Im November vergangenen Jahres hatte die Fraktion ÖDP/München-Liste im Stadtrat den Antrag gestellt, dass der Stadtrat ein Gutachten beauftragen möge, das untersucht, ob die Flächen der SEM München Nord und SEM Nordost als Bauerwartungsland gelten. Nun ist die (ausweichende) Antwort von Stadtbaurätin Elisabeth Merk da.
Hintergrund der Anfrage: ÖDP/München-Liste bezweifeln, dass die Stadt angesichts der leeren Kassen die SEM Nordost und Nord finanziell überhaupt würde stemmen können. Die Kosten für die LHM hängen dabei stark von den Grundstückskosten ab. Handelt es sich hier um Bauerwartungsland, wie eine Petition an den Bayerischen Landtag gezeigt hat? Um das zu klären, bat die die Fraktion um ein Gutachten, das genau diese Frage prüfe und mögliche finanzielle Größenordnungen aufzeige.
Merks Antwort: „Der Begriff des Bauerwartungslandes wird in § 3 Abs. 2 der ImmoWertV 2021 definiert: Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen eine bauliche Nutzung aufgrund konkreter Tatsachen, insbesondere nach dem Stand der Bauleitplanung und nach der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen. Hierzu gehört u. a. die zeitliche Dauer bis zur Baurechtsschaffung, die damit verbundenen Kosten und Aufwendungen, die zu erwartenden Baurechte und deren Werthaltigkeit und nicht zuletzt die Wahrscheinlichkeiten der tatsächlichen Umsetzungen sowie das Risiko des zeitlichen Verzugs beziehungsweise des Scheiterns des Bebauungsplans.
Unabhängig von dieser Legaldefinition fasst der Immobilienmarkt den Begriff des Bauerwartungslandes deutlich weiter und betont dabei insbesondere den Hoffnungs- bzw. Unsicherheitsaspekt auf ein mehr oder weniger absehbares Baurecht. Neben diesem Unterschied zwischen Legaldefinition und Marktauffassung muss auch gesehen werden, dass die Einstufung als Bauerwartungsland im jeweiligen Einzelfall aus unterschiedlichen tatsächlichen beziehungsweise rechtlichen Eigenschaften erfolgen kann.
Es gibt Flächen im Münchner Norden und im Münchner Nordosten, die ohne Berücksichtigung einer möglichen Stadtentwicklungsmaßnahme bzw. der Voruntersuchung als Bauerwartungsland zu qualifizieren wären. Andererseits wird es immer vom individuellen Marktteilnehmern abhängen, wie die jeweiligen Flächen qualifiziert werden. Schließlich können sich die Einschätzungen abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen auch verändern. D. h. durch Veränderung möglicher Planungsumgriffe oder Konkretisierungen des Planungsstandes können unterschiedliche Bereiche anders beurteilt werden. Einheitliche und pauschale Aussagen, etwa in einem Gutachten, sind daher nicht möglich.
Innerhalb der beiden Untersuchungsgebiete ist ein Großteil der Flächen derzeit als Außenbereich nach § 35 BauGB zu beurteilen. Die Darstellungen im Flächennutzungsplan weisen im Münchner Norden derzeit einen Großteil der Flächen als landwirtschaftliche Flächen aus. Im Münchner Nordosten sind die Darstellungen des Flächennutzungsplans differenzierter. Sie weisen aber auch hier einen großen Teil als landwirtschaftliche Fläche aus.
Das Projekt Stadtentwicklung im Münchner Nordosten befindet sich im Sachstand nach der Durchführung eines Wettbewerbsverfahrens. Aktuell liegt der Fokus im Münchner Nordosten darauf, die gewonnenen Erkenntnisse und Vorschläge aus den bisherigen Untersuchungen in eine Beschlussvorlage zum weiteren Vorgehen zu überführen.
Die darauffolgenden, angestrebten Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern, z. B. Kauf- oder städtebauliche Verträge, erfordern eine grundstücksscharfe Bewertung. Dementsprechend wird die Verwaltung zu diesem Zeitpunkt entsprechende Gutachten beim Bewertungsamt einholen.
Das Projekt Stadtentwicklung im Münchner Norden befindet sich derzeit im Sachstand der Erstellung von Planungskonzepten auf Basis der Durchführung einer Ideenwerkstatt. Diese bilden die planerische Grundlage für die Machbarkeitsstudie. Aufbauend auf diesen planerischen Überlegungen werden anschließend auch rechtliche, wirtschaftliche und organisatorische Aspekte einer möglichen Umsetzung geprüft und in der Machbarkeitsstudie zusammengeführt. Die Verwaltung wird des Weiteren in enger Abstimmung mit der Stadtkämmerei sicherstellen, dass die entstehenden Kosten umfassend geprüft und hinsichtlich ihrer Finanzierbarkeit bewertet werden.
Die Erstellung belastbarer Kostenschätzungen erfordert nicht nur den Abschluss der laufenden Untersuchungen, sondern auch die Vereinbarungen mit Grundstückseigentümern sowie eine sorgfältige Analyse der Rahmenbedingungen und der geplanten Maßnahmen. Erst nach Abschluss dieser Schritte können präzise Aussagen über die Finanzierbarkeit getroffen werden, die eine fundierte Entscheidungsfindung ermöglichen.
Nach Maßgabe der o.g. Ausführungen sind die Wertermittlungen, die die Antragsteller über ein Gutachten ermitteln lassen möchten, bereits Gegenstand der laufenden vorbereitenden Untersuchungen. Die Verwaltung wird dem Stadtrat über die Ergebnisse zu gegebener Zeit berichten. Dem Antrag wird somit nach Maßgabe der o.g. Ausführungen entsprochen.“