Zur Weihnachtszeit wird landauf, landab gerne Ludwig Thomas „Hl. Nacht“ von verschiedenen Sprechern gelesen – die legendäre Herbergsuche von Maria und Josef, verlegt in eine verschneite bayerische Berglandschaft. Auch zwei lebensgroße, schwere Gipsfiguren des Lerchenauer Krippenkünstlers Otto Zehentbauer (1880–1961) – Maria mit dem Kinde und ein sich waschender Mann, wohl Johannes, der Täufer – müssen wieder auf Herbergsuche gehen, sprich deren Besitzer, der Bürgerverein Lerchenau, der vor rund zehn Jahren, als das wunderschöne, verwunschene Haus des Künstlers an der Lerchenauer Str. der Abrissbirne zum Opfer fiel, die letzten künstlerischen Reste aus dem einstigen Atelier Zehentbauers rettete.
Hintergrund: Die Kirchenverwaltung von St. Agnes hat in ihrer letzten KV-Sitzung entschieden, dass die beiden Gipsfiguren von Otto Zehentbauer anders untergebracht werden müssen. Pfarrer Kurzydem hatte ihnen seinerzeit, als sie nicht länger in einer Ecke der Mehrzweckhalle geduldet wurden, im Vorraum der Unterkirche von St. Agnes „Kirchenasyl“ gewährt. Der KV-Beschluss sieht vor, dass die beiden schweren Figuren bis Ende des Jahres abgeholt werden müssen. „Ansonsten“, so hieß es in dem Schreiben, werde man „die Figuren entsorgen“.
Heute völlig uninteressant: Christliche Kunst
Nun hat christliche Kunst in unserer heutigen säkularen bis multikulturellen Gesellschaft einen schweren Stand. 52 % der Münchner Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund und gehört damit zumeist einer anderen Glaubensgemeinschaft an. Und von den verbliebenen autochthonen Deutschen sind die wenigsten noch in einer der christlichen Kirchen – bei der Pfarrverbandsversammlung im November vergangenen Jahres war zu hören gewesen, dass in München heute gerade noch 24 % der Bevölkerung katholisch ist. Tendenz weiter abnehmend, so die erzbischöflichen Prognosen. Das wird in den nächsten Jahren gravierende Auswirkungen auf das Bild von Städten und Dörfern haben. Denn wenn keine Gläubigen mehr da sind, die Kirchensteuer zahlen, und Priester sowieso nicht, was dann tun mit den zunehmend verwaisten Kirchen landauf, landab?
Bei einer Podiumsdiskussion, zu der das Ortskuratorium München der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD) am Dienstag, den 25. November zum Thema „Kirche – quo vadis? Die Zukunft sakraler Bauten – Verantwortung von Kirche, Staat und Denkmalschutz“ im Jagd- und Fischereimuseum eingeladen hatte, war zu erfahren, dass in Bayern 50 % der Kirchen, Kapellen und Pfarrhäuser, rund 2.500 an der Zahl, „umgewidmet“ werden sollen. Man fertige derzeit wohl Listen an, so war zu hören, aus denen die Wertigkeit zum Erhalt hervorgeht. Einst wurden ehemalige römische Markthallen zu Kirchen, nun werden Kirchen offensichtlich rückabgewickelt und zu Konzertsälen, Kulturzentren, Moscheen…??? Und was geschieht dann mit dem ganzen christlichen Inventar, das noch so zahlreich die prächtigen katholischen Kirchen ziert – Ausdruck jahrhundertelanger christlich-abendländischer Kultur???
Eine vernünftige Lösung muss her
Dass nun aber sogar Gläubige ihre Heiligen „entsorgen“ wollen und dazu noch das Werk eines Lerchenauers – man muss es nicht verstehen. Die Heiligenfiguren, so war zu vernehmen, müssten auf Weisung des Erzbischöflichen Ordinariates aus Brandschutzgründen ihren Platz räumen. (Die dort aufgehängten Fastentücher aus den letzten Jahren dann gewiss auch, oder?) Was natürlich ein schlagendes Argument ist, dem ja schon vor ein paar Monaten der von vielen Bedürftigen gerne genutzte und äußerst sinnvolle Lebensmittel-Verteilerschrank der Caritas beim Eingang zum Pfarrheim von St. Peter und Paul zum Opfer fiel.

Im Folgenden sehen Sie Bilder, kurz vor dem Abriss des Zehentbauerhauses im Atelier aufgenommen, sowie Aufnahmen von den beiden betroffenen Figuren. Die Maria wurde – leider – von Otto Zehentbauers Schwiegersohn Gerhard Schramm, der sich Zeit seines Lebens sehr liebevoll um den Nachlass kümmerte, nicht ganz professionell bemalt.





























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