Seit einigen Jahren verändert sich Feldmoching gewaltig – das mag man im Einzelnen nun gut oder schlecht finden. Viele alte Bauernhäuser, deren Familien jahrhundertelang die Gemeinde im Norden Münchens prägten, werden sukzessive abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser oder Reihenhäuser ersetzt, bewohnt von Menschen, die von nah und fern zuziehen und mit Feldmoching oft wenig mehr verbinden als die gute U-Bahn- und Autobahnverbindung. Dass sie im 24. Stadtbezirk leben, wissen sowieso die allerwenigsten. Feldmoching wird das weiter verändern. Wer die Kalender des Kulturhistorischen Jahr für Jahr sammelt, hat zumindest einen optischen Eindruck davon, wie Feldmoching früher aussah, wie die Bauern, Handwerker und kleinen Beamten hier lebten, arbeiteten und manchmal auch feierten.
Anno 1955 war’s auf der Feldmochinger Str. noch ruhig
Wie beschaulich es in Feldmoching noch vor 60 Jahren zuging, belegt beispielsweise ein Foto um 1955, das eine beschauliche Feldmochinger Str. mit gerade einmal einem (!) Auto zeigt. Damals wies die heutige Hauptverkehrsader noch holpriges Kopfsteinpflaster auf und Alleebäume schmückten die Straße. Links im Bild sieht man das Lebensmittel- und Milchgeschäft von Franz Rummelsberger (damals: Äußere Feldmochinger Str. 147), dort, wo in den letzten Jahren der Ausstellungsraum der Firma Meller Fußboden untergebracht war. (Der wird übrigens geschlossen und zum 3. November in die Räumlichkeiten der Firma Möbelidee, Pflaumstr. 8, verlegt!) Damals gingen die Frauen noch mit Michkannen ins Geschäft – oder schickten die Kinder –, um frische Milch zu holen. Und jede Woche gab es im Laden frische Fischfilets sowie preiswerte Spirituosen und Weine wurden auch eifrig beworben.
Eine Fahrt mit dem Autobus „F“ kostete 20 Pfennig
Angeschlossen war die Gemeinde Feldmoching schon seit dem 3. November 1858 an die Bahnstrecke München – Landshut, doch nur die allerwenigsten Feldmochinger werden den unbefestigten Kilometer hinaus zur Bahnstation gegangen sein, um dann einen Zug nach München zu besteigen. Kurz nach der offiziellen Eingemeindung Feldmochings in die Hauptstadt der Bewegung wurde die Verbindung mit der Stadt enger. So konnten ab dem 16. Mai 1938 die Feldmochinger per Buslinie „F“ gen Stadt fahren, genauer gesagt nach Milbertshofen zum Anhalter Platz, wo man dann in die Straßenbahn 7 umsteigen und übers Nordbad, den Hauptbahnhof, die Fraunhoferstr. bis zum Ostfriedhof und zum Perlacher Forst fahren konnte. Die Autobuslinie „F“ hatte eine Gesamtfahrzeit von 13 min. – anno dazumal musste man an den damals drei Bahnübergängen entlang der heutigen Lerchenauer Str. und früheren Münchenerstr. schließlich noch nicht ständig warten! Eine Fahrt kostete 20 Pfennig. Das Interesse scheint trotzdem nicht sehr groß gewesen zu sein. Neben dem festlich geschmückten Autobus sind auf dem Foto lediglich der Fahrer und zwei Mädls!
Vom Faschingstreiben bis zum Schulalltag
Das Foto für den März entführt den Betrachter in eine Schulklasse um 1920: Im Gegensatz zu späteren Erziehungsidealen, als es in Feldmoching ausschließlich reine Mädchen- und reine Bubenklassen gab, setzte man damals ganz offensichtlich auf Koedukation: Links sitzen die Mädchen, 21 an der Zahl, etliche die Zöpfe um den Kopf geschlungen wie heutzutage noch die frühere ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko, rechts 20 Jungs, mehr oder weniger alle ordentlich aufgereiht in vier Diagonalen. Dahinter dominiert Oberlehrer Georg Weitl (1859 – 1926), der 1915 als Hauptlehrer nach Feldmoching kam, und über ihm hängt ein alles überragende Kreuz. Feldmoching hatte zehn Jahre zuvor erst ein neues, großes Schulgebäude erhalten, denn die Schülerzahlen waren durch den Zuzug in den Kolonien Fasanerie, Lerchenau und Harthof nach der Jahrhundertwende deutlich angestiegen, so dass ab 1913 sieben Lehrer in Feldmoching angestellt waren.
Auf dem Februar-Blatt kann man über das harmlose Faschingstreiben anno 1937 im Hof der Gastwirtschaft Kaiser schmunzeln und die Schützengesellschaft Hubertus Feldmoching, gegründet am 16. April 1958, präsentiert sich, mit dem Schützenkönig Raimund Simmet in ihrer Mitte, im April. Die Aufnahme stammt aus den Jahren 1958/59. Der August zeigt ein Foto, aufgenommen anlässlich der Primiz von Michael Hölzl (1921 – 1993) am 16. Juli 1950. Der Bauernsohn entstammte dem „Zieglerhof“, trug später den Titel Monsignore und war von 1963 bis 1988 Pfarrer von St. Peter und Paul in Grünwald, wo er auch seine „Grünwalder Erinnerungen“ niederschrieb. Im September wird der Bildhauer Otto Zehentbauer (1880 – 1961) gezeigt, der als einer der ersten mit seiner Familie in der Lerchenau an der heutigen Lerchenauer Str. ein Haus mit Atelier bezog. Man sieht ihn, umgeben von vielen Figuren, an einer neuen Skulptur arbeiten.
Der Feldmochinger Kalender, der nach 22 Jahren erstmals im Preis erhöht wurde, ist für 9 Euro beim Kulturhistorischen Verein sowie beim Christkindlmarkt in der Mehrzweckhalle am Wochenende vom 13./14. Dezember zu erwerben. Darüber hinaus gibt es ihn in der Möbelstube an der Feldmochinger Str. werktags von 15 bis 18 Uhr, im Geschäft von Michael Schmid am Feldmochinger Bahnhof sowie bei der ehemaligen Papeterie Hinkelmann.