
Der „Aufreger“ des Abends war ganz klar die von der CA Immo geplante Bebauung östlich der Bahn vom Stellwerk am Bahnübergang Lerchenstr. bis hin im Norden zu den zwei weißen Häusern kurz hinter der Hochlandstr.
Diese ganze Trasse – jahrzehntelang freigehalten für wahnwitzige Verkehrsprojekte wie die Staatsstraße 2342

neu und den Transrapid – soll nun bebaut werden. Was ja gut ist, wie Stadträtin Heide Rieke meinte. Sie erläuterte, dass dort nicht 2.000, sondern 850 Wohnungen als „Zielmarke“ angedacht seien und erklärte das weitere Prozedere: Zunächst wird das Planungsreferat einen Eckdatenbeschluss erarbeiten, in dem in groben Umrissen die Dichteverträglichkeit der Bebauung, die Grün- und Freiflächen, der Lärmschutz, der Bedarf an Kindergärten etc. festgelegt werden. Der dürfte in der zweiten Jahreshälfte an den Bezirksausschuss und dann in den Stadtrat gehen. Hat der Stadtrat den Eckdatenbeschluss abgesegnet, erfolgt ein städtebaulicher Wettbewerb, an dessen Ende ein Preisgericht die Architektenvorschläge prämieren wird. Das dauert etwa ein Dreivierteljahr. Bevor es dann ins Bebauungsplanverfahren geht, was wiederum 1,5 bis 2 Jahre währt, wird eine Bürgerbeteiligung durchgeführt. Und ganz am Schluss segnet der Stadtrat dann den Bebauungsplan ab. Stadträtin Rieke rechnet frühestens in drei Jahren mit einem „echten Bebauungsplan“ und plädierte dafür, „dem ganzen eine Chance zu geben“ denn: „Wir brauchen die Wohnungen, wir brauchen die Bürger.“ Und: Der Zuzug werde auch der Feldmochinger Wirtschaft guttun, weil die Nachfrage steige.
Weitere Bebauung oder: Die Stadt ist bald in Feldmoching
Viele Bewohner sahen das anders: „Muss man in Feldmoching alles zudonnern?“ „Des wird immer noch schlimmer, wir haben einen Ruf, dass es die Sau graust!“ „Der ganze negative Schrott kommt zu uns, was ist mein Häusl noch Wert.“ „Immer noch mehr Wohnungen, noch mehr Straßen, noch mehr U-Bahnen, aber ob die Bevölkerung das will, wird nicht gefragt.“ „Diesen Fortschritt wollen wir nicht.“ „Warum wird nicht einfach die Panzerwiese zugebaut?“ „Feldmoching ist immer noch ein Dorf, wir fühlen uns erschlagen vom Neubau.“ Derlei Einwürfe gab es viele, die SPD-Vertreter waren in Rechtfertigungsnot.
Alexander Reissl, SPD-Fraktionssprecher im Stadtrat: Früher hatte ein Münchner im Schnitt 15 qm Wohnfläche, heute sind es 40 qm. Auch gelte in Europa die Freizügigkeit. „Die fragen uns nicht, die kommen, weil sie hier arbeiten wollen.“ Und was wäre, wenn BMW weg wäre, wenn eine De-Industrialisierung einsetzte wie im Ruhrgebiet? „Meinen Sie, die Leute sind dort glücklicher, weil es weniger Industrie gibt?“ Nächstes Argument: Wenn die Stadt aufhört, Wohnungen zu bauen, dann wird Wohnen wegen der Verknappung noch teurer. Argument von Stadträtin Heide Rieke: In diesem Bereich mit seiner guten öffentlichen Erschließung kann man auf Wohnbebauung nicht verzichten. Mit U- und S-Bahn in der direkter Nähe entstehe weniger Verkehr, so glaubt sie.

Vor allem der Bezirksausschussvorsitzende Markus Auerbach, aus alter Feldmochinger Familie stammend und „nicht allzu weit vom Wandel entfernt“ wohnend, kämpfte wacker, verteidigte die Haltung der Stadt und strich die Position des Bezirksausschusses heraus, der entlang der Ratold-/Raheinstr. eine „moderate Bebauung“ möchte. Wie gebaut werden könne, das sei bundesgesetzlich vorgegeben, so der Rechtsanwalt. Und wenn die Oma sterbe und die Erben das Häuschen verkauften, auf dass ein großes Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück gebaut werde, dann sei das eine private Entscheidung und von der Politik nicht zu beeinflussen. Auch er riet, in der Bebauung eine Chance zu sehen, gerade hinsichtlich eines städtebaulichen Schallschutzes. Als dann noch ein Besucher bestätigte, „auch private Investoren klatschen alles zu“, und ein anderer meinte, hier habe immer die Devise gegolten „Leben und Leben lassen, sonst heißt es nur, ich will des nicht“, ging dieser Diskussionspunkt minutenlang in einem heftigen Streit jeder gegen alle unter.
Zweiter Standort für Kompro/B-Wohnungen
Gestreift wurde an diesem Abend die anstehende Bebauung der städtischen Grundstücke zwischen Rahein- und Morigglstr. Ob die künftigen Kompro/B-Häuser auch so hässlich gebaut würden wie diejenigen an der Lerchenstr., „dottergelbe Häuser vor einem denkmalgeschützten Haus“, wollte eine Feldmochingerin wissen. Auerbach: Die Farbe sei durchaus intensiv gelb, aber nicht grob verunstaltend, rechtlich habe man da keine Handhabe. Ansonsten geht Auerbach davon aus, dass sich die „demnächst“ entworfenen und gebauten Häuser (E + 1 + Dachgeschoß + großer Speicher) in die Umgebung einfügen werden, wo bereits „stattliche“ Häuser ständen.
Lerchenstr.: 40 Jahre und mehr, um einen Radweg zu planen?
Dass nichts passiere in Feldmoching, ja dass sich alles nur zum Schlechteren wende, machten einige Besucher auch an der Lerchenstr. fest. 40 Jahre plane man schon einen Radweg, aber nichts geschehe, „euch ist alles wurscht“, so der Vorwurf. Das wollte Auerbach, erst fünf Jahre im Amt als BA-Vorsitzender, denn doch nicht auf sich sitzen lassen. Auch er sei immer für diesen Radweg gewesen, er habe sogar ein Video von den dortigen Straßenverhältnissen gemacht und es der Verwaltung geschickt. Aber deren Argument ist seit Jahrzehnten immer, dass der Radweg im Umgriff des Verkehrskonzepts und der Beseitigung des Bahnübergangs an der Lerchenstr. erfolgen muss. Und da es in den letzten Jahrzehnten in Sachen Verkehrskonzept „viele Annäherungsversuche“ gab, ist auch beim Radweg nichts passiert. Das sei ein Kampf gegen Windmühlen, so Auerbach.
Nahversorgung: Neues zu den Standorten im Osten und Norden
Generell gibt es ein reges Interesse bei Einzelhändlern, sich in Feldmoching zu engagieren, wusste Auerbach zu berichten. Bleibt die Hürde, dass unter 800 qm nichts geht und man auch kein Privateigentum für einen Nahversorger räumen kann. Bleibt als ein möglicher Standort für einen Einzelhandel der Grünstreifen am Bahnhof, neben dem Walter-Sedlmayr-Platz. Aber da reize den Investor das hohe Baurecht mit vier Vollgeschossen, sprich die Idee des „Boardinghauses“, ins Deutsche von einem Besucher mit „Wanderarbeiterheim“ übersetzt. Und nur weil das Areal als „Kerngebiet“ ausgewiesen sei, werde es im Erdgeschoß auch einen Einzelhandel geben. In einer Tiefgarage sollen 30 bis 50 Stellplätze angelegt werden, die modernen „Wanderarbeiter“, Projektingenieure etwa, können ihre Autos auch in der Tiefgarage der Josef-Frankl-Höfe abstellen, da man bei deren Bau entsprechende Stellplätze reserviert habe, wusste Auerbach zu berichten. Die Anlieferung für den Lebensmittelmarkt soll über die Buswendeschleife vom Norden her erfolgen, nicht aber vom Süden über die dortige Ökovorrangfläche, die seit anno 1898 von der Bahn (damals noch kgl. bayer. Eisenbahn) als Lagerfläche etwa für Schwellen genutzt wird. Der Investor geht laut Auerbach den Bau mit „sehr viel Energie“ an und möchte bereits Ende 2015 das Haus stehen haben.
Die Feldmochinger im Ortskern werden sich dagegen künftig wohl gen Norden richten müssen, wenn sie einkaufen gehen. Auerbach berichtete knapp, dass es hier zwei mögliche Areale gebe: eine ehemalige Lagerfläche und ein „baurechtlich etwas schwierigeres“ Areal. Aber er ist zuversichtlich, dass es bis 2015 eine Lösung gibt.
Feldmochinger Anger: Stockender Grünzug
Dass es einige Zeit dauern würde, bis der Feldmochinger Anger, ein „Großes Grünprojekt in kleinen Schritten“, Gestalt annehmen würde, war klar. Aber wird der Grünzug überhaupt irgendwann Fahrt aufnehmen? Auerbach, der vor einiger Zeit mit dem Gartenbauamt und einer Katasterkarte einen Gang über die Flure machte, plädiert dafür, dass der Grünzug zumindest abschnittsweise endlich gestaltet werden sollte, nämlich da, wo es sich um städtische Grundstücke handelt. Vielleicht steigere das dann die Verhandlungsbereitschaft der Privatleute, die den überwiegenden Teil der Flächen halten. Und vielleicht gelinge es, über Äckertausch eine durchgängige Durchwegung zu schaffen, so hofft der Bezirksausschussvorsitzende. „Wenn zumindest ein Drittel der Fläche ausgebaut wäre, dann wäre das ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung.“
Grashofstr.: Eine kleine Rennstrecke
Nicht nur bei diversen Kindersprechstunden, auch an diesem Abend war die Querung der Karlsfelder Str. auf Höhe Grashofstr. ein Thema. Ein Anwohner meinte, man erlebe hier morgens und abends „grenzwertige Situationen“. Die Autofahrer, von Dachau oder Karlsfeld kommend, würden über die kleine Grashofstr. auf die Feldmochinger Str. fahren und nicht etwa 50 m weiter bei der Ampel. LKWs und Autos „bretterten“ hier dermaßen durch, so berichtete der Anwohner, dass man Sprinterqualitäten bei der Straßenquerung an den Tag legen müsse. Doch Auerbach konnte hier keine Lösung anbieten, außer dass man das KVR und die Polizei bitten werde, die Grashofstr. vermehrt zu kontrollieren. Denn für eine teure Ampel gibt es auf der Karlsfelder Str. zu wenige Passanten und zu viele Verkehrslücken, in denen man die Straße queren kann, sagt die Münchner Verwaltung. Aber auch für einen Zebrastreifen fehlt die Fußgängerfrequenz, zumal die Karlsfelder Str. zu viele Hofausfahrten hat, zu denen ein Zebrastreifen nämlich einen gewissen Abstand halten muss, wie Auerbach erläuterte.