Die „Schießstätte“ ist seit Anbeginn eng mit der Familie Braun verbunden. Wer heute versucht, anhand der leider nur spärlichen Unterlagen und Überlieferungen den Werdegang dieses vom Altdorf etwas abgelegenen Gasthauses zurückzuverfolgen, der landet in der Zeit um 1912 herum, einer Zeit, in der Bayern noch Monarchie unter Prinzregent Luitpold war.
In diesem Jahr begann sich auf dem Besitz des Feldmochinger Bauern und Wirts Josef Braun einiges zu tun. Josef Braun entstammte einer recht wohlhabenden Familie in Großhadern. Er zog nach Feldmoching und heiratete hier 1908 seine Frau Katherina. Mit dieser Heirat wurde er zugleich Mitbesitzer des damals 108,9 Tagwerk großen Hofs an der heutigen Josef-Frankl-Str., des „Hanslschmied-Hofs“, samt Wirtschaft und großem Wirtsgarten (dort, wo heute die Raiffeisenbank steht). Nach dem Tod seiner Frau Katharina im Jahr 1915 im Alter von nur 37 Jahren war er dann Alleinbesitzer des ansehnlichen Anwesens aus Hof mit Wirtschaft.
Ab 1912 gab es zunächst eine Sommergaststätte
In dieser Zeit um 1912, so nimmt man heute an, errichtete Josef Braun auf dem jetzigen Grund des Gasthauses zuerst eine kleinere Sommergaststätte. Zuvor jedoch, so kann man aus Erzählungen vermuten, hatte er dort schon eine kleine Schießhütte mit einer provisorischen Schießbahn auf Scheibe errichtet. Nun mussten ja die Feuerschützen und ihre Gäste an der vom Ort entfernten Schießanlage angemessen versorgt werden. Die Feuerschützengesellschaft Feldmoching hatte sich im März dieses Jahres gegründet und wurde Mieter dieser kleinen Schießanlage. Über die recht interessanten Schützengeschichten auf der Braunschen Schießanlage werden wir in einer der nächsten Augaben separat berichten.
Seiner neuen Sommergaststätte gab Josef Braun den Namen „Zur Schießstätte“. Damals war alles noch etwas provisorisch, es soll anfangs weder fließendes Wasser noch Strom oder eine Heizung gegeben haben. Darum liegt die Vermutung nahe, dass diese „Sommergaststätte“ im Winter gar nicht in Betrieb war. Sie dürfte zunächst auch nicht bewohnt gewesen sein.
Aus dem Jahr 1920 gibt es eine Zeichnung vom Gasthaus „Zur Schießstätte“ – da schaut es schon sehr ansehnlich aus und ist bereits von einem großen Biergarten umgeben. Zu dieser Zeit war die „Schießstätte“ auch schon bewohnt, und zwar zuerst von einer Familie mit Kindern namens Wohlgemuth.
Zuerst die Hühner, dann die Schweine hinter der Schießstätte
Ende der 20er Jahre kam es dem einfallsreichen Josef Braun in den Sinn, mit einer kleinen Hühnerfarm draußen auf dem hinteren Gelände seiner „Schießstätte“ Geschäfte zu machen. Aber die Hühner legten nicht, wie man ihm wohl eingeredet haben mag, alle Tage ein Ei. Deren Leistung soll eher minimal gewesen sein und schon nach wenigen Jahren stand der barackenartige Hühnerstall wieder leer da. Aber, da gab es eine vermeintlich günstige Variante: Nun mästete man im ehemaligen Hühnerstall Schweine. Doch auch dieser neue Betriebszweig außerhalb des Hofs im Altdorf brachte vermutlich keine interessante Rendite – er wurde nach nicht all zu langer Zeit eingestellt.
1930 ging das Wirtshaus im Altdorf an Johann Spiegel über. Wirtschaft und eine Metzgerei waren im Haus, worin heute das kleine zum Tre Scalini gehörige Bistro, ein Frühstücksraum der Pension Eberl und bis vor einiger Zeit der Fruchtstadl Kraft sind beziehungsweise waren. Im heutigen Tre Scalini befand sich ein großer Nebenraum (kleiner Saal) der Wirtschaft für Familienfeiern und ähnliches. In diesem Jahr zog zunächst die Tochter von Josef Braun, Katharina Schlegel, in die „Schießstätte“. Ihr folgte fünf Jahre später der Sohn Johann Braun.
Die „Schießstätte“ war eine Attraktion weit über Feldmoching hinaus
Zu dieser Zeit war das Gasthaus „Schießstätte“ bereits ein beliebtes und besonders an schönen Wochenenden rege besuchtes „gut-bayerisches“ Ausflugsziel im Münchner Norden. Wohl kein Biergarten der Gegend konnte in Größe und Beliebtheit mit diesem konkurrieren. An schönen Wochenenden herrschte Hochbetrieb und auf der erhobenen Tanzbühne vergnügten sich Jung und Alt bei zünftiger Blasmusik. Das setzte sich nach dem Krieg zunächst fort, wenngleich es nach Ansicht von Zeitzeugen nicht mehr so „urig“ war.
Das Anlegen der noch heute vorhandenen Eisweiher um 1920 – oder sogar schon früher – unweit des Gasthauses ermöglichte die Erweiterung der bayerischen Küche um Forellen, nach dem Motto „Frisch vom Fang – frisch auf den Tisch“. Dieses Motto gilt auch heute noch! Forelle in verschiedenen Zubereitungen ist bis heute eine Spezialität der „Schießstätte“.
Josef Braun heiratete nach dem Tod seiner ersten Frau Katharina ein zweites Mal, und zwar Therese, die allerdings bereits 1934 im Alter von nur 53 Jahren starb.
Das öffentliche Schwimmbad nahe des Gasthauses „Schießstätte“
Das Gasthaus liegt noch heute zwischen Mühl- und Ferchenbach. So kam der findige Josef Braun auf die Idee, seinen zahlreichen Sommergästen auch ein eigenes Schwimmbad zu bauen und anzubieten (den See gab es noch nicht). Von diesem privaten Freibad, das auch der Allgemeinheit gegen ein Eintrittsgeld von 20 bis 30 Pfennig zugänglich war, existieren heute nur noch zwei oder drei Fotos. Gebaut wurde es wohl 1938, einige meinen auch früher. Es lag in etwa rechts hinter dem Gasthaus. Der Versorgungskanal des Bads mit Mühlbachwasser verläuft noch heute am Gasthaus vorbei. Das Bad bestand aus einer rundumlaufenden Betonwand, die etwa 30 bis 40 Zentimeter über die Erde heraus ragte. Es war ziemlich langgestreckt (vielleicht 70 bis 80 Meter lang), mit einem abgeteilten kleinen Kinderbecken. Auch einige Umkleidekabinen gab es und Holzliegen für die Sonnenanbeter. Leider hatte der Erbauer in falscher Sparsamkeit keinen Boden eingebaut, so dass das Wasser immer schmutzig und trüb war, besonders bei starker Benutzung im Hochsommer. Und es wurde mit dem kalten, durchlaufenden Mühlbachwasser gespeist – das Badewasser war immer recht kalt, zu kalt für viele Gäste.
Nach dem Tod von Josef Braun – rührige, einfallsreiche Bauer und Wirt verstarb im 75. Lebensjahr am 12. Mai 1950 – wurde das immer schlechter genutzte Bad samt Kabinen abgerissen und das Becken mit Erde aufgefüllt. Am Ende war es schon eine ganze Weile ungenutzt und ziemlich verwahrlost. Es hatte nur rund 12 Jahre lang die Feldmochinger Wasserratten erfrischen wie auch erfreuen können.
Die Schießanlage der ehemaligen Feldmochinger Feuerschützen und deren Nachfolger zerstörten amerikanische GIs Ende April 1945 mit Panzergranaten, vermutlich als Vergeltung für die letzten Verteidigungsversuche von SS-Offizieren in Feldmoching. Verblieben ist von den Schießbahnen nur ein Rest der ehemaligen Kugelfangböschung an der Ferchenbachstr.
Dem Schwimmbad folgten die Kegelbahnen
Ein neuer Abschnitt in der Geschichte der „Schießstätte“ begann mit der Errichtung einer ersten Kegelbahn, wieder etwas Besonderes in Feldmoching. Es war nur eine einzige Bahn. Das kleine Bürohäusl des heutigen Wirts Hans Braun rechts vor dem Eingang zur Gaststätte war der Aufenthalts- und Schankraum für diese in Richtung Norden angelegte Kegelbahn. Anfangs lag sie im Freien, 1958 wurde sie überbaut. Im Olympiajahr 1972 entstand eine komplett neue, moderne Kegelbahnanlage, bestehend aus einer Einzelbahn und zwei „Kampfbahnen“ für die Ausrichtung offizieller Wettkämpfe. Die alte Kegelbahn war bereits vorher abgerissen worden.
1971 änderte sich das Flair um und in der Schießstätte
Im Jahr 1971 wurde das alte Gasthaus „Schießstätte“ komplett abgerissen und neu errichtet, so wie es heute da steht. Nun jedoch mit einem nur noch kleinen Biergarten hinter dem Haus. Bis heute verblieben ist die alte Schießhütte, worin auch ein Biergartenausschank untergebracht war. Sie steht südlich des Biergartens und dient dem „Schießstätte“-Wirt heute als Abstelllager. Im neuen Gebäude wurden im Parterre eine große Gasthausküche mit Nebenräumen, ein Gastraum mit Nebenraum, Sanitärräume, Treppenhaus sowie Räumlichkeiten für die Kegelbahnen untergebracht. Im oberen Stockwerk hatte man neben Privatwohnungen auch mehrere Pensionszimmer eingerichtet. 1991 begann der offizielle Hotelbetrieb. Apropos: Auf der großen Parkplatzfläche vor der „Schießstätte“ hatte sich vor dem Neubau der das Gasthaus von Süd bis Nord umrundende Biergarten fortgesetzt.
Die wechselvolle Geschichte eines anderen Gebäudes
Und was war mit dem heutigen Werkstatt- und Wohnhaus nördlich des Parkplatzes? Dieses Gebäude, das heute Wohnungen und zwei Werkstätten beherbergt, gehört ebenfalls zum Anwesen der „Schießstätte“. Ursprünglich soll es einmal ein Vieh- oder eher ein Schafstall gewesen sein, denn früher hatte man in Feldmoching viele Schafe gehalten. Später waren in dem Gebäude für kurze Zeit Kriegsgefangene untergebracht. Und in den 30er Jahren dienten die ausgeräumten unteren Räume den jüngeren wie älteren Lebenslustigen als Tanzfläche, besonders bei schlechter Witterung. Während es Kriegs herrschte dort Ruhe. Nach Kriegsende war das Haus mehrere Jahre lang eine Unterkunft für eine deutsche Brückenbauerkompanie, die unter amerikanischer Aufsicht kriegsdefekte Donaubrücken reparierte. Wie man hört, sollen nach Auflösung dieser Einheit nicht wenige in Feldmoching geblieben sein. Es muss ja wohl damals, vor rund 60 Jahren, schon recht schön in Feldmoching gewesen sein!
In späteren Jahren diente das Gebäude einer großen Werkstatt für die Wartung der zahlreichen Betonfahrzeuge der Familienfirma Braun.
Das große Jubiläumsfest der Feldmochinger Böllerschützen
Ein Höhepunkt der letzten Jahre in der „Schießstätte“ war gewiss die Feier der Böllerschützenkompanie Feldmoching zu ihrem 15. Jahrestag im September 1998. Der gesamte Biergarten und drüber hinaus war mit einem großen Festzelt überspannt und voll von Tischen und Bänken. Angereist waren mit Bussen sechs komplette Schützenkompanien aus Nord- und Südtirol. Schirmheer war seine Königliche Hoheit Prinz Wolfgang v. Bayern, der persönlich mit seiner Gattin Prinzessin Beatrix anwesend war. Die Stadt München repräsentierte die 2. Bürgermeisterin Gertraud Burkert. Aus Feldmoching nahmen Fahnenabordnungen der Vereine und Repräsentanten des Stadtbezirks teil. Auch die Bundeswehr war mit einer Abordnung aus der Sanitätsakademie in der Bergmann-Kaserne an der Neuherbergstr. vertreten. Die festliche Zeltmesse zelebrierte der damalige Pfarrer von St. Peter und Paul, Ulrich Babinsky. Die Kompanien defilierten bei schneidiger Marschmusik an den Königlichen Hoheiten und weiteren Ehrengästen vorbei. Schade, dass die Feldmochinger Öffentlichkeit von dieser Feierlichkeit kaum etwas bemerkt hatte. Ausrichtender Wirt war damals schon der heutige „Schießstätte“-Wirt Hans Braun, der bis 2008 in seinem Haus auch der Böllerschützenkompanie Heimstatt gab.
Dank an alle, die zu diesem Beitrag Informationen beigesteuert haben, insbesondere an Michael Floers und Hans Braun.