr schade. Denn in die klassische Musik muss man sich einhören. Je früher, desto besser. Dann ist man gewohnt, der komplexen Musiksprache zu folgen und sie zu verstehen. Und was wäre besser für den Einstieg, als ein Konzert nicht in den Weiten der Isarphilharmonie, wo die Künstler nur Stecknadel-groß zu sehen sind, sondern wo die Künstler zum Greifen nah und ihre Mimik, ihre Konzentration auf das Wesen der Musik quasi hautnah spürbar ist. Zudem spielte das Ensemble am Nachmittag ausschließlich Filmmusik, also viele bekannte Stücke.
„Im Wandel der Jahreszeiten“
Auch das Abendkonzert war musikalisch schön und interessant gestaltet. Unter dem Motto „Im Wandel der Jahreszeiten“ spielte das Quartett – bestehend aus Eugene Nakamura (Geige), Juli Linden (Geige), Andreas Höricht (Bratsche) und Anna Rehker (Cello) – nicht nur Vivaldis bekanntestes Werk, die „Vier Jahreszeiten“, eine Sammlung von vier Violinkonzerten und ein frühes Beispiel für Programmmusik, bei der Naturerscheinungen wie Wind und Sturm, Gewitter, Hitzeflirren, Vogelstimmen und Hundegebell musikalisch eingewoben werden. Stückweise gespielt wurden sie jeweils kontrastiert mit einem modernen Stück. So begleitete den „Frühling“ von Vivaldi der „Frühling in Paris“ von der Band Ramstein und man mochte es kaum glauben: Das hörte sich mit vier Streichern echt gut an. Viel besser als das Original-Getöse. Vivaldis „Sommer“, der nach sengender Hitze und flirrender Luft, nach Mückenplage und aufziehendem Gewitter klingt und seit fast 400 Jahren nichts von seiner Kraft eingebüßt hat – der japanische „Teufelsgeiger“ Eugene Nakamura heizte den Zuhörern aber auch mächtig ein! – stellten die Musiker „Summertime“ aus der Oper „Porgy and Bess“ von George Gershwin zur Seite. Die gleiche Stimmung, die gleiche flirrende Hitze, ebenfalls ein echter Evergreen.
Nach der Pause ging’s zu den kälteren Jahreszeiten, die auch ihren Reiz haben. Vivaldis „Herbst“, bei dem man unweigerlich an Jagdszenen, Jagdhörner und sogar Gewehrschüsse denkt, wurde mit „Autumn Leaves“ von Joseph Kosma kombiniert, eines der bekanntesten Jazzstücke, geschrieben 1946 für den Film „Les portes de la nuit“.
Und von der Filmmusik „The winter is coming“ aus „Game of thrones“ ging’s nahtlos über zu Vivaldis „Winter“ mit knisterndem Kaminfeuer und Regenpochen an der Fensterscheibe. Der Schlussapplaus war sehr herzlich und wohlverdient, und noch mehr Applaus erntete die Zugabe, eine Eigenkomposition von Anna Rehker: „One more spring“, ein musikalisches Versprechen, dass es irgendwann wieder wärmer wird und die Natur anfängt aufzublühen.
P.S.: Was wir nicht vergessen wollen zu erwähnen: die wunderbare Deko! Obwohl nur künstliche LED-Kerzen, erzeugten sie doch ein sehr stimmungsvolles, warmes „Kerzen“licht.