Höhepunkt des Kirchenjubiläums zur Einweihung und zum Patrozinium des hl. Johann Nepomuk vor 50 Jahren, also im Jahr 1961, war ein Festgottesdienst, der bereits am 15. Mai 2011 gefeiert wurde.
Auch und gerade im Jubiläumsjahr „1.200 Jahre Feldmoching“ ist ein besonderer Blick nach Ludwigsfeld gerechtfertigt. Die 1802 von Kurfürst Max Joseph unter dem Namen seines Sohnes und späteren bayerischen Königs Ludwig I. gegründete Siedlung war zwar von Anfang an, sprich immerhin 136 Jahre lang, bis zu ihrer erzwungenen Eingliederung nach München im Jahr 1938 kommunalpolitisch selbständig. Die Seelsorge der Ludwigsfelder Katholiken jedoch oblag immerhin rund 152 Jahre lang bis 1954 der katholischen Mutterkirche St. Peter und Paul in Feldmoching.
Ab 1945 nimmt Ludwigsfeld eine einmalige Entwicklung
Nach dem 2. Weltkrieg mit der Befreiung unzähliger Menschen verschiedenster Nationalitäten aus der Arbeitshaft in den Zwangslagern und dem großen Zustrom von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, auch aus dem Gebiet der späteren DDR, wuchs die Bevölkerung in Ludwigsfeld, heißt Alt-Ludwigsfeld und neue Wohnsiedlung, schon bis Ende der 1950er Jahren auf nahezu 4.000 Personen an. Auch die baulich vergrößerte Grundschule steigerte sich, damit einhergehend, auf bis zu 22 Schulklassen! Unter diesen dramatischen Veränderungen war es praktisch sowohl personell als auch organisatorisch unmöglich geworden, die dortigen katholischen Christen auch weiter von St. Peter und Paul in Feldmoching aus seelsorgerisch und kirchenjuristisch zu betreuen. Die Ludwigsfelder mussten aber noch Jahre bis zu einer geregelten Seelsorge warten. Erst 1958 konnten mit der Installation eines Kaplans regelmäßige Gottesdienste angeboten werden, allerdings bis zur Fertigstellung eines Kirchenbaus in den Räumen des Caritas-Jugendheims an der Kristallstr.!
Der damalige Stadtpfarrer von St. Peter und Paul, der Geistliche Rat Jakob Sturm, erkannte schon bald nach Kriegsende den Handlungsbedarf für seine Glaubensschwestern und -brüder in Ludwigsfeld. Auch in Karlsfeld, das auf eine vergleichbar große Bevölkerung wie Ludwigsfeld angewachsen war und wofür ebenfalls die Pfarrei St. Peter und Paul zuständig war, bestand mittlerweile ein dringender Entscheidungsbedarf für eine neue Kirche. So trug sich Pfarrer Sturm zuerst mit dem Gedanken, in Ludwigsfeld eine neue Kirche errichten zu lassen, die auch die Karlsfelder Katholiken nutzen sollten. Es kam ganz anders. Das Planungskonzept der Diözese war nun auf je eine Kirche in Ludwigsfeld und Karlsfeld ausgerichtet. Allerdings gaben die Münchner Kirchenplaner der neuen Kirche in Karlsfeld den Vorzug. Sie wurde 1952 errichtet und der „Heiligen Mutter Anna“ geweiht.
St. Peter und Paul verliert 1954 seinen Gemeindeteil Ludwigsfeld
Der Feldmochinger Stadtpfarrer Jakob Sturm hatte sich von Anbeginn tatkräftig und auch erfolgreich um einen Kirchengrund für eine neue katholische Kirche in Ludwigsfeld bemüht. Nach der behördlichen Abweisung zweier Grundstücksangebote kam schließlich im März 1952 der Kauf von rund 14.000 qm „günstigem“ Grund an der Kristallstr. vom Feldmochinger Ehepaar Bettinger zum Abschluss, der je zur Hälfte den zwei Kirchenstiftungen von St. Peter und Paul zugeordnet wurde.
Das Ordinariat München jedoch wollte mittlerweile eine Tochterkirche in Ludwigsfeld unter der Karlsfelder Kirchengemeinde St. Anna. Mit Schreiben vom 1. März 1954 teilte der Generalvikar in München den Kirchengemeinden St. Anna und St. Peter und Paul offiziell mit, dass Ludwigsfeld einschließlich der neuen Wohnsiedlung zur Pfarrkuratie von St. Anna in Karlsfeld mit Seelsorge und Jurisdikation zugeordnet werde. Allerdings fiel die Entscheidung für den Bau einer Kirche in Ludwigsfeld als vorläufige Saalkirche erst im Jahre 1959. Ein reiner Sakralbau sollte später folgen – woraus bekanntlich nichts mehr wurde! Die Geldbeschaffung für die neue Saalkirche erinnert an die Geschichte der alten Kirche St. Christoph in der Fasanerie. Es wurden „Bausteine“ verkauft und auch sonst sammelte man Geld, wo es ging. Schließlich konnte man mit dem Bau am 9. Juni 1960 beginnen – zu Weihnachten sollte die Kirche fertig sein.
Es wird den Leser überraschen, dass die über Jahre geführten Verhandlungen zwischen den Kirchengemeinden St. Anna und St. Peter und Paul über den Kirchengrund in Ludwigsfeld erst 2008 zu einem einvernehmlichen Abschluss gebracht werden konnten.
Die Weihe der „Kirche der Nationen“ St. Nepomuk
Der große, lang erwartete Tag der feierlichen Kirchenweihe war der 26. Februar 1961. Schon die liturgische Ausgestaltung dieses Weihefestes prägte für die neue Kirche den Begriff „Kirche der Nationen“. Die Weihe vollzog Kapitularvikar Weihbischof Johannes Neuhäuser. (Er hatte im September 1957 auch die neue Kirche St. Agnes in der Lerchenau geweiht!) Der Bischof war selbst im KZ Dachau gewesen und hatte daher gewiss eine besondere Verbindung zu den Menschen in Ludwigsfeld.
Der Gottesdienst an diesem denkwürdigen 26. Februar 1961 erhielt seine internationale Prägung dadurch, dass ihn Deutsche, Polen, Ukrainer (römisch orientierte Christen), Ungarn und Litauer gemeinsam ausgestalteten. Aus diesen Ländern waren auch einige hohe Kirchenvertreter nach Ludwigsfeld gekommen. Weihbischof Neuhäuser stellte in die Mitte seiner Begrüßungsworte an die Gemeindemitglieder und Gäste angesichts der damaligen materiellen Versorgungsengpässe mit dem Hinweis auf diese neue Kirche den Gedanken, dass „der Mensch auch Nahrung für seine Seele“ brauche:
In der internationalen Pontifikalmesse wurde deutlich, was Ludwigsfeld ausmachte: Zum Introitus sangen Polen in ihrer Sprache, die Ungarn sangen zum Credo, Ukrainer zur Opferung, Deutsche zum Sanctus, Litauer zum Benediktus und zur Kommunion sangen gemeinsam Polen und Letten. Die gemeinsamen Gebete wurden in Deutsch gesprochen. Ferner ist überliefert, dass das uralte Kyrie in griechischer Sprache und die Responsorien und die Präfation in Latein gesprochen wurden. Zur Kommunionsausteilung sang der Kirchenchor das „Ave verum“ in lateinischer Sprache. Ob die Übersetzter dies alles bewältigen konnten ist eher nicht anzunehmen. Aber, der 26. Februar war ganz gewiss ein großer und für Ludwigsfeld prägender Tag. Die zwei kleinen Glocken Johann Nepomuk (56 kg) und Hedwig (26 kg) mögen dem großen Fest ihren besonderen Klang verliehen haben.
Die Inneneinrichtung der neuen Kirche St. Nepomuk war anfangs zwar schlicht, strahlte aber eine sakrale Würde aus. Die heutige Ausgestaltung erfolgte erst im Sommer 1964. Dank einer großzügigen Spende eines Ludwigsfelders und weiterer privater Hilfeleistungen erhielt der Innenraum zu dem Zeitpunkt eine grundlegende Renovierung und eine erweiterte liturgische Ausgestaltung (auch gemäß den Forderungen des 2. Vatikanischen Konzils). Dazu kamen tragende Komponenten einer ausstrahlenden sakralen Kirchenkunst, wie sie sich heute dem Betrachter zeigt.
Die Kirchengemeinde St. Nepomuk umfasst heute 1.300 bis 1.500 katholische Christen. An den Sonntagen und kirchlichen Festtagen werden drei Messen gefeiert, zuerst eine in polnischer Sprache, gefolgt von einer Messe in deutscher und dann in ukrainischer Sprache. Der Begriff „Kirche der Nationen“ ist nach wie vor aktuell.
Der Artikel basiert auf Auszügen aus der Jubiläumsschrift. Weitere Informationen zur Filialkirche St. Johann Nepomuk finden sich auf den Seiten der Pfarrei St. Anna in Karlsfeld.
Der heilige Nepomuk
Nepomuk ist den meisten als „Brücken“-Heiliger bekannt: Dargestellt als Priester mit Stola zieren Nepomuk-Statuen unzählige Bücken im christ-lichen Abendland. Seine Attribute, der Finger auf dem Mund und ein Kruzifix im Arm, häufig auch mit sechs Sternen umgeben, machen ihn unverwechselbar.
Der hl. Nepomuk ist der Patron von Böhmen und Salzburg. Darüber hinaus ist er der Schutzpatron der Beichtväter, Priester, Schiffer, Flößner, Müller, der Brücken und des Beichtgeheimnisses. Er wird auch bei Wasser-gefahren angerufen. Die Geschichte des 1350 im tschechischen Pomuk geborenen Heiligen ist lang. Nach einer weltlichen Karriere wurde er Priester, stieg auf in hohe erzbischöfliche Dienste und wurde dann einfacher, für die Kirchenrechte kämpfender Pfarrer. König Wenzel ließ ihn foltern und warf ihn 1393 in die Moldau, weil dieser ihm die Beicht-geheimnisse der Königin nicht verraten wollte. Die Moldau soll daraufhin der Überlieferung nach ausgetrocknet sein und Nepomuks Leichnam freigegeben haben. Nepomuk wurde 1729 von Papst Benedikt XIII. heilig gesprochen.