
Wer in der Staatsbibliothek ein altes Buch ordert, der hält damit vielleicht unwissentlich ein Ebru-Produkt in Händen. Denn die marmorierten Blätter, auch „Türkenpapier“ oder „venezianisches Papier“ genannt, wurden und werden hierzulande gerne als Bucheinbände oder als Vorsatzblätter verwendet, während sie im Ursprungsland Türkei seit dem 16. Jahrhundert vor allem als kunstvolle Kalligrafie-Unterlagen genutzt werden und als eigenständige Kunstwerke gelten.
Die Ebru-Technik kennt verschiedene Arten von Mustern: Steinmuster (ist das ursprüngliche), Blumenmuster (sehr beliebt, insbesondere die Tulpe), Kammmuster, das Hin- und Hermuster (Gel Git genannt), das Nachtigallnest … – Formen, Farben und Strukturen, die wie es die Bezeichnungen schon verraten, aus der Natur abgeleitet wurden. Die in der VHS-Galerie ausgestellten Werke dokumentieren, welch faszinierende Muster und Motive bereits in den VHS-Kursen geschaffen wurden, wobei es rund ein Jahr dauert, bis man das Gleichgewicht des „Wassers“ mit den Farben beherrscht.
Zur Vernissage am Mittwoch, den 6. Mai erhielten die rund 30 Besucher in einem kleinen Workshop nicht nur eine theoretische Einführung und erlebten bei meditativer Sufimusik mit, wie behutsam und doch zielsicher Ebru Ergin zwei marmorierte Papiere schuf. Die Besucher konnten auch selbst einmal an die Wanne treten mit der dickflüssigen Kitre-Mischung, einer gummiartigen Substanz, die mit Wasser vermischt und tagelang gerührt werden muss, ehe sie einsatzbereit ist. Mit einem Pferdehaar-Rosenholz-Pinsel durften die Besucher die bereitstehenden Farbpigmente – unterschiedlich stark mit Ochsengalle versetzt, auf dass sich die Farben unterschiedlich breit
auf der Oberfläche ausbreiten – aufs Wasser tropfen, tupfen, spritzen oder vorsichtig auftragen und mit speziellen Marmorierwerkzeugen behutsam vermalen.
Zum Schluss wird einfach ein Papier draufgelegt, das dann die Farben aufsaugt. Das Papier vorsichtig wieder anheben, wegziehenund eine halbe Stunde trocken lassen, das war’s. Manch einer war so begeistert, dass er sich gleich zum nächsten Kurs anmeldete!