In der Kirche von St. Peter und Paul saßen die Feldmochinger Bläser an diesem Nachmittag nicht, wie sonst immer, auf der Empore, sondern im Altarraum, quasi im Mittelpunkt. Sie spielten unter anderem Schuberts Deutsche Messe – ein wirklicher Ohrenschmaus, klingen die schönen alten Kirchenlieder mit dieser musikalischen Begleitung doch noch feierlicher. In jedem Fall aber viel, viel professioneller als in den Anfangszeiten der Blaskapelle. Da durften die Feldmochinger Stadtbläser, so erinnert sich Anton Rieger, Gründungsmitglieder und seit 50 Jahren aktiv bei der Feldmochinger Blaskapelle dabei, einmal auch beim Münchner Gärtnerjahrtag spielen: erst ein kurzes Standkonzert am Marienplatz, dann ging’s in den Alten Peter. Aber: So richtig beherrschten die Feldmochinger Schuberts Deutsche Messe damals nicht und Dirigent Wittner wusste seinerzeit auch nicht, wann welches Stück im Laufe der Messe zu spielen war. Als die Bläser dann gar ein nie geprobtes Stück spielen sollten, ging’s den Bach hinunter … Ganz anders am vergangenen Samstag! Dirigent Max Kappelmeier musste zwar immer mal wieder hinter dem Tabernakel hervorlugen, um zu sehen, wie weit Pfarrer Johannes Kurzydem war, aber er kannte die Abfolge ebenso exakt wie seine aufs beste präparierten MusikerInnen.
Die sorgten bei dem festlichen Gottesdienst aber nicht nur für die musikalische Untermalung, sondern übernahmen auch die Lesung und die Fürbitten und Vereinsvorstand Karl-Heinz Scharl gab einen kurzen Abriss der letzten 50 Jahre.
Anschließend gingen so gut wie alle Gottesdienstbesucher mit ins Pfarrheim, um eine kleine Stärkung in Form von „Fingerfood“ zu sich nehmen und die von Lina Bachhuber zusammengestellte Ausstellung zu fünf Jahrzehnten Blaskapelle Feldmoching mit Bildern, Dokumenten und Texten zu studieren – pro Jahrzehnt eine Tafel. Und natürlich um Erlebnisse auszutauschen, mit den Gründungsmitgliedern und ehemaligen Musikern zu plaudern …
Um 19.30 Uhr begann dann das Jubiläumskonzert. Es bot einen musikalischen Querschnitt aus den letzten 50 Jahren mit den inzwischen schon legendären Ansagen, in denen die Besucher zum Teil weitere geschichtliche Details erfuhren, etwa wann und zu welcher Gelegenheit die Blaskapelle die Stück spielte. Und natürlich warteten alle gespannt auf den „Kyffhäuser Turnermarsch“, mit dem vor 50 Jahren alles begann.
Fürs erste Konzert gab’s ein Fassl Bier
Rückblende: In den Anfängen beherrschten wahrlich nicht alle „Musiker“ ein Instrument. Etliche Interessenten waren musikalisch völlig „absolut unbeleckt“. Sie mussten erst einmal die Noten lernen, ehe sie ein Instrument in die Hand gedrückt bekamen, das zu ihnen passte. Einige spielten immerhin Zither oder Quetschn, kannten also zumindest die Noten, aber sie besaßen kein Blasinstrument. Doch auch hier wusste Initiator und Motor des Ganzen, Edgar Kern, ein umtriebiger Franke, Abhilfe: Irgendwen kannte er immer, der von irgendeinem unbespielt herumliegendem Instrument wusste. Und Gönner spendeten Geld für Instrumente!
Angespornt wurde der Übungseifer damals noch durch den Feldmochinger Landwirt Johann Schmid, Ell-Hans genannt, der im Vorstand des Edelweißvereins saß und ein Fassl Bier in Aussicht gestellt hatte, wenn die Blaskapelle am Kirchweihsonntag, den 17. Oktober 1965 ihr erstes „Konzert“ auf seinem Hof an der Pflaumstr. 6 gebe.
Es wurde Herbst und in Ausgabe 21 meldete der Lokal-Anzeiger tatsächlich Vollzug: 20 Mann seien an besagtem Tag kurz vor 14 Uhr mit ihren Instrumenten angerückt und hätten Aufstellung genommen. (Im Gehen zu spielen, das vermochten die Hobbymusiker erst etwa fünf Jahre später, als die Jugend bei der Bundeswehr das Marschieren gelernt und man heimlich zahllose Marschproben auf dem Zechhof absolviert hatte.) Dirigent Edgar Kern hob den Taktstock und es erklang: der „Kyffhäuser Turnermarsch“. Der wurde im Laufe des Nachmittags noch öfter zum Besten gegeben – recht viel mehr beherrschte man nicht.
Lokal-Anzeiger-Reporter Dreer meinte damals rücksichtsvoll, die Kapelle sei aus dem Stadium der Entwicklung schon heraus und müsse „nur noch an die Verfeinerung ihrer Klangeinheit“ gehen.
Die anwesenden Gründungsmitglieder Martin Holzner und Sepp Frankl jedenfalls mussten schmunzeln, als sie den alten Marsch aus vergangenen Tagen wieder hörten. „Viel besser als früher“, lautete ihr Urteil. „Bei uns war da alles durcheinander.“
Zänkische Feldmochinger Jungfern
Neben dem ersten Marsch erklang beispielsweise die „Dachziegel Polka“ – ein Stück, das die Feldmochinger 2010 zum Besten gaben und bei dem Hans Biberger mal nicht das Schlagzeug bearbeitet, sondern zwei unterschiedlich „gestimmte“ Dachziegeln. Eine „blaue Mauritius der Blasmusik“ servierten die MusikerInnen ihren Zuhörern sodann mit „Luftschiff Zeppelin II“, ein Marsch von Heine Fiedler, den nur die Feldmochinger Blaskapelle spielt. Die Noten dazu fand Dirigent Max Kappelmeier beim Nachbarn, auf dass er das Stück für „seine“ Blaskapelle arrangierte. Es wurde 2009 anlässlich der CD-Aufnahme ins Repertoire genommen und ist auch von der Website der Feldmochinger Blaskapelle herunterzuladen.
Eine absolute musikalische Rarität erklang ferner mit dem „Feldmochinger Jungferntanz“, einem Landler, den Helmut Kessler vom Kulturhistorischen Verein auf einer alten Schellackaufnahme mit der Dachauer Bauernkapelle fand. Der Komponist der Volksweise ist unbekannt, gedruckte Noten gibt es dazu auch nicht zu kaufen. So musste Max Kappelmeier sich die Platte immer wieder und wieder anhören und für alle Stimmen die Noten „gemütlich“ aufschreiben. Die Arbeit hat sich gelohnt. Es ist wirklich ein witziges Stück, bei dem die Klarinetten und Querflöten den zänkisch schnatternden, weiblichen Part spielen, während die Trompeten und Flügelhörner die behäbig in sich ruhenden, vielleicht auch ein wenig genervten Feldmochinger abgaben. Der Vortrag erhielt sehr viel Beifall!
Die Nr. 26 wie immer zum Schluss
Mit dem „Bozner Bergsteiger-Marsch“ ging es dann schwungvoll in die Pause. Den Traditionsmarsch von Sepp Tanzer führte die Feldmochinger Blaskapelle am 25. November 1973 gemeinsam mit dem Männergesangverein auf. In den folgenden Jahren wurde er immer wieder gespielt, dann aber ohne Gesang. Erst Dirigent Max Böger (2002 – 2012), der über eine Ausschreibung nach Feldmoching kam und das Repertoire der Blaskapelle auffrischte mit modernen Hits, Musicals und Filmmusik, brachte wieder Gesang in den Traditionsmarsch. An diesem Abend übernahm das Publikum den Gesangspart. Nach der Pause wurden die Stücke internationaler (den Walzer „Tulpen aus Amsterdam“ spielte die Blaskapelle schon im Vorgriff auf ihre Konzertreise zum Blumencorso Bollenstreek in Holland) und mit „Pirates of the Caribbean“ sowie dem Udo-Jürgens-Evergreen „Ich war noch niemals in New York“ (diese Reise geht der Feldmochinger Blaskapelle noch ab) auch deutlich moderner. Und natürlich entließen die Musici ihre Zuhörer nicht ohne drei Zugaben: Darunter passend zum 50-jährigen Jubiläum die Polka „Ein halbes Jahrhundert“, die die Blaskapelle Rigispatzen 2006 zu ihrem 50. Jubiläum uraufführte. Beschlossen wurde der Abend wie in den letzten zehn Jahren auch mit der Nr. 26, sprich mit „Grüßen aus dem Egerland“. (Erläuterung für Nicht-Eingeweihte: Nr. 26 heißt das Stück im Blaskapellen-Jargon schlicht deshalb, weil es im Notenbuch der Feldmochinger die Nr. 26 trägt.)
Mögen die nächsten 50 Jahre den Musikern auch so viele Höhepunkte und musikalische Erfolge, so viel Kameradschaft und Zusammenhalt bringen wie das vergangene halbe Jahrhundert.