Vor dem Konzert, das um 15 Uhr in der beeindruckenden Schlosskapelle begann, führte Hubertus Möller in einem seiner den beliebten Sonntagsführungen angeschlossenen Vorträge seine Zuhörer in die Musikstadt Königsberg. Dabei spannte er den Bogen der langen Musikgeschichte Königsbergs und Ostpreußens vom ehemals baltischen Volksstamm der Prussen, die in der Zeit um das 13. Jahrhundert etwa in der Region zwischen der Weichsel und der Memel lebten (das spätere Preußen), über die verschiedenen Stufen des Mittelalters bis hinein in die Zeit des Barock und Rokoko und weiter bis zu seinen noch eigenen Jugenderlebnissen in der Musik- und Theaterszene Königsbergs in den letzten Jahren vor dem Untergang dieser einstmals so bedeutungsvollen Stadt.
Das Vokalensemble aus Königsberg begeht heuer sein zehnjähriges Bestehen. Die ausgebildeten Sängerinnen und Studentinnen des Ensembles unter der Leitung der Sopranistin Ida Piskum sind mit ihren wunderschönen Sopran- und Altstimmen wahre Meisterinnen ihres Fachs. Ihr Repertoire umfasst, wie von ihnen zu hören war, nahezu 500 Lieder aus Volksgut, Klassik und dem sakralen, vorwiegend russischen Liedgut. Es wundert nicht, dass gerade ihre so gefühlvoll interpretierten Lieder „Ännchen von Tharau“ und das „Ave Maria“ bei den Zuhörern ein gewisses Kribbeln unter der Haut oder gar ein verstohlenes Tränchen auslösten. Vor einem jeden Liedbeitrag gab eine der Sängerinnen in bestem Deutsch eine ausführliche Einführung. Begeisterter Applaus des Publikums war den sympathischen Künstlerinnen sicher.
Entdeckt hatte Hubertus Möller das Ensemble „Legende“ bei einem seiner Besuche in Königsberg. Er empfahl der Leitung des Bayerischen Nationalmuseums, dieses Ensemble bei Gelegenheit einmal nach München einzuladen, um seinen ohnehin vorgesehenen öffentlichen Vortrag zum Thema „Musik in Königsberg“ zu bereichern.
Mit seinem Auftritt in Schleißheim beendete das Ensemble nun seine Tournee in Deutschland. Die Damen kamen zum Konzert direkt aus Passau. Weitere Gastauftritte werden bereits ab Mai in Deutschland und in Polen vorbereitet.
Gerade in der gegenwärtigen Zeit mit wieder spürbaren Ost-West-Spannungen darf es als ein entspannender Lichtschein empfunden werden, wenn diese jungen Künstlerinnen aus dem heutigen russischen Königsberg nach Deutschland kommen und mit ihrem deutschen und russischen Liedgut auf diesem kulturellen Wege ihre Bereitschaft und ihren Willen zu einer beiderseitigen Verbundenheit bekunden. Sie entsprechen damit einem erfreulichen Trend in Teilen der russischen Jugend im ehemaligen deutschen Königsberg, sich mehr den historischen Ursprüngen ihrer Heimatstadt zuzuwenden und deren jahrhundertealten Kulturen und Traditionen nachzugehen und diese gemeinsam mit deutschen Freunden zu erleben und zu teilen. Die jungen Menschen wollen die historischen, kulturellen Wurzeln ihrer Stadt „Kaliningrad“ nicht weiter aus ihrem Leben ausblenden, sondern dazu vielmehr einen emotionalen Anschluss herstellen. Die Gäste der Veranstaltung waren begeistert und dankbar zugleich.