Polen leben im Münchner Norden viele, auch viele ganz offensichtlich glücklich verheiratet mit deutschen Ehepartnern. Das konnte man am Freitag, den 2. Februar bei der Stand-up-Comedy „Polnische Paartherapie“ von Steffen Möller im Kulturzentrum 2411 gut erleben. Und die zweite Erkenntnis: Nicht nur Deutsche haben ihre „fundierten“ Vorurteile gegenüber Polen (nach dem Motto: „kaum gestohlen, schon in Polen“). Auch in Polen sind die Klischees über die „Szwab“, die „Schwaben“ wie alle Deutschen genannt werden, offensichtlich historisch tief verwurzelt, man denke nur an die Legende von Königin Wanda, die sich lieber in die Fluten stürzte als den deutschen Rüdiger zu heiraten. Die zahlreichen Besucher hatten ihren Spaß, mal lachten mehr die Deutschen, mal die Polen, weil mal der eine, mal der andere die Anspielungen besser verstand. Sprich die deutschen Besucher ohne Polnischkenntnisse waren manchmal einfach außenvor.
Steffen Möller wurde zwar 1969 im Zeichen des Wassermanns in Wolfhagen geboren, machte in Wuppertal sein Abitur und studierte in Berlin Theologie sowie Philosophie. Weil er sich dann irgendwann einbildete, polnisch lernen zu wollen – am Schwarzen Brett hing die verlockende Annonce eines Polnisch-Sprachkurses in Krakau, zwei Wochen für 600 Mark! –, reiste er, ausgerüstet „mit 20 Broten und 10 Eiern“, drei Stunden nach Krakau, weil er der irrigen Meinung gewesen sei die Fahrt zum Ural dauere drei Tage. In Krakau entfachte Beata, die Sprachlehrerin, in ihm die Freude an der polnischen Sprache mit ihren fünf Fällen und der schier unendlichen Möglichkeit der Namensgebung. 21 hatten sie für den lieben Pan (=Herr) Steffen!
In Möller reifte die Idee, als Deutschlehrer nach dem Studium lieber nach Polen zu gehen – schließlich lernen etwa 30 % der polnischen Schüler Deutsch auf dem Gymnasium – als als arbeitsloser Philosoph in Deutschland seine Gedankenkreise zu ziehen.
In Polen wurde er zunächst tatsächlich für acht Jahre Lehrer, dann sattelte er aufs Kabarett um und wurde durch eine Hauptrolle in der beliebten Fernsehserie „M jak miłość“ („L wie Liebe“), in der er den deutschen Kartoffelbauer Stefan Müller spielte, populär. Möller spricht beide Sprachen perfekt, kennt sich in beiden Kulturen aus. Ideal, um die wahren Probleme in der deutsch-polnischen Paarbeziehung fundiert analysieren zu können. Wobei, so schlimm wie in anderen binationalen Ehekonstellationen, die mit 67 % eine überdurchschnittlich hohe Scheidungsrate haben, sei es bei deutsch-polnischen Paaren nicht bestellt, weiß Möller zu berichten. Es handle sich fast um eine Glückskonstellation. Sie erwiesen sich sogar als relativ stabil, weil die Rollenverteilung klar sei: „Neun von zehn deutschen Männer lassen ihre polnischen Frauen bestimmen. Vom zehnten fehlt jede Spur.“
3,5 Mio. Polen leben und arbeiten in Deutschland. Aber heiraten, das machen sie Polen, wo es zur Hochzeit kein Bier, keinen Wein, keine Cola gibt, sondern „Wässerchen“. Wodka. Man rechne mit 0,5 l pro Gast. Für den deutschen Bräutigam heißt es natürlich immer: mittrinken.
Spätestens wenn das frisch getraute Paar zurück in Deutschland ist, bekommt der deutsche Ehemann mit, dass er die Schwiegermama quasi als Bonusmaterial mitgeheiratet hat. Dreimal am Tag telefoniert die Holde gewiss mit der Frau Mama in Polen. Denn natürlich tauchen bald die ersten Reibereien auf: Der Deutsche duscht morgens für den Chef, die Polin abends für den Partner. Die Polin ist eine späte, aber ausgiebige Mittagsessenszeit ab 14 Uhr gewohnt. Wer hingegen in deutschen Augen um 14.30 Uhr noch isst, der ist Bürgergeldempfänger und hat Zeit … Aber spätestens beim Grillen im Schrebergarten, den auch in Polen gerne Gartenzwerge zieren, ist wieder deutsch-polnische Harmonie eingekehrt.
Ein unterhaltsamer Abend!