Es scheint so, als steckten zumindest Teile des Nordwest-Sammelkanal weiter voller Überraschungen. Und diese wollen kein Ende nehmen. Die Ursachen für die Probleme der Anwohner mit anstauendem Grundwasser in extremen Niederschlagszeiten sind bis heute nicht behoben. Eine von den wassergeschädigten Anwohnern geforderte Regulierung der Schäden weist die Münchner Stadtentwässerung (MSE) nach wie vor weit von sich und verweist auf den Versicherer, die Allianz. Die Betroffenen wollen sich damit nicht abfinden. Schließlich hat sich im Laufe unzähliger Untersuchungen und mehrerer unabhängiger Fachgutachten der Verdacht erhärtet, dass der – zudem teilweise fehlerhafte – Bau des Sammelkanals in einem kausalen Zusammenhang mit dem Aufstau des Grundwassers vor dem Kanal steht.
Zumindest besteht unter allen Beteiligten, einschließlich der bestellten Gutachter, inzwischen Einigkeit, dass entlang des Kanals teils Sanierungen am Kanal selbst, teils neue technische Anlagen zum Ableiten des gestauten Grundwassers unumgänglich sind. Dazu zählen auch leistungsstärkere Düker.
Vor Baubeginn der Düker sollten Bodenschürfungen an den betreffenden Stellen beiderseits des Kanals, zunächst im Abschnitt am Mühlweg (zwischen dem Eishüttenweg und der Feldmochinger Str.), Aufschluss darüber geben, ob das damals verwendete Verfüllmaterial einwandfrei oder belastet ist und ob in diesen Bereichen Reste der für den Bau verwendeten Spundwände aus Metall und Holz verblieben sind. Aus den bis in den Grundwasserbereich hinab vorgenommenen Schürfungen wurden Aushubproben für analytische Untersuchungen entnommen. Auch die freigelegten Schichtprofile wurden einer optischen
Begutachtung unterzogen. Schon diese optischen Prüfungen zeigten aufgrund deutlicher Verfärbungen einzelner Bereiche bis in den Grundwasserbereich hinunter reichendes auffälliges Material. Völlig überraschend fand sich unter allerlei altem Bauschutt im Verfüllmaterial des Schurf V auch eine englische Brandbombe aus dem 2. Weltkrieg. Und dies, obwohl vor dem Kanalbau die Trasse auf Kampfmittel untersucht worden war. Woher dieses belastete Verfüllmaterial kam, wird sich wohl nie klären lassen!
Ein Vertreter von MSE und ein Vertreter der geschädigten und darum äußerst wachsamen Kanalanlieger nahmen vom Aushubmaterial aller Schürfungen entlang des Teilabschnitts miteinander identische Proben für Laboruntersuchungen nach Schadstoffen. Der Prüfbericht des von den Anliegern beauftragten Labors vom 7. März 2014 brachte nun unter zahlreichen Untersuchungen auf Gehalte von toxischen Schwermetallen sowie Benzoverbindungen einen Wert für eine ebenfalls untersuchte Kohlenwasserstoffverbindung (MKW) zutage, der nach einer gutachterlichen Stellungnahme eines ebenfalls beauftragten Geowissenschaftlers höchst bedenklich ist.
Dieser Befund aus der Probeziehung im Schurf I am Mühlweg erbrachte einen
Belastungswert von 460 mg/kg einer Kohlenwasserstoffverbindung, die auf eine erhebliche Kontamination des Materials mit vermutlich Altöl schließen lässt. Damit erreichte dieser gefundene Wert annähernd den Vergleichswert Z 1.2 der LAGA II. mit 500 mg/kg Material. Besonders ist diese Tatsache, da das untersuchte Aushubmaterial auch aus dem Grundwasserbereich entnommen wurde. Dies ist laut beauftragtem Geowissenschaftler im Grundwasserbereich keineswegs zulässig. Darum müssten nun aus bodenschutz- und wasserrechtlicher Sicht umgehend weitere Untersuchungen folgen, um die Ausdehnung dieser höchst bedenklichen Kontamination zu erkennen. Der Geowissenschaftler hält die Grundwassergefährdung aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse jedenfalls für erwiesen. Eine Nutzung des Grundwassers im fraglichen Bereich sollte ohne weitere Untersuchungen unterbleiben, so seine Einschätzung. Wie wird MSE nun auf diese alarmierenden Ergebnisse reagieren? Das Risiko ist erkannt. Eile scheint geboten!