Das Augustinum hat heute wieder ein sehr attraktives Kulturangebot. Auch für Externe. Es gibt Ausstellungen, Konzerte aller Stilrichtungen, Kinoabende, Reiseberichte, Multivisionsshows, kulturhistorische, musikwissenschaftliche wie gesellschaftskritische Vorträge. Am Donnerstag, den 22. Februar beispielsweise trug die „Grande Dame“ der Frauenfinanzen, Helma Sick, die sich seit über 35 Jahren für die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen einsetzt und dafür 2022 das Bundesverdienstkreuz am Bande erhielt, einen unterhaltsamen wie informativen Vortrag über ihr Herzensthema mit dem Titel „Von der „Pharaonin zum Heimchen am Herd“. Auch eine Handvoll Männer hatte sich in den Theatersaal getraut/verirrt. Ein paar Damen der älteren Generation, noch in alten Rollenbildern sozialisiert, verließen diesen relativ schnell wieder.
Mit ganz wenigen positiven Ausnahmen ist die Geschichte der Frauen eine Geschichte der Unterdrückung und Benachteiligung. Dass Frauen auch heute finanziell nicht so gut gestellt sind und dass das wirklich große Geld immer noch eine Domäne der Männer ist, das hat jahrhundertelange Gründe und liegt wahrlich nicht an so chauvinistischen wie hartnäckigen Vorurteilen, nach dem Motto Frauen hätten ein kleineres Gehirn oder es widerspräche ihrer natürlichen Bestimmung, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen.
Es gab nur wenige Zeiten, in denen Frauen mehr rechtliche Möglichkeiten eingeräumt wurden und manchmal lehnten sich auch einzelne Frauen erfolgreich auf.
Helma Sick, die Gründerin von „Frau & Geld“, einem Unternehmen, das seit über 30 Jahren Finanzdienstleistungen speziell für Frauen anbietet, hatte für diesen Vortrag spannende Fakten und für heutige Ohren kurios-frauenfeindliche Zitate ausgegraben und sie zu einem ebenso rasanten wie amüsanten Ritt durch die Jahrhunderte zusammengestellt, der die Zuhörer oft ins Erstaunen versetzte. Oder wussten Sie, dass es bis Mai 1952 in Deutschland ein Lehrerinnenzölibat gab, weil man den Beruf der Lehrerin unvereinbar mit einer Ehe hielt? Dass bis 1958 bundesdeutsche Ehefrauen ihre Männer um Erlaubnis fragen mussten, wenn sie arbeiten gehen wollten? (Die DDR war in dieser Hinsicht fortschrittlicher.)
Altes Ägypten fortschrittlicher als die alte BRD
Im alten Ägypten, man mag es kaum glauben, waren die Frauen den Männer rechtlich so gut wie gleichstellt gewesen, anders als es in vielen anderen Ländern der antiken Welt üblich war. Ihr gehörten das Haus, der Besitz und die Kinder. Frauen konnten auch Pharao werden (aber meist nur, wenn es keinen männlichen Thronfolge gab). Aber schon im 3. Jh. v. Chr. war es damit vorbei. Zur Veräußerung ihres Eigentums brauchte sie wieder die Zustimmung ihres Mannes. Wie die Athenerinnen und Römerinnen stand sie unter der Vormundschaft eines Mannes oder, falls nicht vorhanden, des Staates. Eigenes nennenswertes Vermögen durfte sie nicht besitzen. Im alten Rom wurden die Frauen per Gesetz vom Geld ferngehalten. Der griechische Philosoph Aristoteles erwies sich gar als regelrechter Frauenhasser.
Im Abendland gab es durch das Christentum keine Aufweichung der Rollenverteilung („die Frau soll dem Manne untertan sein“). Sie stand bei fast allen Geschäften unter Vormundschaft und eigentlich auf der Stufe von Sklaven, Vieh und Sachen.
Erst im 13. bis 15. Jh. hatten Frauen wieder mehr Rechte, sie durften sogar ein paar Berufe erlernen wie Baderin oder Frisörin und darin Meisterin werden. Aber, so Helma Sick, das war das „Trümmerfrauensyndrom“. Weil die Kreuzzüge wie die Pest in dieser Zeit viele Männer hinweggerafft hatten – nicht dass das starke Geschlecht besonders anfällig gegen die Pest gewesen wäre, aber sie hatten mehr Außenkontakte als die Frauen, die in die Häuser verbannt waren –, durften (und mussten) Frauen als Arbeitsreserve einspringen. Zu selbständig durfte Frau aber nicht werden, sonst wurde sie als Hexe verfolgt. Wie praktisch doch, dass nach einem Hexenprozess der gesamte Besitz der Frau dem Staat zufiel!
Auch in der Reformation keine Emanzipation
Von Luther stammt der Satz „Das Weib habe das Regiment im Haus“ und sein Eheweib, die ehemalige Nonne Katharina von Bora, von ihrem Mann gern „mein Herr Käthe“ genannt, scheint eine recht tatkräftige Person gewesen zu sein. Aber … allzu viel Gleichberechtigung, gar Emanzipation durfte sich Frau auch vom Reformator nicht erwarten. Die versprochene Freiheit bezog sich nur auf den religiösen Bereich. Luther wünschte zwar, die Rolle der Frau als Mutter und Ehefrau aufzuwerten, aber immer noch sah auch Luther die Frauen wegen der „dickeren Hintern und der breiteren Hüften“ zum Sitzen im Hause bestimmt. Helma Sick konnte sich da den Hinweis auf die „dicken Bierbäuche“ nicht verkneifen!
Einige wenige positive Beispiele
Damit Sie jetzt nicht ganz depressiv werden … Es gab auch ein paar Frauen, die sich im Laufe der Geschichte diese Unterdrückung einfach nicht gefallen ließen und ihr eigenes Geld verdienten. Zwar war ihnen eine der ersten Börsen weltweit, die 1771 von Kaiserin Maria Theresia gründete Wiener Börse lange verwehrt, gleich den „Bankrotteuren und Hunden“, wie Sick herausgefunden hat. Aber sie hatte auch ein paar mutmachende Beispiele von weiblicher Tüchtigkeit im Finanzsektor parat: Die Jüdin Gracia Nasi etwa leitete im 16. Jh. eine Bank, beriet den Sultan des Osmanischen Reichs und soll, so Sick, überhaupt eine Spezialistin in Sachen geheime Finanztransaktionen gewesen sein. Karoline Kaulla war im 18. Jh. eine der größten Hoffaktorinnen (=Kauffrauen) und galt als die reichste Frau Deutschlands. Oder Maria Leopoldine von Österreich-Este, verheiratet in 1. Ehe mit dem 52 Jahre älteren Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Bayern. Sie avancierte nach dessen Ableben zur reichsten Frau Bayerns, da sie geschäftlich sehr geschickt agierte, Brauereien wie Landgüter kaufte und an der Börse in Paris 1837 eine Million Gulden mit Eisenbahnaktien verdiente. Und natürlich durfte in der Aufzählung Victoria Woodhull, die 1. Börsenmaklerin (1838 – 1927) der Welt nicht fehlen. Der Ritt durch die Geschichte der jahrhundertelangen Unterdrückung der Frauen brachte also zumindest einige positive Beispiele hervor, auch wenn mit der Nazizeit noch einmal ein derber Rückschlag in Sachen Frauenemanzipation kam, weil sie wieder eindimensional zur aufopferungsvollen Hausfrau und Mutter gemacht wurde.
Viele eigene Erinnerungen an die nicht immer guten alten Zeiten
Nach so viel spannender Geschichte war’s schön, dass es anschließend noch im wirklich gemütlich-chicen Café Auguste einen kleinen Sektumtrunk mit der Referentin gab – sie wohnt übrigens im Augustinum Neufriedenheim –, denn schließlich hatten gerade die älteren Damen noch viele Erinnerungen an die Zeiten, als es sich für Frauen nicht schickte, auf eigenen Beinen zu stehen und eigenes Geld zu verdienen. Doch wer das Geld verdient, der schafft an.