Den „Münchner Neuesten Nachrichten“ war die Flugplatzgründung damals nur eine knappe Meldung wert, obwohl es ein Leuchtturmprojekt war: Am 1. April 1912 erschien im Lokalteil der Zeitung eine 26-Zeilen-Meldung mit dem Hinweis, dass in Oberschleißheim eine der Luftschiffer- und Kraftfahrer-Abteilung unterstellte königlich-bayerische Fliegerkompanie geschaffen wurde. Vorausgegangen war eine offizielle Verlautbarung des Königlich-Bayrischen Kriegsministeriums vom 15. März 1912, worin es heißt: „Im Namen seiner Majestät, des Königs von Bayern (Prinzregent Luitpold, er verstarb am 12. Dezember 1912, Anm. d. Verf.), wird ab 1.4.1912 eine Fliegerkompanie neu errichtet und der Luftschiffer- und Kraftfahrerabteilung unterstellt. Standort Oberschleißheim“.
Die etwa 60 Angehörigen der ersten deutschen Flugwerft in Oberschleißheim kamen aus verschiedenen Einheiten der bayrischen Armee. Ihre Aufgaben waren die Wartung der „Flugapparate“ und, inoffiziell zunächst, die Ausbildung von Flugzeugführern.
Auf diesem ersten Militärflughafen Bayerns wurden anfangs 17 Otto-Doppeldecker (Stückpreis 22.000 Reichsmark) stationiert, denen schon ein Jahr später 46 weitere Exemplare folgten. Von diesen legendären Otto-Doppeldeckern blieb nichts, nicht einmal eine Schraube. Keine Baupläne. Wie aber zu erfahren ist, werkeln Techniker vom „Werftverein“ (Verein zur Erhaltung der historischen Flugwerft / Arbeitsgruppe Restauration von Flugmotoren), die Bayerischen Flugzeughistoriker e. V. und die Werftwerkstatt des Deutschen Museums an einem Nachbau des historischen Flugapparates –nach Fotomotiven! Ob dieser „Otto“ jemals in die Lüfte aufsteigen wird, vermag heute keiner zu sagen. Den legendären Doppeldecker bauten übrigens die im Münchner Norden gelegenen „Flugmaschinenwerke Gustav Otto“. Der Flugapparat wurde von einem 100 PS-Reihenmotor mit etwa 8 l Hubraum angetrieben. Der zweiblättrige Druckpropeller hatte einen Durchmesser von 2,5 m.
Der bayrisch-königliche Flughafen Schleißheim war bis zum Ende des 1. Weltkriegs 1918 in Betrieb. Danach folgte eine zivile Nutzung und ab 1927 auch die Pilotenausbildung in der „Deutschen Verkehrsflieger-Schule“.
Die Nazis machten aus Schleißheim einen militärischen Fliegerhorst
Nach der Machtübernahme der NSDAP ab 1933 wurde im Rahmen der allgemeinen Aufrüstung der Flugplatz mit weiteren festen Gebäuden und einem separaten Flugleitgebäude (2007 abgerissen) zu einem militärischen Fliegerhorst ausgebaut. Ab 1938 entstand auf dem südlichen Gelände die Fliegertechnische Schule Schleißheim für Jagdflieger- und Zerstörerbesatzungen, später auch für die Nachtjagd-Ausbildung. Von 1939 bis Kriegsende befand sich ebenfalls auf dem südlichen Gelände ein Lager für französische und später russische Kriegsgefangene. Über den Fliegerhorst in der Nazizeit hat übrigens der Heimatforscher Otto Bürger zusammen mit Winfried Pötsch die Abhandlung „Schleißheim und der Münchner Norden zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 – 1944“ verfasst.
1945 übernahmen die Amerikaner den Platz
Von 1945 an bis 1973 nutzten den Flugplatz die Amerikaner, zuerst die Occupation Air Force und ab 1947 die US Army für große Sikorsky-Transporthubschrauber. Auch die Bundeswehr hatte von 1958 bis 1981 dort eine Heeresfliegerstaffel stationiert. Feldmochinger und Hasenbergler waren damals genervt vom ununterbrochenen Lärm der Hubschrauber. Aus dieser Zeit stammt übrigens der Tower, der im Rahmen der neuen Jugendbegegnungsstätte des Kreisjugendrings München Land auf dem ehemaligen Flugplatzgelände als ein Denkmal generalsaniert wurde.
Mit dem Ende der militärischen Nutzung des Flugplatzes trat zwar eine gewisse Erleichterung ein, Lärm blieb den Anwohnern aber erhalten. Denn nun kamen 1964 die Hubschrauber der Fliegerstaffel Süd von Rosenheim nach Schleißheim. Auch ein Intensivtransporthubschrauber vom ADAC und dem BRK war hier zeitweilig stationiert.
Seit 1981 nur noch zivile Flüge und sonstige Attraktionen
Heute wird der Flugplatz Schleißheim, von einer Fliegerstaffel Süd der Bundespolizei mit nur wenigen Hubschraubern abgesehen, vom Betreiber „Flugplatz Schleißheim e.V. zivil genutzt. Nutzer des Platzes und einiger Hangars sind sechs Fliegervereine. Die zwei alten „Junkershallen“ können wegen Baufälligkeit nicht mehr genutzt werden. In den Sommermonaten sind ein Zeppelin NT und eine Junkers Ju 52 – „Tante Ju“ genannt –, die zum Mitfliegen einladen, die Attraktion. Auch zu den Flugtagen kommen immer wieder viele Schaulustige. Und die vor 20 Jahren am 18. September 1992 eröffnete „Flugwerft Schleißheim“ zieht als eine fluggeschichtliche und flugtechnische Außenstelle des Deutschen Museums alljährlich Tausende begeisterter Besucher aus aller Welt an. Das Museum ist in einem restaurierten Gebäudekomplex aus der Zeit der königlich-bayerischen Fliegertruppe und in einer modernen Halle aus Stahl und Glas untergebracht.
Sorgenvolle Zukunftspläne für Schleißheim
Mit der zivilen Fliegeridylle und dem Paradies für Freizeitsportler auf dem Flugplatz Schleißheim könnte es allerdings nach den Plänen des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren bald vorbei sein. Denn das Innenministerium hat bekanntlich ein luftverkehrsrechtliches Genehmigungsverfahren zum Betrieb eines Hubschrauber-Sonderlandeplatzes für die Polizeihubschrauberstaffel Bayern eingeleitet. Die bayerische Staatsregierung möchte damit die Polizeihubschrauberstaffel vom jetzigen Standort am Flughafen München abziehen und nach Oberschleißheim verlegen. Begründet wird die Standortverlagerung unter anderem mit der Enge am Flughafen und mit der angeblichen Behinderungen der Notfalleinsätze durch Verkehrsmaschinen, da man, wie es heißt, bei Start und Landung die Landebahnen der Verkehrsmaschinen kreuzen müsse.
Gegner dieser Pläne widersprechen dem Vorhaben der Staatsregierung und lehnen die Reaktivierung des Schleißheimer Flugplatzes als festen Standort einer Hubschrauberstaffel strikt ab. Zumal es keiner ausschließen kann, dass vielleicht später immer mehr Maschinen stationiert werden. In Bayern existieren genügend weit besser geeignete Plätze, so die Gegner, die eine Hubschrauberstaffel aufnehmen könnten, und das ohne den hohen Investitionsbedarf wie in Schleißheim.
Hubschrauberstaffel brächte große Nachteile
Kämen die Polizeihubschrauber nach Schleißheim, dann brächten sie den Menschen der angrenzenden Wohngebiete, so auch dem 24. Stadtbezirk mit seinen Naherholungsräumen, beträchtliche Nachteile. Denn es geht ja nicht nur um Starts und Landungen bei Tage und in der Nacht, sondern auch um lange Warmlaufzeiten für die Motoren vor den Starts und um Testläufe bei Wartungen. Dieser ununterbrochene Lärmpegel kann die Gesundheit insbesondere von Kindern und Älteren nachhaltig beeinträchtigen. Auch können Wertabschläge bei den im Lärmeinzugsgebiet liegenden Immobilien nicht ausgeschlossen werden.
Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht zu einer Genehmigung für den Flugplatz Schleißheim kommen wird. Es zeigt sich wieder einmal, dass die tief sitzende Skepsis vieler Menschen im Münchner Norden gegenüber dem Schleißheimer Flugplatz nicht unbegründet ist. Daran ändert auch der patriotische Stolz im Rückblick auf den Stellenwert des historischen Flugplatzes in der bayerischen Geschichte nichts.
Weitere Informationen finden Sie beim Werftverein und den Freunden von Schleißheim.